Botschafter darf zu Steudtner und Yücel
23. August 2017Wie das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, konnte der deutsche Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, erstmals den deutschen Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner im Gefängnis Silivri westlich von Istanbul besuchen. Erdmann kam demnach auch mit dem in derselben Haftanstalt einsitzenden deutsch-türkischen Korrespondenten der Tageszeitung "Die Welt", Deniz Yücel, zusammen. Ihn hatte der Botschafter schon im Juni getroffen.
"Es ist gut, dass der deutsche Botschafter mit Deniz Yücel und auch mit Peter Steudtner sprechen und sich überzeugen konnte, dass es beiden den Umständen entsprechend gut geht", erklärte das Auswärtige Amt. Die Gespräche am Dienstag seien "intensiv" gewesen und hätten "jeweils über eine Stunde" gedauert.
Eine routinemäßige Haftprüfung für Steudtner fiel nach Auskunft seines Anwalts negativ aus. Der Anwalt hatte nach eigenen Angaben vergangene Woche Klage beim türkischen Verfassungsgericht gegen Steudtners Verhaftung Anfang Juli eingereicht.
Kaum Hoffnung
Eine für Dienstag angekündigte Entscheidung über die Haftentlassung der deutschen Übersetzerin und Journalistin Mesale Tolu, die für die regierungskritische Nachrichtenagentur ETHA arbeitete, wurde derweil verschoben. Tolus Anwältin sagte, sie hoffe auf eine Entscheidung an diesem Mittwoch, schätze die Chancen auf eine Freilassung aus der U-Haft jedoch als "gering" ein. Die 1984 in Ulm geborene Tolu war Ende April in Istanbul festgenommen worden und sitzt mit ihrem zweijährigen Sohn im Frauengefängnis Bakirköy.
Anders als der seit rund einem halben Jahr inhaftierte Yücel haben Steudtner und Tolu nur die deutsche Staatsbürgerschaft. Das heißt, die Bundesregierung hat bei ihnen einen völkerrechtlichen Anspruch auf konsularische Betreuung. Bei Yücel gilt das nicht, er besitzt die doppelte Staatsbürgerschaft. Alle drei Beschuldigten sind wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft. Yücel wird zudem Volksverhetzung vorgeworfen.
Seit dem Putschversuch im Juli 2016 nahmen türkische Behörden nach Angaben der Bundesregierung insgesamt 22 deutsche Staatsbürger fest. Neun von ihnen sitzen derzeit noch in Haft. Unter anderem deswegen sind die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei seit Monaten angespannt. Für zusätzliche Verstimmung sorgte am Wochenende die - auf Verlangen der Türkei erfolgte - vorübergehende Festnahme des Kölner Schriftstellers Dogan Akhanli in Spanien. Ihm droht eine Auslieferung an die Türkei.
wa/jj (dpa, aa)