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Billie Eilish - Der Anti-Superstar

15. Januar 2020

Neuer James Bond Song und Grammy Nominierung: Fünf Jahre nach Erscheinen ihres ersten Tracks "Ocean Eyes" startet Billie Eilish so richtig durch. Was steckt hinter dem Hype?

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Niederlande Billie Eilish
Bild: Getty Images/F. Damman

Rekorde zu brechen, scheint ihr Ding zu sein: Am 26. Januar werden in Los Angeles die Grammy Awards verliehen und Billie Eilish ist mit ihren 18 Jahren die jüngste Künstlerin, die jemals in allen vier Top-Kategorien nominiert wurde. Und jetzt ist sie auch noch die jüngste Künstlerin, die jemals einen Song zu einem James-Bond-Film beisteuern durfte. Wie macht sie das bloß? Warum erreicht ausgerechnet sie, die eher ein Anti- als ein Superstar zu sein scheint, mit ihrer Musik so viele Menschen? 

Ihre Texte sind klug und reflektiert, manchmal dunkel und abgründig, ihre Beats gehen ins Ohr und in die Beine, ihre Videos sind verstörend und gleichzeitig auch ästhetisch und ihre Attitüde sehr direkt und anders. Als sie im März 2019 ihr Debüt "When We All Fall Asleep, Where Do We Go?" vorstellte, kletterte es direkt auf Platz eins der US-Charts. In den sozialen Plattformen war sie da längst durch die Decke gegangen. 

Jung, musikalisch, kreativ

Ihren ersten Song veröffentlichte sie bereits im Herbst 2015 auf Soundcloud. Finneas O'Connor, Eilishs vier Jahre älterer Bruder, half der damals noch nicht ganz 14-Jährigen, "Ocean Eyes" - eine Liebesballade, in der es aber auch um brennende Städte und Napalmhimmel geht - im heimischen Schlafzimmer aufzunehmen.

Die beiden Kids stammen aus einer Künstlerfamilie und wurden mit viel Raum für Kreativität zu Hause unterrichtet. Eilish, die mit vollständigen Namen Billie Eilish Pirate Baird O’Connell heißt, schrieb schon mit 11 Jahren ihre ersten Songs. Außerdem fotografierte sie, drehte Videos und zeichnete - häufig auch ihre Alpträume. 

"Ocean Eyes" wurde ein Soundcloud-Hit und erregte die Aufmerksamkeit des Labels Interscope Records, die Eilish unter Vertrag nahmen. Auch Finneas wurde mit an Bord geholt und tritt seitdem bei all ihren Veröffentlichungen als Produzent und Co-Songwriter in Erscheinung. 2016 folgte dann das Video und der große Erfolg auf YouTube. Mit ihrem intensiven Clip - Billie schaut dem Betrachter fast die komplette Zeit direkt in die Augen, nur dünne Nebelschwaden verschleiern die Sicht - traf sie den Nerv ihrer Zeit, ihrer Generation.

Denn die hatte längst genug von den Hochglanz-Stars à la Beyoncé Knowles und feierte die am 18. Dezember 2001 geborene Eilish als eine Art Antistar - ohne Glamour und perfektes Styling. Dass sie damit auch schon wieder - wenngleich ungewollt - die Philosophie von Instagram bediente, sei mal dahin gestellt.

Billie Eilish sticht heraus aus dem Pop-Alternativ-Kosmos, oder wie auch immer man es nennen mag. Und das nicht nur wegen ihrer knallbunten Outfits. In ihrem Auftreten blitzt Verletzlichkeit durch, vielleicht auch die Verlorenheit ihrer Generation, die zwischen Smartphone und ständiger Erreichbarkeit nicht mehr gelernt hat, dass man sich auch verbindlich verabreden kann. Wer ihr in den Sozialen Netzwerken folgt, hat nicht den Eindruck, dass bewusstes Kalkül dahintersteckt. 

Lollapalooza Festival Berlin Sängerin Billie Eilish
Billie Eilish beim Lollapalooza Festival in BerlinBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

"When We All Fall Asleep..." - Und was kommt dann?

In ihren Songs thematisiert sie offen ihre Ängste, ihren Schmerz und ihre Selbstzweifel. "Don't say that I'm not your type. Just say that I'm not your preferred sexual orientation" ("Sag nicht, ich wäre nicht, Dein Typ. Sag lieber, ich entspreche nicht Deiner sexuellen Orientierung") heißt es etwa "Wish You Were Gay". Ihrer Fangemeinde bietet sie damit Identifikation, Perspektive und auch eine Alternative. Sie steht zu ihrer Krankheit, dem Tourette-Syndrom, und wird gerade deshalb respektiert. Irgendwie erreicht sie damit eben auch die Generation jenseits der 20. Selbst das sonst schon etwas konservativere Musikmagazin "Rolling Stone" nahm Eilishs Platte in die Top 10 ihres Jahresrückblick 2019 auf. 2020 sammelt sie weitere Erfolgstrophäen. Es geht alles so schnell, dass man sich etwas Sorgen macht, wie sie das durchhalten kann. 

Annabelle Steffes-Halmer | provisorisches Kommentarbild
Annabelle Steffes-Halmer Autorin, Redakteurin, Videojournalistin und Trainerin