Boko Haram greift weiter an
29. Dezember 2016Erst vor wenigen Tagen hat das nigerianische Militär einen wichtigen Stützpunkt der Terrormiliz Boko Haram im nordöstlichen Bundesstaat Borno eingenommen: Das "Camp Zero" im Sambisa Wald soll eine der letzten Hochburgen Boko Harams gewesen sein. Prompt verkündete auch Nigerias Präsident Muhammadu Buhari den Sieg gegen die gefürchtete Terrorbewegung in Nigeria.
Der Terror geht weiter
Noch Anfang 2015 kontrollierte Boko Haram zahlreiche Landkreise im Nordosten. So waren die meisten Teile der Provinz völlig unpassierbar. Dort terrorisieren die sunnitischen Fundamentalisten seit 2009 die Bevölkerung. Ihr Ziel ist es, in den angrenzenden Gebieten der Nachbarstaaten Kamerun, Tschad und Niger einen Gottesstaat zu errichten.
Die Rückeroberung des Sambisa-Waldes galt lange Zeit als entscheidend im Kampf gegen Boko Haram. Nach der Vertreibung brüstete sich der nigerianische Präsident: "Die Terroristen sind auf der Flucht und haben keinen Ort mehr, um sich zu verstecken", so Buhari.
Doch noch immer befinden sich 218 der 276 entführten Schülerinnen aus dem Ort Chibok in Geiselhaft. 2014 verschleppte Boko Haram die Mädchen aus einem Internat. Damals löste die Massenentführung international Entsetzen aus. Boko Haram ließ nach Verhandlungen mit der nigerianischen Regierung im Oktober dieses Jahres 21 Mädchen frei.
Boko Haram Anführer lebt
"Wir bleiben den Terroristen auf den Fersen und werden alle Menschen befreien, die gegen ihren Willen festgehalten werden", so Sani Usam, Militärsprecher der nigerianischen Armee nach der Einnahme des Sambisa-Waldes. "Wir finden sie, wo immer sie sind."
Während Präsident und Armee die Erfolge im Kampf gegen den Terror feiern, ist ein neues Video aufgetaucht. Darin erklärt Boko Haram Führer Abubakar Shekau, seine Männer seien in Sicherheit. "Sie sollten den Menschen keine Lügen erzählen", spricht er Präsident Buhari an. "Wenn ich tot bin, wie können sie mich dann sehen?"
Angriffe im Grenzgebiet
Der Kampf gegen Boko Haram sei auf keinen Fall vorbei, so der Sicherheitsanalyst Kabir Adamu aus Abuja. "Die Gruppe ist eine transnationale Bewegung. Sie kämpft in Nigeria, Nord-Kamerun und in der Region Diffa in Niger. Wir werden jetzt höchstens weniger Angriffe in der Sambisa-Region sehen", sagt Adamu im Interview mit der Deutschen Welle. Dafür seien 2017 aber mehr Angriffe in der Grenzregion zu erwarten.
Es gebe Hinweise, dass eine zweite Fraktion der Terrorgruppe dort in der Nähe des Tschadsees aktiv sei, so Amadu. Diese Fraktion unter Führung von Abu Musab al-Barnawi sieht sich als Teil des Terrornetzwerks "Islamischer Staat" (IS). Die Region rund um den Tschadsee ist kein zusammenhängendes Waldgebiet wie Sambisa. Dafür ist sie aber ähnlich schwer zugänglich, weil die Infrastruktur dort brach liegt.
Die Terrorabwehr in der Grenzregion sei laut Amadu bisher nicht sehr erfolgreich gewesen. Dort müssten die militärischen Spezialeinheiten der Länder verstärkt werden. "Sonst werden auch in 2017 und möglicherweise darüber hinaus weitere Grenzübertritte und Angriffe der Terroristen stattfinden", so der Analyst.
Erziehung gegen Terror
Laut Amadu hat Präsident Buhari mit seiner Erklärung über einen Sieg gegen den Terror von Boko Haram das Problem der anhaltenden Unsicherheit in Nigeria reduzieren und die Moral seiner Soldaten stärken wollen. Ohne Zweifel sei die Rückeroberung von Sambisa aber ein Erfolg. "Boko Haram galt 2015 als die tödlichste Terrorgruppe der Welt". Die Todeszahlen seien aber in diesem Jahr rückläufig. "Das ist eine echte Verbesserung", so Amadu.
Der nigerianischen Regierung fehle aber eine klare Strategie für einen endgültigen Sieg gegen die Miliz. Das könne nicht nur durch Einsatz des Militärs erreicht werden. Gerade auf dem Land leben viele Menschen in Armut - häufig können sie nicht Lesen und Schreiben. Ihre Probleme müssten in den Fokus rücken, um die Wurzel des Problems zu bekämpfen. "Moderne Erziehung sollte aufklären, dass die Ideologie des Terrors nicht die korrekte Interpretation des Islam wiedergibt. Dann werden sich weniger Menschen den Terrorgruppen anschließen", argumentiert der Analyst Kabir Adamu.