Streit um Hambacher Forst spitzt sich zu
5. September 2018Nach Angaben der Polizei hätten Mitarbeiter des Energieunternehmens RWE damit begonnen, Hindernisse am Waldboden wegzuräumen. Die Polizei schütze die Arbeiter dabei. Die rund 60, teils seit Jahren bewohnten, Baumhäuser von Rodungsgegnern würden dagegen nicht geräumt, hieß es über Lautsprecher der Polizei vor Ort. Allerdings versuchen die Beamten auch, Beweismittel sicher zu stellen.
Mehrere Hundert Polizisten sollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur im Einsatz sein. Der verlief zunächst friedlich. Bei einer Personenkontrolle vor Beginn habe es aber einen Zusammenstoß mit zwei Menschen gegeben, so eine Polizeisprecherin.
Das Energieunternehmen RWE Power will für den Braunkohleabbau mehr als 100 der verbliebenen 200 Hektar Wald abholzen, was mit Beginn der Rodungssaison ab 1. Oktober möglich wäre. Gegen die Abholzung gibt es seit langem heftige Proteste von Waldbesetzern vor Ort. Darüber hinaus fordert ein breites Bündnis von Natur- und Klimaschützern einen Rodungsstopp, solange die bundesweite Kohlekommission in Berlin miteinander im Gespräch ist. Sie soll bis Ende des Jahres einen Ausstieg aus der Kohleverstromung ausarbeiten und Vorschläge für die Finanzierung und Gestaltung des Strukturwandels in Tagebau-Regionen wie dem Rheinischen Revier vorlegen.
NRW-Innenminister stellt sich hinter RWE
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte am Montag in Düsseldorf gewarnt, dass man es im Hambacher Forst mit "extrem gewaltbereiten Linksextremen" zu tun habe, die aus dem ganzen Bundesgebiet und dem benachbarten europäischen Ausland anreisten. "Diese selbst ernannten Umweltschützer wollen nicht Bäume retten, sondern den Staat abschaffen", sagte Reul. RWE sei Eigentümer des Hambacher Forstes, habe das Recht, den Wald zu roden und wolle davon demnächst Gebrauch machen. "Wir wissen es nicht genau, aber wenn der Tag dann kommt, dann muss die Polizei eben dafür sorgen, dass dieses Recht durchgesetzt werden kann." Die Aktivisten vor Ort wiesen Reuls Vorwürfe zurück.
"Die Polizei versucht, die komplette Bewegung zu kriminalisieren und zu diffamieren", sagte Emil Freytag von der "Aktion Unterholz". Er verwies darauf, dass die Polizei den Hambacher Forst als "gefährlichen Ort" definiert habe und seitdem Personen ohne konkreten Anlass kontrollieren könne. Die Polizei hatte diese Maßnahme damit begründet, dass aus dem Wald heraus Straftaten verübt würden.
Refugium für bedrohte Arten
Der Hambacher Forst liegt im Rheinland, im Südosten des wohl größten europäischen Braunkohle-Tagebaus Hambach. Vor Beginn der Kohleförderung war der Wald 4100 Hektar groß; nach Angaben des Tagebau-Betreibers RWE Power wurden bislang 3900 Hektar für den Kohleabbau gerodet. Der Wald hat nach Angaben des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND) eine 12.000 Jahre lange Geschichte. Es gibt dort Vorkommen streng geschützter Arten wie Bechsteinfledermaus, Springfrosch und Haselmaus.
bri/ ww (dpa, twitter)