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BRICS: Ohne Schwung zum Gipfel

14. Oktober 2016

Einst galten die fünf Staaten des BRICS-Verbundes als Hoffnungsträger der Weltwirtschaft, jetzt sind drei von ihnen angeschlagen. Unterschiedliche Interessen erschweren zudem Entscheidungen bei ihrem Gipfeltreffen.

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CMS-TEST Vladimir Putin, Narendra Modi
Bild: AP

Beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der fünf wichtigsten Schwellenländer wird wieder deutlich, dass die sogenannten BRICS wenig Gemeinsamkeiten haben. Dabei suggeriert der Kürzel genau das: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sind allesamt bevölkerungsreiche Schwellenländer, die lange überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum verzeichneten und deshalb als neue Motoren der Weltkonjunktur galten.

Damit ist es aber seit einiger Zeit vorbei: Südafrika stagniert, Russland und Brasilien stecken sogar tief in der Rezession. Im vergangen Jahr ist ihre Wirtschaftsleistung um fast vier Prozent gesunken, und für das laufende Jahr erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF) ein weiteres Schrumpfen.

"In diesen drei Ländern spielt die Entwicklung der Rohstoffpreise eine große Rolle", sagt Klaus-Jürgen Gern vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel. "Das galt für die Zeit des Booms, und das gilt jetzt auch für den wirtschaftlichen Einbruch." Der Preisverfall bei Öl, Gas, Zucker, Soja, Eisenerz, Platin, Kohle, Kupfer und anderen Rohstoffe belastet diese Volkswirtschaften schwer.

Unterschiedliche Interessen

"Indien und China sind dagegen Rohstoffkonsumenten. Für diese Länder ist der Rückgang der Rohstoffpreise eigentlich eine gute Nachricht", sagt Gern. Doch auch in China ist nicht alles rosig. Im Immobiliensektor droht eine gewaltige Immobilienblase zu platzen, viele Unternehmen und Kommunen sind stark überschuldet. Und die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten sind vorbei, der IWF erwartet für China nur noch 6,6 Prozent Zuwachs. Indien ist mit einem Plus von zuletzt 7,6 Prozent nun das am stärksten wachsende BRICS-Mitglied.

Hinzu kommen politische Probleme, von den Korruptionsaffären und der Amtsenthebung der Präsidentin in Brasilien, über soziale Spannungen in Südafrika bis zum Streit Russlands mit den USA und der EU wegen der Annexion der Krim und dem Krieg in der Ukraine.

Auf der Tagesordnung in Goa stehen zahlreiche Themen, bei denen jeweils ein Land klare Ziele verfolgt, die den Interessen der anderen zuwiderlaufen. Indien hofft auf Unterstützung der Gruppe im Grenzkonflikt mit Pakistan, China will seine Position im Streit um Inselgruppen im südchinesischen Meer stärken, und Russland will seine Rolle im Syrienkrieg zumindest nicht kritisiert sehen.

"Vorbild" G20

Es sei unwahrscheinlich, dass der Gipfel relevante Ergebnisse bringe, sagt Miriam Prys-Hansen vom German Institute of Global and Area Studies (GIGA) in Hamburg. "Die Gefahr besteht, dass das so abläuft wie die Treffen der G20: Man trifft sich, man bespricht auch wichtige Themen, aber umgesetzt wird dann relativ wenig."

Hauptziel der BRICS sei es, ein politisches Gegengewicht zu bilden zu den reicheren Industrieländern, sagt Klaus-Jürgen Gern vom IfW. "Doch es ist unwahrscheinlich, dass das gelingt, angesichts der unterschiedlichen Interessen innerhalb der BRICS."

Das gilt auch für den Handel zwischen den fünf Ländern, der nur geringe Bedeutung hat. "China hat das Thema einer gemeinsamen Freihandelszone ins Spiel gebracht", sagt Prys-Hansen. "Doch die Handelsdefizite der anderen Länder mit China sind ohnehin schon groß, so dass ich mir nicht vorstellen kann, dass sie sich darauf einlassen werden."

Hauptsache Austausch

So bleibt als Vorzeigeprojekt der BRICS nur die Neue Entwicklungsbank (New Development Bank, NDB), die inzwischen ihre Arbeit aufgenommen hat. Seit April finanziert sie in jedem Mitgliedsland ein kleineres Projekt im Bereich Infrastruktur und erneuerbare Energien.

Doch selbst wenn das Treffen der Staats- und Regierungschefs in Goa ergebnislos verlaufen sollte: Auf den unteren Ebenen ist der Austausch sehr rege. So gab es allein im Vorfeld dieses Gipfels mehr als hundert Treffen mit Teilnehmern aus allen BRICS-Staaten, sagt Prys-Hansen. "Es gab ein Filmfestival, ein Treffen der statistischen Agenturen, ein U17-Fußball-Turnier, Wissenschaftler haben sich getroffen und alle Ministerien. Da passiert unglaublich viel."

Andreas Becker
Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.