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Hartes Ringen kurz vor Ultimo

Bernd Riegert24. Juni 2015

Noch sieben Tage bis zur möglichen Staatspleite in Griechenland. In Brüssel jagt ein Krisentreffen das nächste. Premier Tsipras zeigt sich hartleibig. Aus Brüssel Bernd Riegert.

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EU Griechenland Tsipras mit Juncker
Stimmung gut, Verhandlungen zäh: Premier Tsipras (li.) erneut bei Präsident Juncker in BrüsselBild: Reuters/J. Warnand

Mit einem erneuten Krisentreffen vor der Sitzung der Euro-Finanzminister versuchen die Spitzenvertreter der Geldgeber und Griechenland zu retten, was zu retten ist. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras kam zum zweiten Mal in dieser Woche nach Brüssel. Erneut geht es darum, mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, dem Vorsitzenden der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, und dem Präsidenten der EU-Kommission, Jean Claude Juncker, einen Ausweg aus der Finanzkrise in Griechenland zu finden.

Wurde Tsipras vorgeladen, wie einige Medien behaupten, oder kam er freiwillig? Es lässt sich im vor Gerüchten schwirrenden Brüssel nicht klären, von wem die Initiative ausging, kurzfristig ein Krisentreffen anzuberaumen. Nur der Chef der Euro-Gruppe, der niederländische Finanzminister Dijsselbloem, äußerste sich ganz kurz beim Betreten des Kommissionsgebäudes in Brüssel. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns", so Dijsselbloem, der seit 19 Uhr die Sitzung der 19 Euro-Finanzminister leitet.

Tsipras kritisiert Internationalen Währungsfonds

Was die Finanzminister genau besprechen werden, war bis zuletzt nicht ganz klar. In den vergangenen 36 Stunden hatten die Experten der drei Institutionen IWF, EZB und der EU-Kommission die Vorschläge der Griechen vom Montag geprüft und durchgerechnet. Das Ergebnis dieser Prüfungen ist offiziell nicht bekannt. Angeblich, so berichten EU-Diplomaten, ist der IWF nicht davon überzeugt, dass mit den griechischen Vorschlägen die Wirtschaft wieder flott gemacht und der Haushalt saniert werden kann.

IWF Chefin Christine Lagarde in Brüssel (Foto: REUTERS/ Francois Lenoir)
Skeptisch: IWF-Chefin Christine LagardeBild: Reuters/F. Lenoir

Alexis Tsipras kritisierte vor seinem Abflug nach Brüssel, dass der IWF einige Vorschläge zurückgewiesen habe. Per "Twitter" teilte Tsipras mit: "Das Beharren bestimmter Institutionen auf der Zurückweisung der Maßnahmen ist einmalig." Tsipras vermutete eine Art Verschwörung, "weil gesonderte Interessen verfolgt würden." Die griechische Regierung hatte Steuererhöhungen und Einnahmeverbesserungen in Höhe von fast acht Milliarden Euro in den kommenden zwei Jahren vorgeschlagen. Einschneidende Reformen im Rentensystem, wie von den Geldgebern gefordert, sind jedoch nicht vorgesehen, das jedenfalls berichten griechische Medien.

Die Bundesregierung in Berlin betont, dass es eine Lösung nur mit Zustimmung des IWF geben könne. "Darin wird sich auch in den nächsten Tagen nichts ändern", so ein hoher Beamter der deutschen Regierung. Der EU-Gipfel, der am Donnerstag beginnt, werde nicht in die Beratungen einzelner Maßnahmen eintreten, das sei und bleibe Sache der Institutionen. "Der Gipfel möchte eine positive Entscheidung der Finanzminister zur Kenntnis nehmen." Es könne aber noch einmal ein spezieller Gipfel der 19 Regierungs- und Staatschefs der Euro-Zone einberufen werden, um "politisch einzugreifen."

Forderung nach Umschichtung von Schulden

Die Beratungen der Finanzminister sollen zu einem erfolgreichen Abschluss des zweiten Hilfsprogramms und einer möglichen Auszahlung von 7,2 Milliarden Euro führen. Ohne weiteren Beschluss würde das Programm am 30. Juni auslaufen. Am selben Tag müsste Griechenland 1,55 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. In Brüssel geht man davon aus, dass Griechenland diese Zahlung nicht leisten kann oder will und damit als zahlungsunfähig gelten würde. Auf jeden Fall, so EU-Diplomaten, ist eine technische Verlängerung des laufenden Programms notwendig, um die Auszahlung von Hilfskrediten an Griechenland abwickeln zu können.

Deutschland EU Finanzministerrat in Brüssel Schäuble
Unzufrieden mit den griechischen Reformen:Bundesfinanzminister SchäubleBild: Reuters/Y. Herman

Aus der radikalen Links-Rechts-Koalition in Athen kommen erneut Forderungen, dass eine Umstrukturierung der griechischen Staatschulden oder ein Schuldenerlass schon am heutigen Mittwoch mitverhandelt werden müsse. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Montagabend nach dem ergebnislosen Sondergipfel zu Griechenland noch gesagt: "Darüber wird jetzt nicht gesprochen."

Die griechische Seite hatte vorgeschlagen, dass der europäische Rettungsschirm "ESM" 27 Milliarden Euro griechische Schulden von der Europäischen Zentralbank übernimmt. Das geht aus einem Positionspapier vor, das der DW vorliegt. Einen Teil dieser EZB-Kredite müsste Griechenland über den Sommer zurückzahlen. Der Streit um die Restrukturierung der Schulden könnte ebenfalls ein Grund für das Krisengespräch in Brüssel sein.

Die Zeit läuft davon

Falls es noch zu einer Vereinbarung in der Euro-Gruppe am Abend kommen sollte, würde das griechische Parlament am Wochenende darüber abstimmen. Ob der griechische Ministerpräsident eine eigene Mehrheit dafür zusammenbekommt, ist ungewiss. Das Parlament müsste eigentlich auch schon erste Reformgesetze auf den Weg bringen, um den formalen Anforderungen gerecht zu werden, die bisher bei Hilfspaketen der internationalen Geldgeber galten.

"Da muss man wohl diesmal wegen der Kürze der Fristen eine Ausnahme machen", glaubt ein EU-Beamter in Brüssel. Ob die Finanzminister bei diesem waghalsigen Plan mitziehen und den Zusicherungen der griechischen Seite diesmal vertrauen werden, ist unklar. Am kommenden Montag würde dann der Deutsche Bundestag mit dem Krisenplan befasst. Dann wären noch 24 Stunden bis zur möglichen Pleite Griechenlands übrig.