Die Meeresoberfläche im Satellitenblick
16. September 2016Die genaue Höhe des Meeresspiegels auf jedem Flecken der Weltozeane zu kennen ist für Klimaforscher, Wetterdienste oder den Küstenschutz enorm wichtig. Allerdings stehen die Forscher bei der Berechnung der weltweiten Wassermassen vor vielen Problemen. Der Pegel wird durch so viele Faktoren beeinflusst, dass er schwer zu fassen ist.
So ändert sich der Meeresspiegel zum Beispiel durch den Stand anderer Gestirne - am stärksten durch den Mond. Er führt zu Ebbe und Flut. Aber auch Wind, Temperatur, vulkanische und tektonische Aktivitäten wie Plattenverschiebungen oder Erdbeben, Verdunstung, Regen, Schnee oder die Eisbildung an den Polkappen haben einen Einfluss auf den Meeresspiegel. Hinzu kommt, dass die Erde keine perfekte Kugel ist, sondern von ihren Gravitationsverhältnissen eher einer Kartoffel gleicht. Und auch diese Gravitationsverhältnisse können sich durch Veränderungen im Erdinnern langsam verändern.
"Normal-Null" ist nicht normal
Zudem wirkt sich die Eigendrehung der Erde auf den Meeresspiegel aus. Die Folge: Er hat nicht überall den gleichen Abstand vom Erdmittelpunkt. Er ist zum Beispiel am Äquator mehr als 4.700 Meter höher als am 30. Grad nördlicher Breite. Das führt dazu, dass der höchste Berg der Welt vom Erdmittelpunkt gerechnet gar nicht der Mount Everest ist. Da schlägt ihn der Chimborazo in Ecuador, mit 6.384.557 Metern. Der Everest misst von der Mitte der Erde bis zum Gipfel "nur" 6.382.414 Meter.
Vom Meeresspiegel gerechnet, so wie es bei Höhenangaben üblich ist, ist der Everest mit seinen 8848 Metern natürlich höher als der 6267 Meter hohe Chimborazo.
Bei Satelliten lassen sich Faktoren wie Ablenkungen durch Gravitation, gut rechnerisch ausgleichen. Gegen Tektonik, Wetter und ähnliche irdischen Einflüssen sind sie immun. Sie laufen auf stabilen Umlaufbahnen um die Erdkugel herum und sind daher unbestechlich.
Der neueste Satellit zur Messung der Meeresoberfläche ist Jason-3 - ein gemeinsames Projekt der Weltraumbehörden der USA, NASA, und Frankreichs CNES mit Beteiligung des US Wetterdienstes NOAA und des Europäischen Wettersatellitenbetreibers Eumetsat.
Alle Zehn Tage ein komplettes Bild
Jason-3 fliegt in einer Höhe von etwa 1330 Kilometern und scannt mit einem Radar-Altimeter alle zehn Tage 95 Prozent der eisfreien Meeresoberfläche ab. Die Genauigkeit der Messungen liegt bei etwa vier Zentimetern. Das ist weniger, als schon geringe Wellenbewegungen verursachen.
Um sicherzustellen, dass die Umlaufbahn des Satelliten ganz genau bekannt ist und die Messdaten stimmen, nutzt Jason-3 gleich drei unterschiedliche Technologien zur Bestimmung der Umlaufbahn auf einen Zentimeter genau: Das Navigationssystem GPS, ein Doppler-Orbitographie und Radiopositionierungs-Instrument (DORIS) und einen Laser-Abstandsmesser.
Tropenstürme früh erkennen
Zudem erkennt der Satellit auch die Wassertemperatur. Er kann zum Beispiel aufgeheizte Wassermassen erkennen, aus denen sich Orkane, Taifune oder andere Tropenstürme entwickeln können. Und aus der Qualität der zurückgeworfenen Radar-Informationen lassen sich Rückschlüsse auf die Windgeschwindigkeit und die Wellenhöhen ableiten.
Der Satellit war am 17. Januar von der Vandenberg Airforce Base bei Lompoc in Kalifornien gestartet. Die NASA hat die Kontrolle nach der etwa halbjährigen Einrichtungsphase am 3. Juni an die NOAA übergeben. Seitdem konnte der Wetterdienst die Daten, die Jason-3 liefert, mit denen des Vorgängersatelliten Jason-2 abgleichen und kalibrieren.
Mehr lernen beim Life-Briefing
Anfang Oktober soll er seine neue Rolle als weltweite "Referenzquelle für globale Meeresoberflächen-Messung aus dem All" aufnehmen. Dann haben Wetterdienste und Forscher weltweit Zugriff auf die Daten.
Für alle die mehr über Jason-3 wissen wollen, gibt es jetzt eine interaktive Möglichkeit. Am 19. September ab 16:00 Uhr MESZ veranstaltet Eumetsat ein life-Briefing hier - und auf Twitter unter #askjason3.