Blasphemieprozess in Jakarta hat begonnen
13. Dezember 2016Zu Beginn der Verhandlung in der indonesischen Hauptstadt beteuerte Basuki Tjahaja Purnama unter Tränen, es sei nicht seine Absicht gewesen, den Koran zu beleidigen. Dem chinesischstämmigen Politiker wird wegen einer kritischen Bemerkung im Wahlkampf Verunglimpfung des Koran vorgeworfen. Purnama gab den Berichten zufolge an, er habe mit seiner Kritik lediglich skrupellose politische Gegner treffen wollen, die Koransuren missbrauchten, um Wahlen in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Streit entzündete sich im Wahlkampf
Der unter dem Spitznamen "Ahok" bekannte Gouverneur Jakartas kandidiert bei der Wahl im Februar 2017 für eine zweite Amtszeit. Vor einigen Monaten hatte er seine Widersacher von der Islamischen Verteidigungsfront (FPI) kritisiert, eine Passage aus dem Koran gegen ihn zu verwenden. Darin heißt es, Muslime sollten keine Bündnisse mit Juden oder Christen eingehen. Die islamistische FPI interpretiert dies als göttliches Verbot für Muslime, bei einer Wahl "einem Ungläubigen" ihre Stimme zu geben. Purnama sagte, es sei okay, ihn nicht zu wählen, sollten Wähler fürchten, dann in der Hölle zu landen - das sei aber eine Lüge. Darauf reagierten Islamisten mit zwei Massenkundgebungen in Jakarta forderten die Anklageerhebung gegen Purnama.
Purnama war 2014 Gouverneur von Jakarta geworden, weil sein damaliger Chef Joko Widodo Präsident wurde. Er gilt als effektiver Administrator und kompromissloser Kämpfer gegen Korruption und Inkompetenz. Dass der chinesischstämmige Christ Gouverneur der Zehn-Millionen-Einwohnerstadt wurde, galt als Beispiel religiöser Toleranz in dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt. Die überwiegende Mehrzahl der Einwohner Indonesiens vertritt tatsächlich einen toleranten Islam. Hardliner versuchen aber immer wieder, die Oberhand zu gewinnen und peitschen die Massen mit Forderungen nach einer radikaleren Islam-Auslegung auf.
Die Unterstützer Purnamas in der Minderheit
Anfang des Monats waren mehr als 100.000 Menschen einem Aufruf zu einer Kundgebung gegen Purnama gefolgt. Auch an diesem Dienstag versammelte sich wieder eine größere Gruppe von Gegnern vor Gericht und forderte in Sprechchören: "Ahok ins Gefängnis!" Ihr stand einer deutlich kleineren Gruppe von Unterstützern des Gouverneurs gegenüber.
Prozessbeobachter bezweifeln daher, dass angesichts des öffentlichen Drucks ein faires Verfahren zu erwarten ist. Das indonesische Strafrecht sieht harte Strafen für Blasphemie vor, allerdings wurde der Paragraph bislang nur selten angewendet. Der Prozess soll am 20. Dezember fortgesetzt werden.
sti/stu (afp, dpa, kna)