"Film ohne Grenzen" beim Festival in Bad Saarow
29. August 2019"In unserem ganz und gar nicht verflixten siebten Festivaljahr wollen wir mit unseren Besuchern das Hindernisse und Grenzen überwindende WIR feiern", so das Credo der Festivalmacherinnen Susanne Suermondt und Tanya Berndsen. "Obwohl es vielen Menschen wirtschaftlich so gut geht wie nie, fühlen sie sich immer öfter 'arm': arm an Bindungen, an Zugehörigkeit, an Gemeinschaft. Wir wollen zusammen mit Filmemachern und Besuchern überlegen: Wo ist das WIR in unserer Gesellschaft geblieben?", erläutert Suermondt das Festivalmotto.
Auf der Suche nach dem "Wir"
Eine Frage, die auch die Protagonisten im sorgfältig ausgesuchten Programm von "Film ohne Grenzen" umtreibt. Gibt es noch ein "Wir", fragt sich die Kubanerin Mariella in dem preisgekrönten britischen Dokumentarfilm "Voices of the Sea", wo doch immer mehr Nachbarn und Freunde die Flucht übers Meer in die USA wagen? Ein Versuch, der ihren ersten Mann das Leben kostete und sie doch nicht davon abhält, von einem besseren Leben fern der Heimat zu träumen.Und wie viel Wir-Gefühl gibt es noch in einer Gesellschaft, in der es den einen gut geht und die anderen am Existenzminimum leben? Das ist Thema der Doku-Fiktion "Scheme Birds" über die junge Schottin Gemma, die voller Zuversicht gegen Hoffnungslosigkeit und Gewalt aufbegehrt.
Zur Eröffnung werden passend zum 100. Bauhaus-Jubiläum zwei Folgen der TV-Staffel "Die neue Zeit" gezeigt. Wie viel "Wir" gab es in der Anfangszeit der neuen Schule von Walter Gropuis, wo immer wieder unterschiedliche Kunstauffassungen aufeinanderprallten?
Die Dokumentarfilmreihe "24h Europe - The Next Generation" bringt das "Wir" schließlich grenzüberschreitend auf den Punkt: 60 junge Protagonisten aus 26 europäischen Ländern erzählen darin von ihrem Alltag und ihren Zukunftsträumen und spiegeln so die Vielfältigkeit, aber auch die Gemeinsamkeiten der Nationen wider.
Feste Größe im Brandenburger Festivalbetrieb
Seit 2013 stehen beim brandenburgischen Filmfestival Bad Saarow Dokumentar-, Spiel- und Kurzfilme auf dem Programm, die die großen Fragen unserer Zeit behandeln: "Themen sind in unseren Filmen Menschenrechte, Menschenwürde, Humanität", so Festivalchefin Suermondt. Vielleicht auch ein Grund dafür, dass das 60 Kilometer von der Großstadt Berlin entfernt gelegene Festival am Ufer des idyllischen Scharmützelsees so viele Besucher anzieht und längst zur festen Größe im Brandenburger Festivalbetrieb geworden ist. "Ein Ort, dem es an Schönheit nicht mangelt und ein Programm, dem es an Sinn nicht fehlt", lobte der Drehbuchautor und Regisseur Wolfgang Kohlhaase das Filmfest und Regisseur Volker Schlöndorff ergänzte: "Der lebendigste Austausch, den man sich wünschen kann!" - denn schließlich werden hier nicht nur Filme geschaut, sondern es wird auch eifrig über das Gesehene diskutiert.
In diesem Jahr ist erstmals die mehrfach ausgezeichnete Filmemacherin Margarethe von Trotta als Ehrengast mit von der Partie. In ihren Filmen widmet sie sich mit Vorliebe starken Frauen und porträtierte u.a. Hannah Arendt, Hildegard von Bingen und Rosa Luxemburg. In Bad Saarow wird ihr Drama "Die bleierne Zeit" aus dem Jahr 1981 gezeigt: Es erzählt von zwei Schwestern. die sich zwischen linkem RAF-Terror und bürgerlichem Widerstand für ihren Weg entscheiden. Ebenso im Programm zu sehen, ist der Dokumentarfilm "Sympathisanten - Unser Deutscher Herbst" ihres Sohnes Felix Moeller aus dem Jahr 2018. Er zeigt Trottas persönliche Sicht als Zeitzeugin auf die politisch hochexplosiven 1970er Jahre der Bundesrepublik, als die linksextremistische Rote Armee Fraktion das Land in Atem hielt.
Das Festival "Film ohne Grenzen" Bad Saarow findet vom 29. August bis zum 1. September 2019 statt. Die Deutsche Welle ist Medienpartner.