Grammer wird chinesisch
9. August 2018Der Autozulieferer Jifeng halte nach Ablauf seines Übernahmeangebots an die Grammer-Aktionäre jetzt 74 Prozent der Anteile, teilte das Unternehmen mit.
Die bosnische Investorenfamilie Hastor, mit der Vorstand, Arbeitnehmer und Kunden von Grammer über Kreuz lagen, ist nicht mehr an Bord. Gewerkschafter und Investmenbanker reagierten erfreut.
Der Ausstieg der Hastors sei positiv, sagte Horst Ott, Gewerkschaftsvertreter und stellvertretender Chef des Aufsichtsrats von Grammer. Mit Jifeng komme Grammer jetzt in ruhigeres Fahrwasser.
Jifeng hat vertraglich zugesichert, dass Grammer selbstständig und börsennotiert bleibt, und alle Standorte für fünf Jahre und alle Arbeitsplätze für siebeneinhalb Jahre garantiert.
Die Aktie von Grammer legte am Donnerstag leicht zu. Alle Kartellbehörden haben der Übernahme bereits zugestimmt, wie Jifeng mitteilte. Jifeng-Vorstandschef Yiping Wang forderte die verbliebenen Grammer-Aktionäre auf, ihre Anteile in der laufenden zweiwöchigen Nachfrist ebenfalls noch einzureichen.
Jifeng als Retter
Die Unternehmerfamilie Hastor war Anfang 2016 bei Grammer eingestiegen und hatte versucht, Vorstand und Aufsichtsrat neu zu besetzen. Das scheiterte aber am Widerstand der anderen Aktionäre, der Arbeitnehmer und der Politik.
Auch mit den beiden wichtigsten Grammer-Kunden, VW und Daimler, hatten die Hastors Streit. Hastor-Zulieferfirmen hatten 2016 die VW-Bänder in Wolfsburg und Emden vorübergehend stillgelegt.
Der Grammer-Vorstand hatte Jifeng zu Hilfe geholt, um die Hastors abzuwimmeln. Die Chinesen waren zunächst mit 25 Prozent bei Grammer eingestiegen, legten aber Ende Mai ein Kaufangebot für das ganze Unternehmen vor und gaben weitreichende Garantien.
Hastor hatte die Offerte zunächst als zu niedrig bezeichnet und liebäugelte selbst damit, seinen Anteil aufzustocken. Doch am Mittwoch teilte die Hastor-Investmentgesellschaft Cascade mit, ihre Anteilspaket von rund 19 Prozent an Grammer fast vollständig zu verkaufen. Damit dürfte der aktivistische Aktionär rund 70 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet haben.
Keine Einwände der Politik
Grammer beschäftigt 15.000 Mitarbeiter, davon 2000 am Hauptsitz Amberg. Das Unternehmen stellt Mittelkonsolen und Kopfstützen für Autos her sowie Sitze für Baumaschinen und Traktoren. An der Börse ist Grammer rund 770 Millionen Euro wert.
Von der Politik gab es keine Bedenken gegen die Übernahme durch ein chinesisches Unternehmen. Die Bundesregierung hatte kürzlich den Einstieg eines chinesischen Staatskonzerns beim deutschen Stromnetzbetreiber 50 Hertz verhindert und ist gerade dabei, die Hürden für Übernahmeversuche in sensiblen Bereichen zu erhöhen.
Die Volksrepublik will in 30 Jahren in sämtlichen wichtigen Industriesparten führend sein. Dazu kaufen chinesische Investoren auch europäische Technologiefirmen. Schlagzeilen machten der Einstieg bei Daimler und die Übernahme des Roboterbauers Kuka.
nm/bea (rtr, afp, dpa)