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Politik

Assad, Staatsmann von Irans Gnaden

3. Mai 2017

Bei den bevorstehenden Gesprächen zu Syrien am 3. Mai bestimmen Iran und Russland die Debatte. Die "Schutzmächte" des syrischen Machthabers Assad haben die Regierung in Damaskus de facto übernommen. Wie lange noch?

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Syrien Treffen Baschar al-Assad und Mohammed Dschawad Sarif
Bild: Irna

Teheran liegt nahe am Kaspischen Meer, Damaskus nahe am Mittelmeer. Rund 1700 Kilometer trennen die beiden Städte auf dem Landweg. Ein Großteil der Strecke führt durch den Irak, und zwar durch just jenen Teil des Landes, in dem bis vor einiger Zeit die Terrororganisation Al Kaida und nach ihr der so genannte "Islamische Staat" aktiv waren und teils noch sind. Entsprechend riskant ist die Reise.

Alternativ bietet sich der Seeweg an. Er führt vom Süden des Landes über den Persischen Golf, rund um die Arabische Halbinsel, durch den Suezkanal und dann über das Mittelmeer - eine lange Strecke, aufwendig und darum militärisch kaum interessant, wenn es schnell gehen muss.

Schnell aber muss es für Teheran gehen, wenn es um sein Eingreifen in Syrien geht. Seit Jahren ist der Iran in dem Krieg aktiv, kämpft aufseiten des Assad-Regimes gegen die Aufständischen. Zusammen mit Russland ist es die wichtigste Schutzmacht des syrischen Präsidenten.

Um diese Rolle ausfüllen zu können, ist es auf kurze Wege angewiesen. Für die steht nur der Luftweg offen. Seit Langem, schreibt das von dem konservativen amerikanischen Think Tank "American Enterprise Institute" herausgegebene Magazin "Critical Threats", nutze Iran darum auch diesen Weg.

Seit dem Jahr 2015 habe Teheran mithilfe seiner staatlichen Luftlinie wie auch einer privaten Fluggesellschaft die Luftbrücke ausgebaut. "Das Tempo der registrierten Flüge", heißt es in Critical Threats, "steht in Zusammenhang mit der Intensität der Kämpfe in Syrien selbst. Das macht es unwahrscheinlich, dass die Flugzeuge ausschließlich zivile Güter transportieren."

Diener zweier Schutzherren

Wenn am 3. Mai die von Iran und Russland initiierten Gespräche zu Syrien in der kasachischen Hauptstadt Astana in eine weitere Runde gehen, dürften die Vertreter der Regierung Assad sehr genau wissen, dass sie Gäste ihrer beiden wichtigsten Kriegssponsoren sind, denen das Regime sein politisches Überleben verdankt. Vieles spricht dafür, dass Assad ohne die Unterstützung Russlands und Irans längst abgetreten wäre.

Libanon Beirut Sheik Hassan Nasrallah
Dem Iran verpflichtet: Aufzug der Hisbollah im Libanon, Mai 2014 Bild: picture-alliance/dpa

Wahrscheinlich ist aber auch, dass die beiden Schutzmächte ihre Hand nur gemeinsam über den syrischen Präsidenten halten können. Im Alleingang würde beiden die Kraft dazu fehlen. Assad hat wohl kaum eine andere Wahl, als den Wünschen seiner beiden Partner zu entsprechen. Täte er es nicht, würden diese ihn spüren lassen, wer die Macht in Syrien in den Händen hält.

Eine im März erschienene Analyse des amerikanischen "Institute for the Study of War" hat nun dokumentiert, welch bedeutende Rolle der Iran für den Verbleib Assads an der Macht spielt. Gleichzeitig scheinen aber weder der Iran noch Russland in Zusammenarbeit mit der Regierung Assad über unumschränkte Macht in Syrien zu verfügen.

"Russland, Iran und das Assad-Regime sind nicht in der Lage, die salafistisch-dschihadistischen Rückzugsgebiete unter ihre Kontrolle zu bringen und langfristig zu sichern. Dafür fehlt es ihnen sowohl an den personellen wie auch den strategischen Voraussetzungen", heißt es in der Analyse. Ihre militärische Rolle sei demnach eingeschränkt, doch ändere das an einem Umstand nichts: "Iran und Russland haben sich tief in der Struktur des syrischen Staates festgesetzt."

Komplizierte Machtverhältnisse

Entsprechend kompliziert und schwierig sind die militärischen Machtverhältnisse aufseiten des Assad-Regimes. Wie das Institute for the Study of War schätzt, ist die syrische Armee nach sechs Jahren Kampf von anfangs 100.000 Mann auf 30.000 bis 40.000 einsatzfähige Soldaten geschrumpft. In diese Gruppe sind demnach aber auch andere Kräfte eingerechnet: Kämpfer aus dem Ausland, verschiedene Spezialkräfte und Freiwilligenverbände der syrischen Alawiten.

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West-Aleppo nach dem Fall Bild: picture-alliance/Anadolu Agency/J. al Rifai

Die regulären Truppen der syrischen Armee seien über weite Teile aufgelöst, an ihre Stelle seien teils paramilitärische Verbände getreten, mit teils fließendem Übergang zu kriminellen Netzwerken. Dieser Zusammenbruch der regulären Strukturen, verbunden mit einer Ausbreitung des Guerillakampfes, sei es aber auch, der dem Regime das Überleben sichere.

Kriminelle Netzwerke

Diesen Gruppen steht eine Streitmacht zur Seite, die unter dem Kommando Irans steht. Sie setzt sich zusammen aus Mitgliedern der iranischen Revolutionsgarden, Hisbollah-Kämpfern und schiitischen Freiwilligenverbänden aus dem Irak und Afghanistan. Rund 10.000 dieser Kämpfer nahmen an der Rückeroberung des Westteils von Aleppo teil.

Diese Gruppen engagieren sich teils aus finanziellen Gründen, teils haben sie sich über vom Iran eigens eingerichteten religiösen Schulungszentren rekrutieren lassen, so das Institute for the Study of War. Gesteuert würden diese Gruppen von Iranern geleiteten militärischen Operationszentren in Latakia und Daraa.

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Vorzugsweise Luftkampf: Ein russischer Jet über der syrischen Provinz Deir ez-ZohrBild: Reuters/Ministry of Defence of the Russian Federation

Syrer als Zaungäste in Astana

Wichtig sind diese Gruppen auch darum, weil Russland darauf verzichtet hat, in Syrien Bodentruppen einzusetzen. Um Verluste im eigenen Heer zu vermeiden, setze Moskau im Kampf überwiegend auf den Einsatz seiner Luftwaffe. Diese unterstütze den Iran, der aber leiste die grundlegende Arbeit am Boden.

Für das Assad-Regime bedeutet die Hilfe seiner beiden Schutzmächte das politische Überleben - zugleich aber auch politische Ohnmacht. Schon während der ersten Friedensgespräche in Astana im Januar waren die Delegierten Assads eher Zaungäste als ernsthafte diplomatische Unterhändler. Wenig spricht dafür, dass sich das bei den neuen Gesprächen ändert. Formal ist Assad in Syrien noch an der Macht. De facto haben längst andere übernommen.

DW Kommentarbild | Autor Kersten Knipp
Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika