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Azidose durch Paracetamol: Keine "neue" Nebenwirkung

9. Dezember 2024

Medienberichte über eine vermeintlich neue Nebenwirkung bei Paracetamol sind irreführend. Die Azidose ist bekannt, aber selten. Trotzdem gilt: Auch rezeptfreie Schmerzmittel wie Paracetamol sind keine Kaugummis.

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Symbolbild | Kopfschmerzen | Migräne
Die meisten Schmerzmittel sind wirksam und sicher. Nebenwirkungen sind eher selten und harmlos. Bild: Yuri Arcurs/Imago Imges

Bei Paracetamol ist das mögliche, aber äußerst seltene Auftreten einer metabolischen Azidose (HAGMA) längst in den Gebrauchshinweisen erwähnt. Alle Hersteller von paracetamolhaltigen Arzneimitteln müssen künftig allerdings auf ihren Beipackzetteln deutlicher auf das HAGMA-Risiko hinweisen. Und darauf, dass die Häufigkeit dieser Nebenwirkung "nicht bekannt" ist.

So hatte es Ende Oktober 2024 das zur Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) gehörende Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC)beschlossen und so wurde es auch zum Beispiel vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte kommuniziert.

Was ist eine metabolische Azidose?

Eine metabolische Azidose mit vergrößerter Anionenlücke (HAGMA) ist eine seltene, aber potenziell lebensgefährliche Übersäuerung des Körpers. Für den Körper ist es wichtig, dass das Blut einen stabilen pH-Wert zwischen 7,36 und 7,44 hat. Der pH-Wert ist ein Maß für den Säuregehalt einer Lösung.

Wenn der Stoffwechsel gestört ist und der Säure-Basen-Haushalt im Körper durcheinander gerät, kann das Blut zu sauer werden. Eine sogenannte Anionenlücke entsteht, wenn der Blut-pH-Wert unter 7,35 sinkt. 

Bei einer Azidose wird die Atmung schwer, Betroffene hyperventilieren. Von Hyperventilation sprechen Mediziner, wenn jemand übermäßig schnell und tief atmet. Typische Symptome sind zudem Verwirrtheit, Schwäche und Bewusstlosigkeit.

Was hat Paracetamol mit einer metabolischen Azidose zu tun?

Eine Paracetamol-Überdosierung kann bei Menschen mit einem gestörten Stoffwechsel zur Übersäuerung des Blutes führen. Das passiert allerdings nur sehr selten. Ein erhöhtes Risiko haben Menschen mit einer schweren Nierenfunktionsstörung und Sepsis.

Wird eine HAGMA rechtzeitig erkannt, muss Paracetamol sofort abgesetzt werden. Bei wirklich schweren Azidosen wird der Ph-Wert des Blutes durch bestimmte Puffersubstanzen wieder ins Gleichgewicht gebracht.

Hat Paracetamol noch andere Nebenwirkungen? 

Bei verantwortungsvoller Anwendung ist Paracetamol ein wirksames und sicheres Medikament zur Schmerzlinderung und Fiebersenkung.

Obwohl Paracetamol den Magen weniger als Ibuprofen oder ASS (Acetylsalicylsäure) belastet, kann auch Paracetamol in seltenen Fällen Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen verursachen.

Eine andere bekannte, aber ebenfalls sehr seltene Nebenwirkung von Paracetamol sind allergische Reaktionen wie Juckreiz, Hautausschläge oder Schwellungen.

Schmerzmittel - gefährliche Nebenwirkungen

Kann Paracetamol schwere Erkrankungen auslösen?

Patienten unterschätzen häufig die auch mit rezeptfreien Medikamenten verbundenen Risiken. Nur weil Paracetamol und andere Schmerzmittel in manchen Ländern an der Supermarktkasse neben den Kaugummis verkauft werden, ist ein unkontrollierter Konsum trotzdem nicht unbedenklich.

Bei einer Überdosierung, insbesondere in Kombination mit Alkoholkonsum oder bestehenden Lebererkrankungen, kann die Leber erheblich geschädigt werden.

Die Leber zerlegt Paracetamol in seine Bestandteile, die der Körper dann ausscheidet. Wird der Wirkstoff zu hoch dosiert oder zu lang einkommen, ist die Leber damit überfordert. Sie kann den giftigen Zwischenstoff N-Acetyl-p-Benzochinonimin (NAPQI) nicht abbauen. Dieser kann Leberzellen schädigen und in schweren Fällen zu akutem Leberversagen führen.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund