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WM-Qualifikation: Auswärts und doch daheim

Alima Hotakie
25. November 2021

Miray Cin und Büsra Kuru werden im WM-Qualifikationsspiel am Freitag gegen das DFB-Team auflaufen. Dabei sind beide in Deutschland geboren und ausgebildet. Mit der Türkei hoffen sie auf eine Überraschung.

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Miray Cin (l.) im WM-Qualifikationsspiel gegen Bulgarien in Aktion
Die türkische Nationalspielerin Miray Cin (l.) im WM-Qualifikationsspiel gegen BulgarienBild: Mehmet Murat Onel/AA/picture alliance

Miray Cins Herz ist gespalten: Eine Hälfte schlägt für Deutschland, die andere für die Türkei. Im Fußball muss man sich aber für eine Seite entscheiden. Die Mittelfeldspielerin hat in der U15 und U17 Deutschland vertreten. Doch eine Verletzung entschied über ihr nationales Fußballschicksal im Erwachsenenalter. "Ich habe mich verletzt und wurde danach nicht mehr nominiert", sagte sie der DW. "Der türkische Fußballverband rief weiter an. Damals hatte ich noch abgelehnt. Aber nach der Verletzung dachte ich, ich gehe einfach hin und schaue es mir an."

Der Rest ist Geschichte, und am Freitag wird Cin auf einige bekannte Gesichter treffen, wenn die Türkei im WM-Qualifikationsspiel in Braunschweig gegen Deutschland (Anpfiff 16 Uhr MEZ) antritt. "Ich habe früher mit den deutschen Nationalspielerinnen Linda Dallmann und Lea Schüller trainiert. Ich durfte nämlich mit der ersten Mannschaft der SGS Essen trainieren, als ich für die U17 gespielt habe. Damals war ich 15."

Ruhrpottkind in der Türkei

Nach ihrer Jugendzeit bei der SGS Essen, ein Verein, der für die Förderung junger Talente bekannt ist, wechselte die Mittelfeldspielerin in die Reservemannschaft des VfL Wolfsburg, sehnte sich aber schnell nach einem Wechsel zurück in die Heimat. Geboren in Bottrop, ist Cin ein "Ruhrpottkind". Als Duisburg, das damals in der Frauen-Bundesliga spielte, ihr ein Angebot machte, konnte sie nicht widerstehen. Obwohl sie jetzt für die Türkei spielt, sind ihr ihre fußballerischen Wurzeln wichtig. Die 20-Jährige weiß, dass ihre Karriere in Deutschland begründet wurde. "Ich bin dem DFB sehr dankbar. Ich wurde hier ausgebildet", sagt Cin.

Miray Cin im Trikot des MSV Duisburg auf dem Platz
Miray Cin spielt für den MSV Duisburg - und für die TürkeiBild: Thomas Thienel/Eibner-Pressefoto/picture alliance

Gemischte Gefühle

Auch Teamkollegin Büsra Kuru wurde in Deutschland ausgebildet. In baden-würtembergischen Weinheim als Kind türkischer Eltern geboren, begann sie mit vier Jahren Fußball zu spielen. Über die Jugendakademie der TSG Hoffenheim und weitere Stationen kam sie zum Drittligisten 1. FFC Niederkirchen, bei dem sie derzeit unter Vertrag steht. "Seit ich 17 bin, spiele ich für die Türkei", erzählt Kuru der DW aus dem Trainingslager in der Türkei.

"Es war immer die richtige Entscheidung. Ich habe nie eine Berufung aus Deutschland erhalten, obwohl ich zum Probetraining der Nationalmannschaft eingeladen wurde." Auch für sie wird es keine typische Begegnung. Kuru weiß, dass dieses Spiel an eine emotionale Angelegenheit werden wird. "Du stehst zwischen zwei Ländern. Die Gefühle sind gemischt. Auf jeden Fall bin ich aufgeregt. Es wird ein unvergesslicher Moment sein", betont Kuru.

Die Entwicklung des Frauenfußballs in der Türkei

Das letzte Mal, dass die Türkei auf Deutschland traf, war in der Qualifikation für die Europameisterschaft 2017. Deutschland gewann in Sandhausen mit 7:0 und das Auswärtsspiel in Istanbul mit 6:0. Kuru war beim Spiel in Sandhausen als Zuschauerin dabei. "Damals saß ich auf der Tribüne und feuerte die Mannschaft an", erinnert sie sich. "Dieses Jahr darf ich mit ihnen gegen Deutschland spielen. Das ist ein ganz anderes Gefühl für mich."

Büsra Kuru im Trikot der türkischen Nationalmannschaft im Porträt
In Weinheim geboren, Stern und Halbmond auf der Brust: Büsra Kuru bei der türkischen NationalmannschaftBild: Privat

Auch der türkische Frauenfußball hat langsam, aber stetig ein kleines Facelifting erfahren. "Ich denke, die Türkei hat in den letzten zehn Jahren Fortschritte gemacht. Vor allem Vereine wie Fenerbahce, Galatasaray und Trabzonspor haben Frauenmannschaften gegründet, was die Entwicklung weiter ankurbeln wird. Und sie haben begonnen, Frauenfußballspiele im Fernsehen zu zeigen. Es geht hier langsam bergauf", sagt Kuru.

Platz 69 in der Weltrangliste

Mit dem Aufschwung hat sich auch das Leistungsniveau verbessert. Cin hat dabei den türkischen Fußball nie unterschätzt. "Das Training war körperlich sehr anspruchsvoll. Ich habe gemerkt, dass wir viel laufen und technisch sehr versiert sein mussten. Aber in Deutschland sind sie taktisch viel weiter entwickelt."

Trotz aller Fortschritte wartet die Türkei immer noch darauf, sich für ihr erstes großes Turnier zu qualifizieren. Die FIFA stuft sie derzeit auf Platz 69 der Weltrangliste ein. "Ich würde sagen, dass wir technisch eine sehr starke Mannschaft sind. Nicht so wie Barcelona, aber in diese Richtung", sagt Kuru. "Die Türkei ist ehrgeizig und aggressiv."

Reicht es noch zur WM?

Miray Cin in Großaufnahme auf dem Platz
Miray Cin als U17-Nationalspielerin im DFB-DressBild: Adam Nurkiewicz/Bongarts/Getty Images

Die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2023 war von vornherein ein schwieriges Unterfangen, da die Türkei in der wohl härtesten Gruppe gelandet ist. Dennoch hat man bisher vier von neun möglichen Punkten geholt, was für den dritten Platz in Gruppe H reicht. Das 1:1-Unentschieden gegen den Tabellenzweiten Portugal hat gezeigt, dass die Türkei kein leichter Gegner mehr ist. Mit dieser Vorstellung hat die Nationalelf in der Heimat viel Leidenschaft für den Frauenfußball entfacht. "Auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel wurden wir von etlichen Fans erwartet", erzählt Cin. "Unser Mannschaftsbus wurde am Hotel empfangen. Die Fans waren mit Pyrotechnik dabei."

Ein Sieg gegen Deutschland, das bisher alle vier Qualifikationsspiele gewonnen hat, könnte einen noch größeren Empfang auslösen. Und das unter besonderen Voraussetzungen, zumindest für Cin und Kuru. "Es wird sich wie ein Heimspiel anfühlen. Auch weil ein großer Teil meiner Familie hier lebt und zugucken wird", sagt Cin.

Hoffen auf das Glück

Aber ein Sieg in Deutschland wäre für die Türkei nur eine kurzfristige Bestätigung, denn sie hat die Zukunft im Blick. "Die Türkei muss sich schneller entwickeln als Deutschland, Spanien oder die anderen. Aber wenn der Fortschritt anhält, kann man schnell aufsteigen. In fünf Jahren ist die Türkei vielleicht noch nicht so weit wie Deutschland, aber international wird sie besser sein und eher mithalten können", sagt Kuru und hofft: "Auch die stärkste Mannschaft kann mal einen schlechten Tag haben und die schwächere Mannschaft kann mit etwas Glück gewinnen. Der Ball ist rund. Man weiß nie, was passiert."

Aus dem Englischen übersetzt von Tobias Oelmaier