Der dezentrale Weltcomputer
4. Mai 2018"Wir verkaufen Immobilien über einen Blockchain-Marktplatz", sagt Jakob Drzazga, "das ist viel effektiver, geht schneller und ist deutlich preiswerter als bisherige Verfahren." Der Jungunternehmer baut mit seinem Team in einem sogenannten "Co-working Zentrum" in Berlin einen der ersten Blockchain-Marktplätze, auf dem Investoren zunächst in Immoblien und später dann auch in andere, ganz reale Börsenwerte investieren können. Falls es "Brickblock", so der Name des Marktplatzes demnächst gelingt, seine erste Immobilie in Wiesbaden über diese neue Form des Crowd-Investments zu finanzieren, wäre es für das Startup der Beweis, dass sein Konzept funktioniert.
"Digitalwährungen ermöglichen es, Güter jeder Art über Ländergrenzen hinweg zu kaufen oder zu verkaufen, ohne Mittelsmänner wie Banken oder Notare", erläutert Philip Paetz. Er ist Chefentwickler bei Brickblock. Die Investoren müssen bei den Transaktionen virtuelle Münzen kaufen oder verkaufen, sogenannte Token, die Anteilsscheine von Immobilien repräsentieren. Wer am Ende welchen Anteil an der Immobilie besitzt, wird fälschungssicher und transparent in der Blockchain gespeichert. Alle notwendigen Verträge zu den Immobiliendeals werden bei einem Treuhänder hinterlegt. Im Prinzip funktioniert das wie bei jeder anderen Online-Börse auch. Nur dass bei Brickblock alle Transaktionen öffentlich einsehbar sind.
Mikroinvestitionen per Blockchain
Weil Kauf und Verkauf der Immobilienanteile sowie Zinszahlungen über die Blockchain automatisch ablaufen, sei der ganze Prozess viel effektiver, wirbt Jakob Drzazga für sein Konzept. Der Immobilienmanager hat Brickblock mit gegründet. "Die Transaktionen sind viel schneller. Außerdem können sie auch nur einen Teil der Immobilien, die sie halten, wieder verkaufen."
Brickblock ermögliche Investitionen schon ab einem Euro und sei damit einer der ersten Anbieter für Mikroinvestitionen weltweit. "Normalerweise müssen sie fünf bis 10 Prozent Gebühren zahlen, wenn sie in Immobilien investieren wollen. Bei uns zahlen sie dagegen nur 0,5 Prozent", wirbt Marketingleiter Manuel Gonzales Alzuru für das Konzept. "Mit unserer Technologie können jetzt alle am finanziellen System teilnehmen, nicht mehr nur die Eliten." Dass das Konzept eines globalen Marktplatzes für Mikroinvestitionen gerade auch für Entwicklungsländer wichtig sein könnte, zeigen die Anfragen bei Brickblock. "Viele unserer Interessenten kommen aus Afrika und sogar aus Ländern wie Afghanistan oder Pakistan", sagt Philip Paetz. "Obwohl wir dort noch überhaupt keine Werbung gemacht haben."
Große Chancen, großes Risiko
In vielen Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas haben immer noch Millionen Menschen keinen Zugang zu Bankdienstleistungen. Wer als nicht kreditwürdig gilt, bekommt einfach kein Bankkonto. Krypto-Währungen wie Bitcoin oder Ethereum haben es vielen Menschen erstmals ermöglicht, ganz einfach über eine Internet-Anwendung Geld an Verwandte in anderen Ländern zu senden. Über Brickblock kann nun jeder, auch ohne Bankkonto, Kleinstbeträge in Immobilien investieren. "Für mich ist die Blockchain-Technologie deshalb wirklich revolutionär", sagt Manuel Gonzales Alzuru.
Doch wie das bei revolutionären, neuen Technologien so ist: Der Verkauf ihrer ersten Immobilie ist für Brickblock nicht ganz einfach. Viele ihrer Interessenten kennen sich mit Krypto-Währungen noch überhaupt nicht aus und verstehen nicht, warum sie ihre Immobilenanteile mit 'Ether' bezahlen sollen statt mit Euro oder US-Dollar. Nach dem rasanten Kurssturz schwanken die Kurse der Kryptowährungen Ether oder Bitcoin derzeit täglich um bis zu 30 Prozent. Wer seine Euro oder US-Dollar also in einer digitalen Wechselstube in Ether umtauscht, um sie später in Immobilenanteile zu investieren, könnte schon durch die schwankenden Wechselkurse viel Geld verlieren. Eine Investition bei Brickblock hat im Moment also noch etwas von einem Casino-Besuch. Ob der Automat am Ende mehr oder weniger Geld ausspuckt als den Spieleinsatz, steht vorher nicht fest.