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Streit über Verschärfung des Asylrechts

Heiner Kiesel19. Februar 2016

Die einen finden es "unvermeidlich", die anderen "inhuman" und "unchristlich": Das Asylpaket II. Die Maßnahmen darin sind so einschneidend, dass sie für ordentlich Ärger bei den Abgeordneten sorgen.

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Deutschland: Flüchtlinge beantragen Asyl beim Bamf (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/S. Loos

Der Applaus hörte einfach nicht auf. Er begleitete Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf dem Weg vom Stehpult im Plenum des Bundestages bis zu seinem Platz auf der Regierungsbank. Eben noch hatte er den Abgeordneten des Bundestages erklärt, warum er das zur Beratung stehende Asylpaket II so wichtig findet. Dass es richtig sei, schneller abzuschieben, härtere Maßstäbe anzulegen bei kranken abgelehnten Asylbewerbern, konsequent durchzugreifen bei solchen, die Straftaten begangen haben und auch bei allein eingereisten Kindern den Familiennachzug zu erschweren.

"Ja, es ist eine Verschärfung des Asylrechts, da muss man gar nicht drum herumreden", gesteht der CDU-Minister. Deutschland würde dennoch ein Land mit Herz bleiben, sagt er, "und ein Land mit Regeln". Die Abgeordneten der Unionsparteien, ab und zu auch die von der SPD, haben ihm während der Rede zunächst sechs Mal zurückhaltenden Beifall gezollt. Am Ende wollten die Vertreter von CDU und CSU doch noch so etwas wie Begeisterung zeigen. Sie klatschten einfach weiter als de Maizière sich hinsetzte. Und auch noch, als die Abgeordneten der anderen Parteien schon anfingen, irritiert über den Beifall zu lachen.

Thomas de Maiziere im Bundestag (Foto: DPA)
Bundesinneminister Thomas de Maizière will den Flüchtlingen klare Vorgaben machenBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

Mit dem Asylpaket II will die Bundesregierung zeigen, dass sie handlungsfähig ist und auch die Sorgen der Bevölkerung ernst nimmt, angesichts der vielen Flüchtenden, die in Deutschland ankommen. Man hat sich in den Ministerien und im Kanzleramt beeilt, ein Gesetzespaket zu schnüren. Die Bürger sollen sehen, dass sich etwas tut. Besonders auch nach den sexuellen Übergriffen der Silvesternacht, die auch Asylbewerbern zugeschrieben werden. "Wir arbeiten hart daran", erklärte de Maizière. Denn ihm ist bewusst: In wenigen Wochen stehen wichtige Landtagswahlen an. Seine Parteifreunde müssen ihren potentiellen Wählern etwas Konkretes aus Berlin vorweisen können, um nicht in Versuchung zu geraten, gegen ihre eigene Kanzlerin Wahlkampf zu führen. Denn es gab viel Unmut über Angela Merkel in den vergangenen Monaten.

Es war die erste Beratung des Gesetzes, in einer Woche schon soll es vom Bundestag verabschiedet werden. "Dieses Gesetz löst nicht alle Probleme, aber einige wichtige", wirbt de Maizière um Zustimmung.

Unmut über den verschärften Familiennachzug

Die Abgeordneten auf den Oppositionsbänken wurden unruhiger, je länger der Bundesinnenminister sprach. Als er den Teil des Gesetzes verteidigte, bei dem es darum geht, dass er Familiennachzug bei Minderjährigen Flüchtenden ausgesetzt wird, kam es zu erregten Zwischenrufen. "Wir wollen nicht, dass Eltern ihre Kinder vorschicken", sagte de Maizière zur Erklärung. Richtig hoch kochte die Stimmung aber später, als der baden-württembergische CDU-Vertreter Thomas Strobl die Haltung seiner Fraktion in dieser Sache verteidigte, die er als "unvermeidlich" sieht. "So ein Quatsch!", ein entnervtes "Mann!", bis hin zu "So eine Scheiße!" wird ihm zugerufen. Der Umgang mit den jungen und jüngsten Asylsuchenden ist der Aspekt, der die Emotionen am stärksten in der Debatte hochkochen ließ.

Der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Dietmar Barsch, wandte sich deswegen in seiner Rede zweifelnd an die Unionsabgeordneten und fragte: "Was ist denn aus der Familienpartei CDU und der Familienpartei CSU geworden?" Er erinnerte seine Parlamentskollegen daran, dass sie doch alle schon erschütternde Gespräche mit elternlos eingereisten Geflüchteten geführt hätten. "Jedes Flüchtlingskind ist ein humanitärer Härtefall, Herr de Maizière!" Bartsch störte sich auch daran, dass künftig psychologische Gutachten bei der Beurteilung von Aufenthaltsperspektiven nicht mehr berücksichtigt werden sollen. Für den Linken-Politiker ist das Gesetzespaket ein "in Paragraphen gegossenes pauschales behördliches Misstrauen". Seine Parteigenossin Ulla Jelpke beklagte, dass das Asylrecht damit ausgehöhlt werde.

Dietmar Bartsch im Bundestag (Foto: DPA)
Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch hält der Regierung vor, Zweifel und Populismus zu unterstützenBild: picture alliance/dpa/R. Jensen

CSU-Chef Seehofer soll zurück in sein Herkunftsland

Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz sieht im Asylpaket II "einen hastig erarbeiteten Entwurf", den er und seine Partei "aufs Schärfste" ablehnen. Es leiste dem Populismus Vorschub, kritisierte er. Die Bundestagsdebatte war für die Oppositionspolitiker auch eine Gelegenheit auf die Differenzen innerhalb der Regierungskoalition einzugehen. Bei den Sozialdemokraten hatte es lange Vorbehalte gegen den Entwurf gegeben - besonders auch bei den Regelungen zum Familiennachzug. In der Asylpolitik ist vor allem der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer mit Kritik an der Bundeslinie laut geworden. Von Notz verwies im Plenum auf die Kontakte Seehofers zu Russlands Präsidenten Wladimir Putin und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. "Das sind die eigentlichen Koalitionspartner der CSU", ätzte der Grünen-Politiker.

Deutschland Konstantin von Notz im Bundestag (Foto: DPA)
Konstantin von Notz (Grüne) schimpft über den AsylgesetzentwurfBild: picture alliance/dpa/R. Jensen

Immer wieder wurde der Vorwurf des Populismus in Zusammenhang mit der Flüchtlingsdiskussion aufgebracht. Linken-Fraktionschef Bartsch forderte von den Unionskollegen: "Schicken Sie die CSU wieder zurück in ihr Herkunftsland!" Die Antwort des CSU-Abgeordneten Stephan Mayer war deutlich: "Je mehr Sie uns beschimpfen, desto mehr nützt uns das in Bayern."