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Boykottaufrufe gegen Gülen-nahe Unternehmer

10. August 2016

"Kauft nicht in diesen Läden!": Auch in Deutschland wird Stimmung gegen mutmaßliche Anhänger des Erdogan-Gegners Gülen gemacht. Der türkische Präsident vergleicht sein Vorgehen mit der deutschen Wiedervereinigung.

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Symbolbild Türkisches Viertel in Köln (Foto: picture-alliance/dpa/O. Berg)
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Bestimmte Listen würden bei Facebook und in Whats-App-Gruppen geteilt. In ihnen wird von Anhängern des türkischen Präsidenten dazu aufgerufen, gezielt Unternehmer in Deutschland zu boykottieren, die der Gülen-Bewegung nahestehen sollen, heißt es in einem Bericht der "Zeit". Betroffen seien etwa Frisöre, Bauunternehmer, Restaurantbesitzer, Gemüsehändler und Ärzte."Esst nicht in diesen Restaurants!", heißt es in den Aufrufen. Oder: "Kauft nicht in diesen Läden!".

Gülen-Anhänger werden zur Zielscheibe

Die Bewegung des muslimischen Predigers Fethullah Gülen wird von der türkischen Regierung für den Putschversuch Mitte Juli verantwortlich gemacht. Seitdem geht Präsident Recep Tayyip Erdogan mit äußerster Härte gegen die Bewegung vor. Nun werden Gülens angebliche und tatsächliche Unterstützer laut dem Bericht auch in Deutschland verfolgt. "Wir sind zur Zielscheibe geworden", sagte ein nicht namentlich genannter Druckereibesitzer aus dem Rheinland, der sich als Gülen-Anhänger bezeichnet, der Zeitung.

Türkischstämmige Unternehmer aus Berlin, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg berichteten der "Zeit", sie würden auf der Straße angeschrien oder beleidigt: als Gülen-treue Vaterlandsverräter und Terroristen. Sie erhielten Morddrohungen, ihre Geschäfte würden beschmiert.

In mehreren Städten werde in Moscheen öffentlich dazu aufgerufen, in bestimmten Läden nicht mehr einzukaufen. Unternehmer seien in Läden überfallen worden. Die örtlichen Polizeistellen bestätigten der Zeitung die Übergriffe.

Erdogan: "Ihr habt das bei der Wiedervereinigung noch stärker gemacht"

Der türkische Präsident rief unterdessen dazu auf, kein Mitleid mit Gülen-Anhängern zu haben. Außerdem rechtfertigte er die von ihm so genannten "Säuberungen" seit dem Putschversuch und verglich diese mit Entlassungen im Zuge der deutschen Wiedervereinigung.

"Ihr habt das bei der Wiedervereinigung in noch größerem Ausmaß betrieben", sagte Erdogan im Präsidentenpalast in Ankara an Deutschland gerichtet. "Hunderttausende" Staatsbedienstete mit Verbindungen zum SED-Regime seien damals entlassen worden. "Ihr habt das gemacht, und dann wollt ihr uns belehren."

Weitere Unternehmer werden festgenommen

Der Präsident sagte, es sei egal, wie viele Staatsbedienstete suspendiert werden müssten. Seit dem Putschversuch am 15. Juli wurden bislang mehr als 60.000 suspendiert, mehr als 16.000 Menschen sind in Untersuchungshaft. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu seien im Zuge von landesweiten Ermittlungen gegen Gülen-Anhänger am Mittwoch mehr als 100 Geschäftsleute festgenommen worden.

rk/wl (afp, dpa, kna)