Autobauer einigen sich bei der E-Mobilität
21. März 2019Es geht um wichtige Weichenstellungen für die Zukunft, Milliardeninvestitionen und eine gemeinsame Strategie für die deutschen Autobauer. Die VW-Forderung nach einem radikalen Wechsel zur batteriebetriebenen Elektromobilität hat die deutsche Autoindustrie gespalten. Im Kern geht es darum, ob sich die Förderung - wie es VW-Chef Herbert Diess vorschwebt - künftig ausschließlich auf Batteriefahrzeuge konzentrieren soll. Am Mittwochabend einigten sich Diess, BMW-Chef Harald Krüger und Daimler-Boss Dieter Zetsche im Gespräch mit dem Präsidenten des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, auf batterieelektrische Autos und Hybride als "Gebot der Stunde", wie die Deutsche Presse-Agentur aus VW-Kreisen erfuhr. Darüber hinaus müsse die Infrastruktur zum Aufladen von E-Autos ausgebaut werden, hieß es.
BMW will auch Wasserstoff-PKW entwickeln
BMW-Chef Harald Krüger hatte der Forderung von Diess zuvor entschieden widersprochen. Krüger betonte: "Wo ich ganz klar anderer Meinung bin, ist Technologieoffenheit." VW-Chef Diess dagegen will Subventionen vor allem auf kleine vollelektrische Autos konzentrieren und sagte: "Technologieoffenheit ist jetzt die falsche Parole."
Was bedeutet das? Neben batterieelektrischen Autos gibt es weitere denkbare Antriebsvarianten - etwa die wasserstoffbetriebene Brennstoffzelle, Hybride oder synthetische Kraftstoffe. Diess dagegen will alles auf eine Karte, nämlich Batterien, setzen.
Das sieht BMW-Chef Krüger anders: Die Entwicklung in verschiedenen Teilen der Welt sei unterschiedlich. Und in einigen Ländern sei Wasserstoff eine Alternative zum Batterieauto. Daraus ergebe sich Diskussionsbedarf, sagte er. Krüger schloss nicht aus, dass die Politik in einem wichtigen Land die Hersteller dazu verpflichten könnte, Brennstoffzellen-Autos anzubieten und sie andernfalls überhaupt keine Autos mehr dort verkaufen dürften. Deshalb sei Technologieoffenheit wichtig.
VW-Manager: Bis 2024 fallen bis zu 7000 Stellen weg
In der erzielten Einigung gehen die Autobosse nun davon aus, dass mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenautos in den nächsten etwa zehn Jahren nicht marktreif sein würden. Ein VDA-Sprecher sagte, es habe "ein kurzes, sehr konstruktives und gutes Gespräch" gegeben. Die Details würden zeitnah bekanntgegeben. Zur Debatte über den VDA und Spekulationen über einen Austritt von VW aus dem Verband sagte der BMW-Chef zuvor: "Wir stehen zum VDA."
Diess hatte den Konflikt mit einem Strategiepapier ausgelöst, das in der Branche und auch in der Politik heftig umstritten ist. Kritiker monieren, die Vorschläge seien zu sehr auf Volkswagen gemünzt. Das Bundeskanzleramt hat dem Vernehmen nach eine Prüfung der Vorschläge zugesagt und will sich mit Blick auf eine erste Spitzenrunde zur Zukunft der Mobilität bei Bundeskanzlerin Angela Merkel im April äußern.
Auch vor rund 20.000 Beschäftigten auf der Betriebsversammlung in Wolfsburg betonte Diess: "Die Elektromobilität ist der richtige Weg." Aber: Ein E-Auto erfordere etwa 30 Prozent weniger Arbeit als ein Verbrenner. "Es wird schwer, das nur mit Fluktuation und Altersteilzeit zu bewältigen", warnte er. Die Digitalisierung werde Arbeitsplätze kosten, moderne IT erlaube es, viele Routinearbeiten und Prozesse etwa in der Verwaltung zu automatisieren. Zuvor hatte der bei der Kernmarke VW Pkw fürs Tagesgeschäft zuständige Manager Ralf Brandstätter angekündigt, dass in den nächsten fünf Jahren zusätzlich 5000 bis 7000 Stellen wegfallen sollen.
Das brachte den mächtigen VW-Betriebsratsboss Bernd Osterloh auf die Palme. Der Zahl fehle jede Grundlage, sagte er auf der Versammlung. Zwar sei der Betriebsrat bereit, Wege zu verhandeln, die Beschäftigungssicherung und Wirtschaftlichkeit gleichrangig behandelten. Aber erst müsse der Vorstand seine Hausaufgaben machen. "Bevor all diese Fragen nicht beantwortet und mit klaren Vereinbarungen versehen sind, wie wir diese Fehler beheben, werden hier keinerlei Gespräche zu weiteren Effizienzsteigerungen stattfinden." Nach Einschätzung aus VW-Kreisen darf dies als gelbe Karte für Diess gelten.
Einzelhändler wollen Ladesäulen aufbauen
Zuvor forderten die deutschen Einzelhändler eine wirksamere und weniger bürokratische Förderung von Ladesäulen für E-Fahrzeuge. Die Einzelhändler sehen in ihren Standorten großes Potenzial für den Ausbau der Ladeinfrastruktur: Allein der Lebensmitteleinzelhandel habe mit seinen 38.000 Standorten rund 1,9 Millionen Stellplätze, die prinzipiell ausgerüstet werden könnten.
nob/mak (dpa, afp)