De-facto-Präsidentin Myanmars
30. März 2016Die politische Karriere Aung San Suu Kyis begann 1988. Sie reiste damals nach Yangon, um ihre kranke Mutter zu pflegen. Wenig später erlebte sie die Studentenproteste und den Rücktritt des Machthabers General Ne Win, der jahrelang die Militärregierung angeführt hatte. Aung San Suu Kyi sympathisierte mit der Opposition und wurde schon bald zu deren bekanntestem Gesicht. In ihrer ersten öffentlichen Rede am 26. August 1988 forderte sie vor einer halben Million Menschen in Yangon einen politischen Neuanfang.
Sie stand damals für den gewaltfreien Widerstand. "Ich bin nicht aus moralischen Gründen gegen Gewalt, sondern aus politischen und praktischen." Gewaltfreiheit verbindet sie mit der Befreiung von der Angst: "Es ist nicht die Macht, die korrumpiert, sondern die Angst. Die Angst, die Macht zu verlieren, korrumpiert diejenigen, die die Macht haben. Die Angst vor Machtmissbrauch korrumpiert diejenigen, die beherrscht werden."
Nach den Protesten geriet die Lage im Land mehr und mehr außer Kontrolle. Das Militär griff mit brutalen Mitteln ein. Viele Menschen starben, tausende Oppositionelle wurden für Jahrzehnte weggesperrt. 1989 wurde Aung San Suu Kyi zum ersten Mal unter Hausarrest gestellt.
Bitterer Sieg
1990 gab es allgemeinen Wahlen. Die von Aung San Suu Kyi geführte Nationale Liga für Demokratie (NLD) gewann 59 Prozent der Stimmen. Die Militärs weigerten sich aber, die Macht zu übergeben.
1991 wurde Aung San Suu Kyi für "ihren gewaltlosen Kampf für Demokratie und Menschenrechte" mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Den Preis nahmen ihr britischer Mann und zwei Söhne entgegen, da sie befürchtet hatte, dass eine Wiedereinreise nach Myanmar nicht mehr möglich wäre.
Bis 2011 verbrachte Suu Kyi mehr als 15 Jahre ihres Lebens im Hausarrest. Die Regierung stellt ihr immer wieder frei, das Land zu verlassen. Aber sie weigerte sich stets. Sie wusste, dass sie nur in ihrem Heimatland ihren Einfluss geltend machen konnte.
Politikerin statt Ikone
2010 haben die Militärs die Uniformen gegen Zivilkleidung ausgetauscht und die Öffnung des Landes ermöglicht. Aung San Suu Kyi wurde aus dem Hausarrest entlassen und hat seit den Nachwahlen vom April 2012 einen Sitz im Parlament. Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte sie aktiv ein politisches Mandat ausüben und ihre Vorstellungen in konkrete Politik umsetzen. Das stieß zum Teil auf Kritik. So etwa ihr Schweigen zur Lage der in Myanmar diskriminierten muslimischen Minderheit der Rohingya.
Bei den Parlamentswahlen im November 2015 erhielt ihre Partei NLD dann die absolute Mehrheit. Ein Vertrauter U Htin Kyaw soll diese Woche Präsident werden. Ein Zusatz der Verfassung verhindert nämlich, dass sie selbst das Amt höchste Amt im Staat übernimmt. Der besagt, dass der die Präsidenten Myanmars keine Angehörigen mit ausländischer Staatsbürgerschaft haben dürfen. Aung San Suu Kyis Söhne haben die britische Staatsangehörigkeit.
Am Mittwoch ist Aung San Suu Kyi selbst Superministerin geworden. Sie ist im neuen Kabinett Außenministerin, Leiterin des Präsidialamtes, Bildungsministerin sowie Ministerin für Energie und Elektrizität.