BVB: Terzic fordert Reaktion
14. Dezember 2020Die Mannschaft kennt er gut - mangelndes Verständnis für die einzelnen Spieler sollte daher nicht das Problem von Edin Terzic sein. Der 38-jährige war bisher Co-Trainer des geschassten Lucien Favre und benötigt daher auch keine lange Eingewöhnungszeit, um die BVB-Profis besser kennenzulernen. Zeit, die Terzic auch nicht hätte, schließlich stehen vor der kurzen Weihnachtspause in der Bundesliga und im DFB-Pokal insgesamt noch drei wichtige Pflichtspiele an. Drei Siege gegen Werder Bremen, Union Berlin und Eintracht Braunschweig sind quasi Pflicht.
"Es muss weitergehen - vor allem schnell", betonte Terzic daher bei seinem ersten Auftritt als neuer Cheftrainer des BVB. Auf der Pressekonferenz vor seinem Bundesliga-Debüt bei Werder Bremen am Dienstagabend forderte er "eine Reaktion" der Mannschaft: "Wir haben zuletzt auch sehr viele gute Dinge gezeigt. Den Glauben müssen wir haben, um uns wieder gemeinsam dahin zu bringen und es allen anderen zu zeigen."
Ausgebremst von Lucien Favre?
Terzic ist für das breite Publikum in Deutschland ein Unbekannter. Als aktiver Fußballer spielte er in der Regionalliga unter anderem für die Traditionsvereine Westfalia Herne und Wattenscheid 09, bevor er beim BVB als Nachwuchstrainer tätig wurde. Erste Schritte im Profibereich unternahm er als Co-Trainer für Besiktas Istanbul in der Türkei und bei West Ham United in der Premier League.
Nach seiner Rückkehr nach Dortmund hatte Terzic unter Favre unter anderem die Aufgabe, die Mannschaftsbesprechungen zu leiten. Allerdings musste er sich dabei an die Vorgaben des Schweizers halten, der eher einen vorsichtigen - manche sagen zaghaften - Stil befürwortete, wogegen Terzic eine mutige und offensive Spielweise mit intensivem Gegenpressing befürworten soll. Da er nun die gesamte Verantwortung hat und Favre ihn nicht mehr bremst, hat er die Gelegenheit zu beweisen, dass er die Mannschaft wieder in die Erfolgsspur bringen kann.
Mats Hummels: "Sinnvollen Fußball spielen"
Denn die hat das talentierte BVB-Ensemble in den vergangenen Wochen mehr und mehr verlassen - zuletzt auf recht spektakuläre Art und Weise beim 1:5 gegen den VfB Stuttgart. Nach der Verletzung Erling Haalands war zunächst darüber diskutiert worden, ob die Dortmunder ohne den norwegischen Torjäger ein Sturmproblem hätten. Gegen den VfB zeigte sich aber auf schmerzhafte Weise, dass die Schwierigkeiten tiefer gehen und die ganze Mannschaft einen klaren Plan braucht.
"Wir sind eine Mannschaft, die nicht gut verteidigen kann. Das muss man ganz klar sagen", klagte BVB-Kapitän Marco Reus nach der Pleite gegen Stuttgart. "Wir haben generell zu wenig Tiefe im Spiel und machen uns gegenseitig die Räume zu eng", beschwerte sich Abwehrchef Mats Hummels.
Defensivtaktik und die Raumaufteilung im Spielaufbau wären also schon einmal zwei Punkte, an denen Terzic ansetzen könnte. "Es geht darum, Automatismen zu haben und sinnvollen Fußball zu spielen", sagte Mats Hummels und erklärte auch gleich, was er damit meinte: "Risiken nur da, wo es angebracht ist und nur da, wo es einen Ertrag gibt, wenn es klappt." Gerade gegen Stuttgart hatte das überhaupt nicht funktioniert. Drei der fünf Gegentore fielen nach vermeidbaren Fehlpässen eines Dortmunders.
Kommt Marco Rose im Sommer?
In der Tabelle hat der BVB nun vorerst den Kontakt nach ganz oben verloren. Das 1:5 war die dritte Heimpleite in der Bundesliga in Folge. Und zum ersten Mal seit 2009 haben die Dortmunder wieder fünf Gegentore in einem Bundesliga-Heimspiel kassiert. Sportdirektor Michael Zorc sagte bei der Bekanntgabe der Trennung von Favre, die Saisonziele seien "stark gefährdet".
Edin Terzic soll nun bis zum Ende der Saison dafür sorgen, dass die Ziele doch erreicht werden. Das bedeutet vor allem, in der Tabelle so weit vorne zu landen, dass man auch in der kommenden Saison in der Champions League dabei ist. Nur so bleibt der BVB für die vielen Top-Talente wie Haaland, Jadon Sancho, Giovanni Reyna und Jude Bellingham ein attraktiver Arbeitgeber. Und auch die Suche eines langfristigen Nachfolgers auf der Trainerbank, der im besten Fall wieder an die Erfolge eines Jürgen Klopp anknüpft, würde das wohl erleichtern.
Als klarer Favorit gilt derzeit Mönchengladbachs Coach Marco Rose, der im Sommer übernehmen und von der einen zur anderen Borussia wechseln soll. Laut der "Bild"-Zeitung hat Rose eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag. Auch der "kicker" schreibt, dass Rose ab Juli für den BVB verfügbar ist - und er soll auch prinzipiell Lust auf die neue Aufgabe haben.
Allerdings: Um ihm den Schritt heraus aus seinem gemachten Nest bei den Gladbachern noch schmackhafter zu machen, wäre eine garantierte Teilnahme an der Königsklasse sicher ein probates Lockmittel.