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Politik

Brexit: Barnier reagiert auf Mays Flehen

8. März 2019

Es fehle nur noch "ein einziger Schubs" für ein neues Brexit-Abkommen, hatte die britische Regierungschefin gerade erst gedrängt. Und EU-Chefunterhändler Barnier tut ihr scheinbar den Gefallen. Es gibt nur ein Problem.

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Großbritannien Grimsby - Theresa May hält Rede beim Orsted East Coast Hub
Bild: picture-alliance/empics/C. Furlong

Mit einem Zugeständnis beim sogenannten Backstop will Michel Barnier die festgefahrenen Scheidungsverhandlungen mit Großbritannien in Schwung bringen. Die EU gebe Großbritannien die Möglichkeit, die Zollunion einseitig zu verlassen, twitterte Brüssels Chefunterhändler in Sachen Brexit. Die anderen Elemente des Backstops müssten aber bestehen bleiben, um eine harte Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland zu verhindern. Damit müsste Nordirland Teil der Zollunion bleiben, während der Rest des Königreichs ausscheidet. "Das Vereinigte Königreich wird nicht gegen seinen Willen in die Zollunion gezwungen."

Seit Mitte Januar treten die Verhandlungen der britischen Premierministerin Theresa May mit den EU-Unterhändlern auf der Stelle. Damals hatte das britische Unterhaus den britisch-europäischen Scheidungsvertrag rundheraus abgelehnt - und die Regierungschefin unter enormen Zugzwang gesetzt. Viel passiert ist seitdem allerdings nicht. Während die EU-Vertreter immer wieder "realistische" Vorschläge von London forderten, wies May stets auf die Abhängigkeit der Union von Großbritannien hin - samt möglicher Schäden eines Ausstiegs ohne vertragliche Regelungen für die restlichen 27 EU-Länder.

Dass Barniers aktueller Vorschlag einen Ausweg für Theresa May aufzeigt, ist äußerst fraglich. Denn damit würde unterschiedliches Recht in Nordirland und dem Rest des Vereinigten Königreichs gelten - und das hatte May im vergangenen Jahr bereits mit den Worten zurückgewiesen, "kein britischer Premierminister würde dem je zustimmen". Der britische Brexit-Minister Steve Barclay erwiderte auf Barniers Vorschlag, es sei nicht die Zeit, alte Argumente wieder hervorzuholen. Die beiden Seiten drehen sich im Kreis.

"Lasst uns das erledigen"

Bei einem Auftritt in der Hafenstadt Grimsby hatte May mit einem flehenden Appell versucht, öffentlich Druck auf Brüssel aufzubauen: Es fehle nur noch "ein einziger Schubs" seitens der EU, um zu einem Abschluss zu kommen, sagte die Regierungschefin bei einer Rede vor Arbeitern. Es sei schließlich auch im Interesse der EU, den Brexit vertraglich zu regeln. "Denn wenn die Abgeordneten den Deal ablehnen, gibt es keine Gewissheiten. Dann kommt es zur Krise", so May.

Gleichzeitig warnte die Premierministerin die Abgeordneten im Unterhaus vor einer erneuten Ablehnung des Austrittsvertrags. Dies könne letztlich bedeuten, dass Großbritannien die EU nie verlassen werde und der geplante Brexit nicht stattfinde. Teile ihrer Rede veröffentlichte May später in einem kurzen Videoclip auf Twitter unter der Überschrift "Let's get it done" - "Lasst uns das erledigen".

Auch der britische Außenminister Jeremy Hunt nahm beide Parteien in die Pflicht. In einem Radio-Interview der BBC sagte er: "Die Geschichte wird über beide Seiten ein schlechtes Urteil fällen, wenn wir dies nicht schaffen." Barnier warnte indes vor einer Schlammschlacht zwischen Großbritannien und der EU. "Wir haben kein Interesse an Schuldzuweisungen, wir sind an Ergebnissen interessiert", sagte er nach einem Treffen von EU-Botschaftern in Brüssel. 

Woche der Entscheidungen

Der Backstop soll eine offene Grenze zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland garantieren. Die bislang ausgehandelte Regel sieht vor, dass Großbritannien so lange als Ganzes in einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis das Problem anderweitig gelöst ist. Die Brexit-Hardliner befürchten, dass der Backstop London in eine enge Anbindung an die EU bringen könnte, und fordern eine zeitliche Befristung oder ein einseitiges Kündigungsrecht. Das ist für die EU nicht zu machen.

Das britische Unterhaus stimmt am Dienstag erneut über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab - nur gut zwei Wochen vor dem geplanten EU-Austritt am 29. März. Für den Fall, dass Mays Lager erneut scheitern sollte, will die Regierungschefin am kommenden Mittwoch über einen Austritt ohne Abkommen abstimmen lassen. Wird auch dies abgelehnt, sollen die Abgeordneten am Donnerstag entscheiden, ob London eine Verschiebung des Brexits beantragen soll.

djo/rb (afp, dpa, rtr)