Berlinale: Steven Spielberg erhält Ehrenbär
21. Februar 2023Eine Auszeichnung für das Lebenswerk "schickt einen zurück in die Vergangenheit, ob man will oder nicht. Es macht einen sehr nachdenklich", sagte Steven Spielberg am Dienstag in Berlin vor der Preisverleihung. "In Berlin geehrt zu werden, einem der erhabensten Festivals der Geschichte, ist ein riesiger Höhepunkt in meinem Leben."
Im Rahmen der Preisverleihung wird Spielbergs jüngster Film, das halb-autobiografische Drama "The Fabelmans", gezeigt. Außerdem präsentiert das Festival eine Retrospektive mit Meilensteinen wie "E.T.".
Spielberg: "Pandemie gab mir Mut, meine persönliche Geschichte zu erzählen"
"The Fabelmans", der für sieben Oscars nominiert ist, darunter als Bester Film, ist Spielbergs bisher persönlichstes Werk. Der Filmemacher wusste, dass er sich eines Tages mit der Scheidung seiner Eltern und den Auswirkungen auf sein frühes Leben auseinandersetzen würde, aber er gab zu, dass es einige Zeit dauerte, bis er den richtigen Zeitpunkt dafür fand. Seine Mutter habe vor ihrem Tod vor sechs Jahren immer gefragt: "Wann erzählst du uns das endlich? "Wann wirst du unsere Geschichte erzählen? Ich habe euch so viel Material gegeben! Wann werdet ihr dieses Material verwenden?", so der 76-jährige Regisseur in Berlin.
In der Frühphase der Corona-Pandemie begann er schließlich, über das Sterben und Altern nachzudenken. "In gewisser Weise gab mir die Angst, die ich vor der Pandemie empfand, den Mut, meine persönliche Geschichte zu erzählen."
Vom Amateurfilmer zum Blockbuster-Macher
Steven Allan Spielberg wurde am 18. Dezember 1946 in Cincinnati, Ohio, geboren. Während seiner Kindheit zog er mehrmals um. Einen Teil seiner Jugend verbrachte er in Arizona, wo er bei den Pfadfindern mitmachte. Weil er dort ein Abzeichen für Fotografie gewinnen wollte, lieh er er sich die 8-mm-Filmkamera seines Vaters und produzierte einen neunminütigen Film mit dem Titel "The Last Gunfight". Ein Amateurfilmer war geboren.
Auch durch sein Elternhaus wurde er entscheidend geprägt. Er wuchs in einer jüdisch-orthodoxen Familie mit Geschichten über den Holocaust auf. Auch einige seiner Vorfahren wurden von den Nazis umgebracht. In der Schule wurde er häufig für sein Jüdischsein gemobbt und fühlte sich lange nicht wohl mit seinen jüdischen Wurzeln. Er wandte sich vom Glauben ab. Jahrzehnte später verarbeitete er sein Jugendtrauma und führte Regie beim Holocaust-Film "Schindlers Liste", für den er seinen ersten Oscar als bester Regisseur erhielt.
Spielberg bezeichnete einmal den Film "Lawrence von Arabien" aus dem Jahr 1962 als den Film, "der mich auf meine Reise schickte". Seine Reise begann in den späten 1960er-Jahren, als er einer der jüngsten Fernsehregisseure bei Universal wurde. Sein erster Fernsehfilm mit dem Titel "Duell" von 1971 erhielt allgemein positive Kritiken.
1974 premierte Spielbergs erster Kinofilm, "The Sugarland Express", der auf einer wahren Geschichte basierte - ein Ehepaar ist auf der Flucht und versucht verzweifelt, das Sorgerecht für das gemeinsame Baby von den staatlich zugeteilten Pflegeeltern zurückzubekommen. Mit dem Film begann auch eine jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem berühmten Komponisten John Williams, der die Musik für fast alle Spielberg-Filme komponierte.
Meister der Emotionen
Seinen Durchbruch als Filmemacher hatte er aber mit einem mechanischen Hai, der manchmal nicht so richtig funktionierte. "Der Weiße Hai" von 1975 lockte die Massen an und spielte viel Geld ein - so viel, dass er damals alle Kassenrekorde brach.
Es war der allererste Sommer-Blockbuster. Der Anblick der Rückenflosse, die schnell durch das Wasser gleitet, unterlegt von John Williams' unheilvollem zweistimmigen "Hai-Thema", das die drohende Gefahr signalisiert, ist bis heute ein Gänsehautmoment.
Danach war Spielberg nicht mehr zu stoppen. Die Protagonistinnen und Protagonisten in seinen Filmen sind oft Kinder oder Erwachsene aus zerrütteten Mittelstandsfamilien, denen außergewöhnliche Dinge widerfahren. Das rief immer eine ganze Palette von Emotionen beim Publikum hervor.
Immer wieder Neues
Spielberg schürte unsere Urängste mit "Der Weiße Hai" oder "Krieg der Welten" (2005), weckte unser inneres Kind durch "E.T." (1982) und "Die Abenteuer von Tim und Struppi" (2011), ließ uns in "Unheimliche Begegnung der dritten Art" (1977) über Welten jenseits der unseren nachdenken, fesselte uns mit den Heldentaten seines berühmten Abenteurers Indiana Jones in "Jäger des verlorenen Schatzes" (1981) oder fieberte mit Journalisten mit, die in "Die Verlegerin" (2017) unbequeme Wahrheiten aufdeckten. Wir verfolgten gebannt, wie in "Jurassic Park" (1993) längst ausgestorbene Raubtiere wieder zum Leben erweckt wurden und auf der Erde umherstreiften, und waren entsetzt über die Gewalt des Krieges in "Der Soldat James Ryan" (1998), der ihm seinen zweiten Oscar für die beste Regie einbrachte.
Steven Spielberg hat bei mehr als 30 Filmen Regie geführt. Er hat so viel produziert und geschrieben, dass man den Eindruck hat, er habe einen Film zu jedem erdenklichen Genre gedreht. Mit seiner Produktionsfirma Amblin Entertainment, die er 1981 gründete, produzierte er Erfolgsfilme wie "Gremlins", die "Zurück in die Zukunft"-Trilogie, "Falsches Spiel mit Roger Rabbit", die "Men in Black"-Serie oder "Flags of Our Fathers".
Mit Dreamworks SKG, das er 1994 zusammen mit Jeffrey Katzenberg und David Geffen gründete, entstanden bahnbrechende Animationsfilme wie "Antz" (1998) und die erfolgreiche "Shrek"-Franchise. Im Jahr 2005 verkauften Spielberg, Geffen und Katzenberg ihr Unternehmen jedoch für 1,6 Milliarden Dollar an Viacom.
Spielberg wird nun auch in die Welt der Streaming-Dienste einsteigen. Seine Firma Amblin Partners hat im Juni 2021 einen Vertrag mit Netflix unterzeichnet. Es sollen mehrere Filme pro Jahr für den Streaming-Riesen produziert werden.
Alle Optionen offen, nur keine Rente
Action-Abenteuer, Sci-Fi-Fantasy, Horror, Historiendrama, Animation - Steven Spielberg hat Filme fast aller Genres produziert. Mit "West Side Story" (2021) sogar ein Musical.
Was wird sein nächstes Projekt als Filmemacher sein? "Ich weiß nicht, was ich als nächstes machen werde. Ich habe keine Ahnung", gab Spielberg auf der Pressekonferenz in Berlin zu. Nachdem er sehr viel Energie in die Regie von "West Side Story" und "The Fabelmans" gesteckt habe, habe er den nächsten Film noch nicht geplant.
"Es ist ein schönes und ein schreckliches Gefühl", sagte er und freute sich, wieder Zeit zu haben, um sein Leben "selbst in die Hand zu nehmen".
Das heißt aber nicht, dass sich Spielberg zur Ruhe setzen will. Er werde auf jeden Fall im Laufe des Jahres mit dem nächsten Projekt aufwarten: "Ich muss arbeiten und ich liebe es, zu arbeiten."
Dieser Artikel wurde anlässlich der Verleihung des Goldenen Ehrenbärs am 21.02.2023 aktualisiert.