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Burundi: Friedensgespräche unter schwierigen Bedingungen

Philipp Sandner24. Mai 2016

Nach über einem Jahr Gewalt soll es endlich Frieden geben in Burundi. Die burundische Regierung trifft sich mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Doch gegenseitiges Misstrauen macht die Gespräche zum Drahtseilakt.

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Friedensgespräche in der tansanischen Stadt Arusha sollen die Gewalt in Burundi beenden (Foto: DW/C. Ngereza)
Bild: DW/C. Ngereza

Arusha, eine Stadt im Norden Tansanias, hat für das Nachbarland Burundi historische Bedeutung: Im Jahr 2000 hatten die burundischen Konfliktparteien nach jahrelangem Bürgerkrieg dort einen Vertrag unterzeichnet, um die Gewalt zu beenden. Doch Burundis Präsident Pierre Nkurunziza steuerte das Land vergangenes Jahr erneut in die Krise. Auslöser war seine Entscheidung, 2015 ein drittes Mal als Präsident zu kandidieren. Damit brach er den Arusha-Vertrag von 2000.

Seit Samstag nun laufen die neuen Arusha-Gespräche, an denen die burundische Regierung und Vertreter der Zivilgesellschaft beteiligt sind. Der frühere tansanische Präsident Benjamin Mkapa leitet die Verhandlungen. "Wir sind uns im Klaren, dass dies ein burundisches Problem ist. Es kann nur von den Burundiern selbst gelöst werden", sagte Mkapa zur Eröffnung. "Es ist meine Absicht, allen Konfliktparteien ausreichend Zeit zu geben, ihre Vorstellungen für den Weg in die Zukunft zu äußern."

Friedensgespräche im Jahr 2000 in Arusha endeten mit dem Arusha-Vertrag für Burundi (Foto: picture alliance/AP Images/S. Applewhite)
Vor 16 Jahren wurde in Arusha schon einmal ein Friedensabkommen für Burundi unterzeichnet - auch der ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela und der damalige US-Präsident Bill Clinton waren dortBild: picture alliance/AP Images/S. Applewhite

Nicht alle sind dabei

Allen Konfliktparteien? Das dürfte Mkapa in diesen Tagen schwer fallen. So fehlt am Verhandlungstisch das wichtigste Oppositionsbündnis CNARED (Nationaler Rat für den Respekt des Arusha-Abkommens und des Rechtsstaats). CNARED gibt an, nicht zu den Gesprächen eingeladen worden zu sein. Vor Beginn der Gespräche hatte es Verstimmungen darüber gegeben, dass die Regierung offenbar versucht hatte, die Gästeliste für Arusha zu beeinflussen. "Aus unserer Sicht gibt es keinen Dialog", sagte CNARED-Sprecher Pancrace Cimpaye, "das ist vielmehr ein Monolog der Regierung, eine Zeitvergeudung. Verhandlungen in einem Konflikt sollten zwischen verschiedenen Konfliktparteien stattfinden."

Einzelne Vertreter des Bündnisses sind nun doch mit dabei und geben an, ihre jeweiligen Parteien zu vertreten - doch nicht immer sind die Parteien einverstanden: Eine nannte die Verhandlungen beispielsweise eine "Maskerade".

Leise Hoffnung und große Sorge um Burundi

Leonard Nyangoma, Parteivorsitzender des oppositionellen Nationalkongresses für die Verteidigung der Demokratie (CNDD) und ehemaliger Vorsitzender des CNARED-Bündnisses, zeigte sich dennoch vorsichtig optimistisch: "Ich habe Hoffnung. Hätte ich die nicht, wäre ich nicht gekommen."

In Arusha geht es denn auch noch nicht um den großen Wurf, sondern vielmehr um den Fahrplan: Ziel der ersten Runde ist es, in fünf Verhandlungstagen den Kern des Problems zu erkennen, die weiteren Treffen und die Verhandlungspunkte festzulegen. Vermittler Mkapa zeigte sich "ernsthaft besorgt über die gefährliche Situation in Burundi, besonders über Ermordungen und andere Gewalttaten".

Bildet die Regierung Jugendliche zu Soldaten aus?

Besonders besorgniserregend sind die Entwicklungen bei der Polizei und beim Militär. Mitglieder der Jugendliga der Regierungspartei, genannt "Imbonerakure", würden zu Soldaten ausgebildet, sagte Richard Hagabimana der DW. Der ehemals stellvertretende Einsatzleiter in der burundischen Polizei lebt heute im Exil. Die Imbonerakure werden von Experten der Vereinten Nationen als Jugendmiliz eingestuft und stehen im Verdacht, massiven Druck auf Regimekritiker auszuüben. Dazu gehören gewaltsame Vertreibungen und gezielte Morde.

Burundi Gewalt und Tote (Foto: picture-alliance/AP Photo)
Gewalt und Tote prägen den Alltag in Burundi seit über einem JahrBild: picture-alliance/AP Photo

Imbonerakure würden gezielt angeworben, ausgebildet und in den Sicherheitsapparat integriert, sagte Hagabimana dem französischen Programm der DW. "Die Polizei existiert praktisch nicht mehr. Sie ist gezwungen, auf Anordnung der Imbonerakure zu handeln." In der Armee zeige sich ein ähnliches Bild. "Immer, wenn jemand gezwungen wird, die Armee zu verlassen, wenn jemand stirbt oder ins Exil geht, wird er automatisch durch einen Imbonerakure ersetzt. Die Person trägt dieselbe Uniform, dieselbe Dienstnummer und tritt unter demselben Namen auf."

Burundis Präsidentensprecher greift DW-Journalisten verbal an

Die Anschuldigungen Hagabimanas konnte die DW im Kern durch andere Quellen bestätigen und wollte dann auch eine Stellungnahme der burundischen Regierung einholen - ohne Erfolg. Stattdessen wurde Willy Nyamitwe, Sprecher und Kommunikationsberater des Präsidenten, am Telefon ausfallend. Unmittelbar nach dem Gespräch setzte er eine Reihe von Tweets ab, in denen er das französische DW-Programm und den DW-Journalisten namentlich diffamierte. Die DW sei zum Verbreitungsmedium von Gerüchten über Burundi verkommen, schrieb er. Und: "Unvorstellbar, dass sich Eric Topona von DW Französisch nur mit unfundierten Unwahrheiten beschäftigt, um unsere Zeit zu verschwenden." Die DW reagierte mit einem Verweis auf das professionelle Vorgehen ihrer Journalisten.

All das deutet darauf hin, dass das Klima in Burundi nicht gerade günstig für Gespräche über die Zukunft des Landes ist. Die Nerven liegen blank, die Stimmung ist gereizt - auf beiden Seiten des politischen Grabens in Burundi.

Mitarbeit: Ali Farhat, Charles Ngereza, Eric Topona, Französisch-Redaktion der DW