Ein ganz normales Spiel?
2. Oktober 2018Alle denken daran, nur reden will man beim BVB lieber nicht darüber. Es war sicher kein Zufall, dass der Bundesligist für die Pressekonferenz vor dem Champions-League-Heimspiel an diesem Mittwoch gegen AS Monaco (Anstoß 21 Uhr MESZ, ab 20.45 Uhr im DW-Liveticker) nur Trainer Lucien Favre und Abwehrspieler Manuel Akanji aufbot. Beide stießen erst im vergangenen Sommer zu Borussia Dortmund, waren vor anderthalb Jahren bei den traumatischen Ereignissen also gar nicht dabei: Am 11. April 2017, anderthalb Stunden vor dem geplanten Anstoß des Viertelfinalhinspiels in der Champions League zwischen dem BVB und AS Monaco, waren drei Sprengsätze in unmittelbarer Nähe des Mannschaftsbusses explodiert. Dass dabei "nur" der damalige BVB-Profi Marc Bartra am Arm verletzt wurde und ein Polizist ein Knalltrauma erlitt, grenzte an ein Wunder.
Akanji: "Thema ist abgeschlossen"
"Wir konzentrieren uns auf den Fußball", antwortete Manuel Akanji, der zum Mannschaftsrat der Dortmunder gehört, auf die Frage, ob der Anschlag vor der Neuauflage des Duells mit Monaco noch in den Köpfen der Spieler sei. "Alle freuen sich, dass sie gesund sind und Fußball spielen können. Das Thema ist abgeschlossen." Offenbar auch für Lucien Favre, der sich zu der Frage nicht äußerte. Sebastian Kehl, der Leiter der BVB-Lizenzspielerabteilung, hatte die Devise des BVB für die Partie gegen Monaco bereits zuvor so auf den Punkt gebracht: "Wir wollen dieses Spiel einfach als ein normales Champions-League-Spiel annehmen."
Am Ende ging Tuchel
Ex-BVB-Torwart Roman Weidenfeller, der seine Karriere inzwischen beendet hat, muss sich nicht mehr an die offizielle BVB-Marschrichtung halten."Dieser hinterhältige Bombenanschlag hat den ganzen Klub verändert", sagte Weidenfeller der "Bild"-Zeitung. Dortmund habe eine "unglaublich harte Zerreißprobe" erlebt, sei daraus aber gestärkt hervorgegangen: "Dieser Klub mit den handelnden Personen und mit diesen unglaublichen Fans im Rücken ist nicht zu zerstören." Doch zumindest eine handelnde Person ist nicht mehr dabei. Die Dissonanzen zwischen BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Trainer Thomas Tuchel eskalierten nach dem Anschlag so weit, dass der Riss zwischen beiden nicht mehr zu kitten war. Tuchel holte Ende Mai 2017 mit dem BVB noch den DFB-Pokal, dann gingen beide Seiten getrennte Wege.
Urteil gegen Bombenleger voraussichtlich im November
Später - im Prozess gegen den Bombenleger von Dortmund - sagte Tuchel, dass er wohl Trainer der Schwarzgelben geblieben wäre, hätte es den Anschlag nicht gegeben. Der Prozess gegen den geständigen Deutsch-Russen Sergej W., dem 28-facher versuchter Mord vorgeworfen wird, läuft noch. Das Urteil wird im November erwartet. In dem Prozess sagten auch mehrere BVB-Profis aus. Ex-Keeper Weidenfeller gab zu Protokoll, dass er psychologische Hilfe erhalte, um mit dem Trauma fertigzuwerden. Marcel Schmelzer, zum Zeitpunkt des Anschlags BVB-Kapitän, sagte, er zucke immer noch bei lauten Geräuschen zusammen: "Ich versuche, es wegzuschieben. Aber es gibt immer wieder Momente, in denen man denkt, was für ein Glück wir hatten."
AS Monaco in der Krise
Es dürfte also mehr Schutzbehauptung sein, als der Wahrheit entsprechen, dass der Bombenanschlag auf den Teambus für alle Beteiligten schon endgültig abgehakt ist. Vor diesem Hintergrund wäre ein Sieg an diesem Mittwoch gegen AS Monaco sicher Balsam auf die traumatisierte BVB-Seele. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben - anders als vor anderthalb Jahren, als die Dortmunder unter dem unmittelbaren Eindruck des Anschlags zweimal gegen die Monegassen verloren und im Viertelfinale ausschieden. Dortmund hat den FC Bayern von der Tabellenspitze der Bundesliga verdrängt, innerhalb von vier Tagen erst den 1. FC Nürnberg mit 7:0 abgefertigt, dann bei Bayer 04 Leverkusen einen 0:2-Rückstand in einen 4:2-Erfolg gedreht. AS Monaco befindet sich dagegen nach sechs Pflichtspiel-Niederlagen und dem Sturz auf Tabellenplatz 18 der Ligue 1 in der Krise. Trainer Lucien Favre warnt dennoch davor, den Gegner auf die leichte Schulter zu nehmen: "Ich habe die letzten Spiele von Monaco gesehen. Da fehlt sehr wenig. Es wird eine schwere Aufgabe."
Wiedersehen mit Höwedes
Eine "ganz schwierige Nummer" erwartet auch Christian Heidel, Sportvorstand des FC Schalke 04. Die Königsblauen treten am Mittwoch (Anstoß 18.55 Uhr MESZ, ab 18.40 Uhr im DW-Liveticker) in der Champions League bei Lokomotive Moskau an. Für die Schalker gibt es ein Wiedersehen mit der früheren Vereinsikone Benedikt Höwedes. Der Weltmeister von 2014 verdient jetzt sein Geld beim russischen Meister. Höwedes hatte in zehn Jahren insgesamt 335 Spiele für Schalke bestritten.