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Politik

Asylverfahren dauern in Ankerzentren länger

25. Dezember 2020

Die sogenannten Ankerzentren sind ein Lieblingsprojekt des Bundesinnenministers. Jetzt kommen Zahlen auf den Tisch, die manche Versprechen in Frage stellen.

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Gebäude des Ankerzentrums in Regensburg hinter einem Zaun
Ankerzentrum in Regensburg (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/L. Mirgeler

Asylverfahren in Ankerzentren nehmen einem Bericht zufolge überdurchschnittlich viel Zeit in Anspruch. Zwischen Antragstellung und Entscheidung der Behörde lagen dort zwischen Januar und November durchschnittlich 8,5 Monate. Das ergibt sich aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Linken, aus der die Funke-Mediengruppe zitiert. Der Vergleichswert - die mittlere Verfahrensdauer bei allen Asylverfahren in diesem Zeitraum - lag mit 8,3 Monaten etwas darunter.

Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, sprach von einer "desaströsen Bilanz" für Innenminister Horst Seehofer (CSU). Angeblich sollten die Asylverfahren in den Zentren erheblich schneller sein, sagte sie den Funke-Medien. "Doch das Gegenteil ist richtig, wie sich jetzt zeigt."

Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke am Rednerpult des Bundestages
Die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke sieht eine "desaströse Bilanz" (Archivbild)Bild: Jens Krick/Flshpic/picture alliance

Die Parlamentarierin kritisierte, in den Zentren würden Asylsuchende "auf engstem Raum zusammengepfercht", sie sollten "von unabhängigen Beratungsstrukturen und der unterstützenden Zivilgesellschaft abgeschnitten werden". Nicht nur angesichts der Notwendigkeit einer möglichst dezentralen Unterbringung in Corona-Zeiten sei dieses Modell "völlig daneben". Die Ankerzentren, deren Einführung im Koalitionsvertrag beschlossen worden war, vereinen mehrere für Asylverfahren relevante Behörden an einem Ort. Asylbewerber leben dort in Sammelunterkünften.

"Viele Altfälle abgeschlossen"

Insgesamt erhöhte sich laut Regierungsantwort die durchschnittliche Dauer von Asylverfahren in diesem Jahr. 2019 lag sie noch bei 6,1 Monaten. Das Innenministerium begründet das in erster Linie mit der Corona-Krise. Zum einen sei zwischenzeitlich die Zustellung von ablehnenden Bescheiden fast gänzlich eingestellt worden, weil die Antragsteller während der Pandemie weniger Möglichkeiten hätten, dagegen vorzugehen. Zum anderen seien 2020 viele Altfälle abgeschlossen worden, die den Schnitt der Verfahrensdauer nach oben trieben.

Bundesinnenminister Seehofer auf seinem Platz im Bundestag
Bundesinnenminister Seehofer wollte Asylverfahren durch Ankerzentren beschleunigen (Archivbild)Bild: Jens Krick/Flshpic/picture alliance

Die Zahl der Asylbewerber in Deutschland sank in diesem Jahr um etwa ein Drittel. Von Januar bis Ende November wurden 93.710 Erstanträge registriert, wie aus Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat hervorgeht. Im ganzen Jahr 2019 waren es noch 142.450, im Jahr davor 161.885.

Für alle 27 EU-Staaten zusammen ergibt sich aus der Statistik ein ähnlicher Rückgang: Bis Ende November gibt die EU-Statistikbehörde 370.745 Asylanträge an, im Vorjahr waren es 675.535. Die Asylpolitik gehört zu den strittigsten Politikfeldern innerhalb der Europäischen Union.

jj/wa (dpa, afp, epd)