Börsen zittern weltweit
21. August 2015Die Börsenwoche in Deutschland endete unbefriedigend: Erneut schlechte Nachrichten zur chinesischen Wirtschaft, eine schwache Wall Street und ein erstarkter Euro haben den Dax auch am Freitag belastet. Positive Konjunkturdaten aus Europa konnten den deutschen Leitindex nicht nachhaltig stützen. Der Dax beendete den Handel nach den verlustreichen Vortagen mit einem Minus von 2,95 Prozent auf 10124,52 Punkte. Auf Wochensicht büßte er damit 7,83 Prozent ein. Das ist der größte Wochenverlust seit vier Jahren.
In der Nacht zum Freitag war bekannt geworden, dass die Stimmung chinesischer Unternehmer auf den tiefsten Stand seit März 2009 gefallen ist. Da die Sorgen um China als ein entscheidender Hemmschuh einer baldigen Zinswende in den USA gelten, wurde der Dollar geschwächt und der Euro im Gegenzug gestärkt.
Die Gemeinschaftswährung stieg am Freitag erstmals seit Mitte Juni über die Marke von 1,13 US-Dollar. Eine stärkere Gemeinschaftswährung verteuere die deutschen Exporte und belaste damit den Dax, sagt Baader-Bank-Analyst Robert Halver.
Der Blick nach Athen trägt nicht zur Beruhigung bei
Auch die anderen deutschen Börsenindizes legten am letzten Handelstag der Woche den Rückwärtsgang ein: Der MDax der mittelgroßen Werte fiel am Freitag um 2,72 Prozent auf 19 341,98 Punkte und der Technologiewerte-Index TecDax büßte 3,62 Prozent auf 1624,60 Punkte ein.
Für Unruhe unter den Anlegern sorgt auch das Dauerbrenner-Thema Griechenland. Expertin Jennifer McKeown vom Analysehaus Capital Economics zufolge verdeutlichen die im September anstehenden Neuwahlen die Risiken für eine Umsetzung der Reform- und Sparmaßnahmen, zu denen sich Griechenland im Gegenzug für weitere Milliardenhilfen verpflichtet hat.
Auch die Wall Street zeigt sich beeindruckt
In den USA herrschte heute das gleiche Bild: Die enttäuschenden Konjunkturdaten aus China haben auch den US-Anlegern die Laune gründlich vermiest. Die Anzeichen für eine deutliche Abkühlung der chinesischen Wirtschaft hatten sich zuletzt gemehrt. Die Daten aus Peking vom Freitag zeigten schließlich, dass die Geschäfte der Industrie im August so stark geschrumpft sind wie seit sechseinhalb Jahren nicht mehr.
"Die Zahl reiht sich ein in eine lange Kette von Enttäuschungen, die uns in den vergangenen Wochen aus dem Land erreicht haben, das noch vor wenigen Monaten als der große Hoffnungsträger für die weltkonjunkturelle Entwicklung galt", erklärten die Analysten der Metzler Bank.
Druck auf Öl und Autos
Der Dow-Jones-Index gab bis zum Mittag 2,2 Prozent auf 16.615 Punkte nach. Der breiter gefasste S&P-500 brach ebenfalls 2,2 Prozent auf 1991 Zähler ein. Damit fiel das Marktbarometer erstmals seit dem 2. Februar unter die psychologisch wichtige Marke von 2000 Punkten. Die Technologiebörse Nasdaq fiel sogar 2,4 Prozent auf 4760 Punkte.
Die Probleme in China drückten zudem auch wieder kräftig auf die Ölpreise. Ein Barrel (159 Liter) der US-Ölsorte WTI war mit 40,11 Dollar so günstig wie zuletzt vor sechseinhalb Jahren.
An den Börsen herrscht zudem die Befürchtung, dass sich der Wachstumsrückgang in der Volksrepublik als langfristiger Trend herausstellen könnte. Das dürfte vor allem exportorientierte Industriezweige wie die Autobauer treffen. Anteilsscheine von General Motors ließen 3,5 Prozent Federn, Ford -Papiere fielen 2,8 Prozent.
"Psychologisch wichtige Marke im Visier"
Mehrere belastende Faktoren - von Asien bis zu einer möglichen Zinswende in den USA - dürften auch in der neuen Börsenwoche für eine angespannte Stimmung sorgen. Experten stellen sich auf einen stark schwankenden Dax ein. Nach den Verlusten der abgelaufenen Woche rücke beim deutschen Leitindex "die psychologisch wichtige Marke von 10 000 Punkten ins Visier der Anleger", schrieb Expertin Claudia Windt von der Helaba.
Robert Halver, Chefanalyst der Baader Bank, geht davon aus, dass der Dax mit Gegenbewegungen versuchen wird, sich gegen weitere Verluste zu stemmen und daher eher schwankungsfreudig entwickeln wird.
Keine rosigen Aussichten
Insgesamt dürfte die kommende Woche unter schlechten Sternen stehen. Wegen der Ferienzeit seien die Wochen um August und September für die Börse ohnehin schwierig, sagte Halver. Im Sommerloch wird weniger gehandelt und bei einem schwachen Volumen können die Börsen von vergleichsweise wenigen Marktteilnehmern stark bewegt werden.
Zu dem saisonalen Effekt gesellen sich nun Sorgen um die Weltkonjunktur und Unklarheiten zum Zeitpunkt der Zinswende in den USA. Auch die sich eintrübende Verbraucherstimmung in Deutschland wird dem Dax nicht auf die Beine helfen.
Politische Unsicherheiten aus Griechenland seien in dem Zusammenhang zwar nicht der wichtigste Punkt, erläutert Halver. Allerdings bestünden nun wegen der Neuwahlen Ängste, dass der zurückgetretene Ministerpräsident Alexis Tsipras am 20. September mit einer absoluten Mehrheit wiedergewählt werde und danach den Reformprozess verlangsame.
Auch die Entwicklung des Eurokurses gegenüber dem US-Dollar dürfte den Dax bewegen. Die Anleger dürften daher auf die Vorgaben der asiatischen Märkte sowie Konjunkturdaten aus Europa und den USA sensibel reagieren - und dafür gibt es in der kommenden Börsenwoche ausreichend Gelegenheit: Am Dienstag veröffentlicht das Münchener Ifo-Institut seinen Geschäftsklimaindex für August und damit den wohl prominentesten Stimmungsindikator für die deutsche Volkswirtschaft.
dk/wen (dpa/rtr)