Burundi: Hoffen auf Frieden
23. Dezember 2016Dort, wo die Schüsse ihn getroffen haben, sind Edouards Schulter und Arm noch verbunden. Als er seine Familie im Nordwesten des Landes besuchte, habe ihn der burundische Geheimdienst festnehmen wollen - ohne einen Grund zu nennen, erzählt Edouard, der in Wirklichkeit anders heißt. "Als ich aus dem Haus kam, hat der Mann auf mich geschossen." Er sei ohnmächtig zu Boden gefallen, der Schütze habe ihn für tot gehalten und zurückgelassen. "Die Anwohner haben mich dann ins Krankenhaus gebracht." Danach habe er beschlossen, zu fliehen.
Edouard ist einer von über 50.000 Burundiern im Flüchtlingslager Mahama in Burundis Nachbarland Ruanda. Von anfangs 50 Hektar ist das Camp innerhalb eines Jahres auf die doppelte Größe gewachsen. Noch immer verlassen Menschen wie Edouard Burundi. Dort hat sich die Lage seit April 2015 nicht beruhigt. Damals hatte Präsident Pierre Nkurunziza angekündigt, ein drittes Mal für seinen Posten zu kandidieren - ein umstrittenes Vorhaben. Zunächst protestierten die Menschen auf den Straßen, Polizei und Militär reagierten mit Gewalt, viele Demonstranten wurden getötet.
UN warnen vor Völkermord in Burundi
Die offenen Konfrontationen seien zwar zurückgegangen, hieß es im September 2016 in einem UN-Bericht. Dafür nähmen Unterdrückung und ethnische Spaltungen zu. Die UN warnte vor einem Völkermord.
Auch Atmoll ist aus Burundi nach Ruanda geflohen, in ein kleines Camp im Süden des Landes. Wie viele andere erhebt er schwere Anschuldigungen gegen den Geheimdienst: "Der Geheimdienstchef in der Provinz hat mich persönlich geschlagen, mit allem, was er in die Finger bekommen hat", erzählt er. "Und er hat mich in die Hoden getreten, jeden Tag, immer wieder. Sie sind komplett zerstört und mussten entfernt werden."
Vorwürfe gegen die Jugendorganisation der Regierungspartei
Mitglieder der Imbonerakure, der Jugendorganisation von Burundis Regierungspartei, hätten ihn und fünf weitere Burundier auf dem Heimweg vom Feld zusammengeschlagen und an den Geheimdienst übergeben, sagt Atmoll. "Sie haben uns vorgeworfen, dass wir einer bewaffneten Gruppe angehören."
Solche Vorwürfe gegen die Imbonerakure hört man häufig, wenn man mit Menschen spricht, die aus Burundi geflohen sind. Eine Verleumdungskampagne, sagt die Organisation: "Was dieser Mann ertragen musste, ist bedauerlich. Aber zu sagen, dass Mitglieder der Imbonerakure ihn aufgegriffen haben, um ihn einsperren zu lassen? Das machen wir nicht", sagt Nancy Minette Mutoni, die für die Regierungspartei spricht und der Imbonerakure angehört.
"Burundi ist jetzt sicher"
Auf der anderen Seite der Grenze, in Burundi, marschieren Mitglieder der Imbonerakure auf einem großen Platz, etwa eine halbe Stunde von der Hauptstadt Bujumbura entfernt. In rhythmischen Chören auf der Sprache Kirundi und von Trommeln begleitet, besingen sie, was ihnen wichtig ist: Ihre Heimat zu beschützen und der Partei und damit dem Präsidenten treu zu sein.
Auch der weist die Vorwürfe gegen seine Sicherheitskräfte und die Imbonerakure zurück. Sein Sprecher Willy Nyamitwe sagt, Präsident Nkurunziza habe die Gewalt in Burundi erfolgreich bekämpft: "Das Land ist jetzt sicher. Sie können sich überall frei bewegen, Tag und Nacht", sagt er der DW. "Die Leichen auf den Straßen und die Kleinkriminellen, die nachts schießen - all das gehört der Vergangenheit an."
Radiosendung aus dem Exil
Das sehen die Burundier, die nach Ruanda geflohen sind, ganz anders. Sie fühlen sich hier sicherer als in ihrer Heimat. Doch ob sie bleiben dürfen, ist unklar. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind angespannt. Burundi wirft Ruanda vor, Rebellen zu unterstützen, die die burundische Regierung stürzen wollen. Der ruandische Außenminister kündigte an, die burundischen Flüchtlinge in Drittstaaten auszuweisen. Bisher ist das nicht passiert, doch die Flüchtlinge sind verunsichert.
In Ruandas Hauptstadt Kigali haben etwa 25.000 Burundier Zuflucht gefunden. Darunter sind viele Journalisten, die in ihrer Heimat nicht mehr arbeiten können - weil ihre Radiosender zerstört wurden oder sie selbst Todesdrohungen erhielten. Der Journalist Jean Bigirimana ist seit über einem halben Jahr spurlos verschwunden.
Die geflohenen Journalisten werden zum Teil auch im Exil bedroht. Doch sie lassen es sich nicht nehmen, weiter zu berichten. Alexandre Niyungeko hat mit Kollegen einen Radiosender gegründet, den man über soziale Medien hören kann. "Wir wollen die Menschen darüber informieren, was in Burundi passiert und ihnen auch wieder Hoffnung geben", sagt er. Bob Rugurika sieht das ähnlich. Sein Radiosender RPA, der wichtigste private Sender des Landes, wurde 2015 zerstört. Auch Rugurika sendet mittlerweile aus dem Exil. Aufhören kommt für ihn nicht in Frage: "Wir halten durch und machen immer weiter. Denn wir müssen alles dafür tun, dass Burundi wieder auf Kurs kommt und sich stabilisiert."