Baerbock verlangt Untersuchung der Gewalt
24. November 2022Der Iran verstoße gegen die Rechte seiner Bürger auf freie Meinungsäußerung und Versammlung, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im UN-Menschenrechtsrat in Genf. Die Verantwortlichen für die Gewalt gegen friedlich demonstrierende Frauen, Männer und Kinder müssten zur Verantwortung gezogen werden. Dazu brauche es einen unabhängigen Mechanismus. Ermittlungen könnten dazu beitragen, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Das islamische Regime reagiere mit Festnahmen, Tötungen und Hinrichtungen auf die Proteste, kritisierte Baerbock in der Sondersitzung des Rates. Teheran verletze damit grundlegende Menschenrechte. Deutschland und Island hatten die Sondersitzung beantragt.
UN-Menschenrechtskommissar zeichnet düsteres Bild der Lage
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, verlangte von den iranischen Machthabern, die "unnötige und unverhältnismäßige Anwendung von Gewalt" zu beenden. Er sprach von einer ausgewachsenen Menschenrechtskrise. Zuverlässigen Quellen zufolge seien seit Beginn der Proteste Mitte September mehr als 300 Menschen getötet worden, darunter mindestens 40 Kinder. Verletzte Demonstranten ließen sich nicht medizinisch behandeln aus Angst vor einer Verhaftung.
Nach Angaben des österreichischen Juristen Türk sind bislang etwa 14.000 Menschen in Zusammenhang mit den Protesten verhaftet worden, darunter auch Kinder. Der Hochkommissar zeigte sich beunruhigt über Berichte, wonach Kinder, die im Verdacht stünden an den Protesten teilgenommen zu haben, in der Schule festgenommen worden seien.
Am Ende des Tages verabschiedete der UN-Menschenrechtsrat eine Resolution gegen den Iran, mit der das gewaltsame Vorgehen der Führung in Teheran gegen die Protestbewegung unabhängig untersucht werden soll. Für den Antrag Deutschlands und Islands stimmten 25 der insgesamt 47 Mitgliedsstaaten, sechs votierten dagegen, 16 enthielten sich.
Die iranische Vertreterin im UN-Menschenrechtsrat, Khadijeh Karimi, hatte zuvor schon den Entwurf für den Beschluss als "ungeheuerlich und schändlich" zurückgewiesen. Sie warf Deutschland und anderen westlichen Staaten vor, eine Kampagne gegen ihr Land zu führen. Die Gegner Irans wollten die Islamische Republik destabilisieren, sagte sie.
Entzündet haben sich die seit Wochen unvermindert andauernden Proteste im Iran am Tod der jungen Kurdin Jina Mahsa Amini. Die 22-Jährige war am 16. September in Teheran in einem Krankenhaus für tot erklärt worden, nachdem die sogenannte Sittenpolizei sie einige Tage zuvor festgenommen hatte, weil sie unangemessen gekleidet gewesen sein soll. Inzwischen haben sich die Proteste zur größten Herausforderungen für die geistliche Führung seit 1979 ausgewachsen.
qu/sti (dpa, epd, rtr)