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Chinas Strategie - auch bei Firmenkäufen

22. Mai 2018

Chinesische Investitionen in deutsche Firmen mögen den Unternehmen durchaus helfen. Auffallend ist aber, dass viele Übernahmen zur Industriestrategie Pekings passen. Das zeigt eine Studie der Bertelsmann Stiftung.

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Deutschland KUKA Robotics
Bild: picture alliance/dpa/Z. Jinqiao

Es sind Schlüsselbranchen, die für den industriellen Fortschritt besonders wichtig sind, und sie haben es den Kapitalgebern aus China besonders angetan: Autos mit alternativen Antrieben und solche, die wenig Energie brauchen. Außerdem Energiesysteme, Biomedizin und Medizingeräte sowie Roboter zur Steuerung von Maschinen.

175 chinesische Beteiligungen an deutschen Firmen wurden für die Studie untersucht, und fast zwei Drittel davon passten zu diesen Schlüsselbranchen. Diese Branchen gehören zur industriepolitischen Strategie "Made in China 2025" - im Jahr 2015 von der Regierung in Peking verkündet und seither zügig verfolgt und umgesetzt.

Insgesamt sind es zehn Schlüsselindustrien, die die Regierung seinerzeit als zentrale Bausteine für das Ziel ausmachte, China zu einem weltweit führenden Industriestandort zu machen - Werkbank der Welt, das war gestern, Weltmarktführer für Zukunftsbranchen, das ist jetzt das Ziel.

China Auto Shanghai 2017 | Geely MPV
Übernahme-Branche Auto: Der chinesische Hersteller Geely (hier auf der Automesse in Shanghai) stieg bei Daimler ein.Bild: picture alliance/AP Photo/Ng Han Guan

Autos, Roboter, Medizintechnik

Der Untersuchungszeitraum der Studie  liegt zwischen 2014 und 2017. In 112 Fällen kauften die Chinesen Anteile in den besagten zehn Schlüsselindustrien. Davon lagen 21 Prozent im Bereich energiesparender Autos und alternativer Antriebe, 19 Prozent im Bereich Energiesysteme, 15 Prozent bei Herstellern von Robotern - beispielsweise der deutsche Konzern Kuka. Das sind laut der Bertelsmann-Stiftung Bereiche, in denen die Chinesen auch vor 2015 gerne einkauften.

Infografik Chinesische Beteiligungen an deutschen Firmen nach Branche DE

Auffällig seien die 18 Beteiligungen im Bereich Biomedizin und Medizingeräte: Dieser Bereich spielte vor Verkündigung der Strategie keine Rolle. Er wird allerdings ausdrücklich in der Industriestrategie der Regierung genannt. Dabei ist es offensichtlich unerheblich, ob es sich um staatliche Unternehmen handelt oder nicht. Auch chinesische Firmen in Privatbesitz folgen offenbar der Regierungsstrategie: Von den 175 untersuchten Firmenbeteiligungen gehen nur 18 Prozent auf staatliche Unternehmen zurück. Zwei Drittel der Beteiligungen gingen von privaten Akteuren aus - wobei laut Studie undurchsichtig ist, inwieweit diese privaten Investoren nicht doch mit der Kommunistischen Partei Chinas verflochten sind.

"Nicht auf Augenhöhe"

Gleichzeitig handelten China und Europa aber nicht auf Augenhöhe, weil China seine eigenen Schlüsselindustrien auch 17 Jahre nach Beitritt der Landes zur Welthandelsorganisation vor ausländischen Investoren schütze, so die Bertelsmann-Studie. "Ein mit Kuka vergleichbarer chinesischer Roboterhersteller würde nicht unter ausländische Kontrolle geraten", schrieb Cora Jungbluth, verantwortliche Autorin der Studie.

Deutschland Augsburg Kuka wird vom chinesischen Midea Konzern übernommen
Übernahme-Branche Industrieroboter: Die deutsche Firma Kuka wurde 2016 vom chinesischen Midea Konzern gekauftBild: picture-alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

"Weder Deutschland noch die EU haben der industriepolitischen Strategie Chinas momentan etwas entgegenzusetzen", so die Autorin weiter. Ihre Empfehlung: Wenn staatlicher Einfluss den Wettbewerb verzerre oder eine Ungleichbehandlung von Unternehmen erfolge, sollten die Europäer mit einer Stimme intervenieren. Ein wichtiger Schritt für faireren Wettbewerb sei der Abschluss eines bilateralen Investitionsabkommens zwischen der EU und China, das bereits seit 2014 verhandelt wird.

Infografik Eigentumsform chinesischer Beteiligungen in Deutschland DE

Für Deutschland schlägt Jungbluth zudem vor, dass die Regierung künftig bei sicherheitsrelevanten Sektoren mit einem Prüfverfahren schon eingreifen kann, wenn es um Firmenanteile von zehn Prozent geht, statt wie aktuell ab 25 Prozent.

Allerdings dürfe das Kapital aus China auch nicht verteufelt werden, heißt es in der Studie. "Gegenwärtig dominiert die Angst vor dem technologischen Ausverkauf. Doch ausländische Direktinvestitionen bringen auch Kapital nach Deutschland und schaffen Arbeitsplätze", so Jungbluth. Chinesische Investoren hätten bisher ein langfristiges Interesse an ihren Beteiligungen gezeigt.

ar/bea (afp, dpa - Bertelsmann Stiftung)