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Politik

May strebt "harten" Brexit an

15. Januar 2017

Ausscheiden aus dem Binnenmarkt - ja oder nein? Kurz vor einer Grundsatzrede zum Brexit mehren sich die Zeichen, dass die britische Premierministerin Theresa May einen harten Schnitt mit der EU anstrebt.

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Belgien | EU-Gipfel | Theresa May
Bild: REUTERS/E. Vidal

In einem Punkt sind sich mehrere britische Zeitungen am Sonntag einig: Die britische Premierministerin Theresa May peilt im Verhältnis zur Europäischen Union einen "sauberen" Schnitt an. Die Brexit-Pläne der Regierungschefin sähen einen Ausstieg Großbritanniens aus dem EU-Binnenmarkt und aus der Zollunion sowie ein Verlassen des EU-Gerichts vor, berichteten mehrere Blätter.

Mays Pläne liefen auf einen so genannten "harten Brexit" hinaus - im Kern stünde also ein klarer Bruch mit dem gemeinsamen Markt. Dies würde es Großbritannien erlauben, auch die EU-Personenfreizügigkeit zu beenden und seine Einwanderungspolitik wieder vollständig alleine zu kontrollieren. Für viele Brexit-Befürworter war dies ein wichtiges Anliegen bei dem Referendum im Juni, bei dem 52 Prozent der Teilnehmer für einen Austritt aus der EU votiert hatten.

Doch eher "softer Brexit"?

Die Alternative, die in den vergangenen Monaten ebenfalls diskutiert wurde, wäre ein "softer Brexit". Dieser sieht vor, dass Großbritannien im Austausch für Zugeständnisse etwa bei der Freizügigkeit den Zugang zum Binnenmarkt behält. Die Zollunion muss Großbritannien verlassen, wenn es in der Lage sein will, bilaterale Freihandelsabkommen mit Drittstaaten wie Australien oder den USA abzuschließen. Das ist eines der erklärten Ziele der konservativen Regierung.

Der "Sunday Telegraph" zitierte einen Regierungsvertreter mit den Worten: "Sie will es voll durchziehen. Die Leute werden wissen: Als sie sagte, 'Brexit heißt Brexit', meinte sie genau dieses." Die "Sunday Times" schrieb, May werde einen "sauberen und harten Brexit" ankündigen.

Ein Regierungssprecher bezeichnete die Berichte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur als "Spekulationen". Der "Telegraph" beruft sich jedoch auf "zahlreiche Regierungsquellen" und zitiert teilweise ganze, wenn auch unspektakuläre, Absätze aus dem angeblichen Redemanuskript.

"Mehr als warme Worte"

May will ihre Vorstellungen am Dienstag in einer Rede darlegen. Es werde "mehr als warme Worte" geben, sagte ein Sprecher des Brexit-Ministeriums der Deutschen Presse-Agentur. Glaubt man den Zeitungsberichten, dann wird die Premierministerin auch dazu aufrufen, die Spaltung des Landes in Gegner und Befürworter des EU-Ausstiegs zu überwinden. Sollte sich May aber tatsächlich für einen "harten Brexit" aussprechen, dürfte das die Brexit-Gegner weiter verärgern.

Ende März will May in Brüssel offiziell das Austrittsgesuch Großbritanniens einreichen, es bleiben dann zwei Jahre für die Austrittsverhandlungen. Bislang hatte May offengelassen, welche präzisen Ziele sie in den Verhandlungen anstrebt.

Ausschuss fordert Klarheit

Die Zeitungsberichte dürften wohl nicht zufällig am Sonntag publiziert worden sein. Denn erst am Samstag hatte der Brexit-Ausschuss des britischen Parlaments May aufgerufen, bis Mitte Februar einen detaillierten Plan für die Austrittsverhandlungen vorzulegen. Die Abgeordneten fordern, dass die Regierung "Position zur Mitgliedschaft im europäischen Binnenmarkt und in der Zollunion bezieht". Sie pochen zudem auf eine Abstimmung im Parlament am Ende der zweijährigen Austrittsverhandlungen. In dem Ausschuss sitzen Vertreter aller Parteien, darunter prominente Brexit-Befürworter.

Der Brexit macht sich im Alltag der Briten bemerkbar

Die Regierung wies die Forderung nach einem Brexit-Plan für Mitte Februar umgehend zurück. Sie werde ihre Pläne erst Ende März vorlegen, hieß es in einer Stellungnahme der Regierung. Dann würde allerdings kaum Zeit für eine ausführliche Parlamentsdebatte bleiben.

Weiter unklar ist, ob die Regierung für die Austrittsverhandlungen die Zustimmung des Parlaments benötigt. Diese heikle Streitfrage muss das höchste britische Gericht entscheiden. Mit einem Urteil wird noch in diesem Monat gerechnet. Sollte es zugunsten des Parlaments ausfallen, könnten die Abgeordneten die Austrittserklärung theoretisch verzögern. Das gilt aber als unwahrscheinlich. Fraglich ist aber, ob sich die Parlamentarier einfach damit zufrieden geben werden, die Brexit-Pläne der Regierung nur knapp vor dem Beginn der Verhandlungen zu billigen.

kle/sti (afp, dpa)