Bundeswehr-Einsatz in Mali wird vorerst ausgesetzt
12. August 2022Deutschland setzt den Bundeswehr-Einsatz in Mali bis auf Weiteres aus. Wie das Verteidigungsministerium in Berlin mitteilte, bleiben die Soldaten jedoch am Ort. Zum wiederholten Male habe die malische Militärregierung der UN-Mission MINUSMA die Überflugrechte verweigert. Ein geplanter Personalwechsel sei damit nicht möglich. Bislang sollten etwa 140 Soldatinnen und Soldaten nach Mail verlegt und zugleich rund 110 Personen ausgeflogen werden.
Da die Sicherheit der Soldaten "höchste Priorität" habe, würden die "Operationen unserer Aufklärungskräfte" und die Hubschrauber-Transportflüge eingestellt, erklärte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht.
Grundsätzlich sei Deutschland weiterhin bereit, sich an der internationalen Friedensmission zu beteiligen, versicherte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Dies sei allerdings nur sinnvoll, soweit das Engagement von der Regierung des westafrikanischen Landes unterstützt werde.
Gebrochene Versprechen
Erst Anfang der Woche war der Leiter der politischen Abteilung für Afrika, Lateinamerika, Nah- und Mittelost im Auswärtigen Amt, Christian Buck, für Verhandlungen nach Mali gereist. Anschließend hieß es, die malische Seite habe signalisiert, die Rotation der Truppen könne in naher Zukunft wieder aufgenommen werden. Auch Lambrecht soll erst am Donnerstag in einem Telefonat mit ihrem malischen Amtskollegen Sadio Camara entsprechende Zusicherungen erhalten haben. "Die Taten Camaras sprechen eine andere Sprache als seine Worte", schrieb die Ministerin auf Twitter.
Der stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul (CDU), bezeichnete die Aussetzung des Einsatzes als "Bankrotterklärung - für die Region, die UN und die Bundesregierung". Terroristen und Russen freuten sich über weiteren Freiraum, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Der außenpolitische Sprecher der Fraktion, Jürgen Hardt (ebenfalls CDU), hingegen bezeichnete die Entscheidung als "unvermeidlich". Die malische Regierung habe gezeigt, dass sie "die Mindestanforderungen an ein Gastland für unsere Soldatinnen und Soldaten nicht erfüllt".
FDP-Politiker Christoph Hoffmann im DW-Interview
Der Vize-Vorsitzende des Entwicklungsausschusses, Christoph Hoffmann (FDP), äußerte in einem Interview der Deutschen Welle die Befürchtung, dass die Aussetzung zu einem Ende der gesamten MINUSMA-Mission führen könne. "Das könnte dazu führen, dass der malische Staat zusammenbricht. Denn es gibt im Norden Malis nicht genügend Widerstand gegen den Terrorismus und das Banditentum."
Auch Hoffmann zeigte sich besorgt über die zunehmenden Kontakte zwischen Mali und Russland. Schon lange sei die Regierung in Bamako ein Sprachrohr der russischen Politik, so der Liberale gegenüber der DW. "Und Russland will versuchen, MINUSMA madig zu machen, speziell den Einsatz westlicher Truppen dort. Und das gelingt nun zusehends."
Unterschiedliche Reaktionen aus Mali
Die Reaktionen in dem krisengeschüttelten afrikanischen Staat fallen unterschiedlich aus. Der stellvertretende Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Übergangsparlaments, Fousseyni Ouattara, äußerte sich erfreut über die Entscheidung der Bundesregierung: "Wir wünschen uns schon seit langem, dass die Sicherheit unseres Territoriums in der Luft ausschließlich von den malischen Streitkräften gewährleistet wird", sagte er der DW. Er bitte Deutschland jedoch, "sich andere Möglichkeiten der Zusammenarbeit" anzusehen.
Ganz anders reagiert Moctar Sy, Vertreter der Zivilsgesellschaft und Mitglied der Bewegung "Engagierte Generation": "Diese Entscheidung ist mehr als bedauerlich! Sie kommt zu einem Zeitpunkt, an dem Mali die internationale Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus mehr denn je benötigt." Er verwies dabei auf den Anschlag von Tessit, einem Ort in der Grenzregion zu Burkina Faso und Niger, wo am vorigen Sonntag bei einem Angriff auf die Streitkräfte Dutzende malische Soldaten getötet worden waren.
Verlängerung mit Rückzugsklausel
Mali mit seinen rund 20 Millionen Einwohnern hat seit 2012 drei Militärputsche erlebt und gilt als politisch höchst instabil. In Teilen des Sahel-Staates sind islamistische Terrorgruppen aktiv. Seit dem jüngsten Putsch im Frühjahr vorigen Jahres wird das Land von einer militärischen Übergangsregierung geführt, die enge Beziehungen zu Russland pflegen soll. Dies überschattet auch den Einsatz der UN-Friedenstruppe MINUSMA, an dem die Bundeswehr derzeit mit mehr als 1000 Soldaten beteiligt ist. Es ist der größte Auslandseinsatz der Truppe - und zugleich ihr gefährlichster.
Frankreich hat einen großen Teil seiner Soldaten bereits aus Mali abgezogen. Der Bundestag hatte den Einsatz deutscher Kräfte erst im Mai verlängert, allerdings mit einem Vorbehalt: Das neue Mandat enthält eine Rückzugsklausel für den Fall, dass die Sicherheit der Bundeswehrangehörigen in Mali nicht mehr gewährleistet ist.
sti/uh/jj/se (dpa, afp, epd)