Mehr tun gegen Rechtsextremismus
19. August 2019Um intensiver gegen rechtsterroristische Gruppierungen und Einzeltäter vorgehen zu können, soll beim Bundeskriminalamt (BKA) aufgestockt werden. Zudem soll es in der Behörde in Wiesbaden künftig eine "Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität" geben, wie das Recherchenetzwerk bestehend aus Westdeutschem Rundfunk, Norddeutschem Rundfunk und "Süddeutscher Zeitung" berichtet. Die Medien beziehen sich auf ein aktuelles BKA-Planungspapier. Darin heiße es, für die Umstrukturierung seien bis zu 440 zusätzliche Stellen nötig.
Hintergrund der Pläne ist demnach eine wachsende Gefahr ausgehend von militanten Rechtsextremisten. Mehr als jeder zweite Rechtsextremist gilt als "gewaltorientiert", 2018 waren es insgesamt 12.700 Menschen. Die Zahl der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Gewalttaten stieg vergangenes Jahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,2 Prozent.
Zwei Gruppen mit insgesamt zehn Referaten sollen sich künftig mit rechtsextremistischer Kriminalität beschäftigen. Damit sei eine "Erhöhung des Verfolgungsdrucks" möglich, wie die Medien aus dem Planungspapier zitieren. Rechte Netzwerke sollten in Zukunft frühzeitig erkannt sowie der nationale und internationale Austausch zwischen den Behörden verbessert werden. Ebenfalls geplant sei ein Risikobewertungssystems für gewaltbereite Rechtsextremisten, wie es bereits im Fall des islamistischen Terrorismus angewandt wird.
Neugestaltungen soll es dem Bericht zufolge auch im Bundesamt für Verfassungsschutz geben. Auch hier soll mehr Personal für die Analyse und Bewertung rechtsextremistischer Strukturen eingesetzt werden. In dem Inlandsgeheimdienst werde außerdem überlegt, gewaltbereite Rechtsextremisten durch sogenannte "Gefährderansprachen" früher von möglichen Straftaten abzuhalten.
Längere Vorratsdatenspeicherung?
Hinsichtlich der Hasskriminalität im Internet plant das BKA dem Bericht zufolge, eine "nationale Stelle zur konsequenten Bekämpfung" einzuführen. Unter anderem durch stärkere Beobachtung des Internets sollen Urheber von Hass- und Drohbotschaften schneller identifiziert werden können. Möglicherweise müssten dafür laut dem Bericht die Speicherfristen für die sogenannte Vorratsdatenspeicherung verlängert werden und ein Straftatbestand geschaffen werden, der das Erstellen und Verbreiten von "Feindes- und Todeslisten" erfasse.
Der innenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Konstantin Kuhle, sprach sich gegen die Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung von Hasskriminalität aus. "Statt die Daten von Millionen Bundesbürgern zu speichern, sollte man eine Regelung schaffen, mit der anlassbezogen und bei bestimmten Verdachtsmomenten eine Speicherung erfolgt", sagte Kuhle dem "Handelsblatt".
Konsequenz wie bei Bußgeldbescheiden
Ex-Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) forderte derweil, Hetze und Hasskommentare im Internet schärfer zu verfolgen. Es gebe bei der Justiz eine Zögerlichkeit, die der Ernsthaftigkeit des Themas nicht gerecht werde, sagte Lammert dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Er forderte "mindestens die Konsequenz", mit der bei Geschwindigkeitsüberschreitungen auf Straßen Bußgelder eingefordert und eingetrieben werden. Der vom Grundgesetz geschützte Anspruch auf Meinungsfreiheit sei "keine Generalrechtfertigung" für das Verbreiten offenkundig falscher Behauptungen, beliebige Verdächtigungen, Beleidigungen und Bedrohungen, so der CDU-Politiker.
ust/kle (dpa, afp, kna)