Armenischer Ministerpräsident tritt zurück
23. April 2018Elf Tage lang gab es in der Hauptstadt Eriwan und anderen Städten Massenproteste gegen die Regierungspartei und den neu eingesetzten Ministerpräsidenten Sargsjan. Die Demonstranten beschuldigen die Regierung unter anderem der Korruption. Auch an diesem Montag wurden die Proteste fortgesetzt, nachdem sich zuletzt am Sonntagabend mehr als 40.000 Menschen zu Anti-Regierungsprotesten auf dem Platz der Republik in Eriwan versammelt hatten.
Vor allem Studenten waren in langen Kolonnen in Richtung Parlament gezogen. Auch Soldaten beteiligten sich an dem Aufmarsch. Sie fordern den Rücktritt des Ministerpräsidenten, den sie auch für Armut, Korruption und den großen Einfluss von Oligarchen in der Kaukasusrepublik verantwortlich machen.
Das Verteidigungsministerium untersagte Soldaten, sich an den Protesten zu beteiligen. Eine Mitwirkung von Militärangehörigen an den Anti-Regierungs-Aktionen sei illegal, erklärte das Ministerium. Die Soldaten müssten mit harten Strafen rechnen.
Hunderte Festnahmen stoppen Protestbewegung nicht
Trotz hunderter Festnahmen hatten die Anführer der Protestbewegung dazu aufgerufen, die Aktionen am Montag fortzusetzen und die Hauptstadt erneut mit zivilem Ungehorsam lahmzulegen. Unter den am Sonntag festgenommenen rund 280 Demonstranten ist auch der Organisator der Proteste, Nikol Paschinjan. Inzwischen ist er wieder frei.
Hauptkritikpunkt – Sargsjans Machtfülle
Die Straßenproteste in der Ex-Sowjetrepublik dauern seit eineinhalb Wochen an. Der 63-jährige vom Kreml unterstützte Ministerpräsident Sargsjan wird kritisiert, weil er nach zehn Jahren die Macht nicht abgegeben hat, sondern vom Präsidentenamt vergangene Woche an die Spitze der Regierung gewechselt ist.
Durch eine umstrittene, von ihm eingefädelte Verfassungsreform, die im Dezember 2015 per Referendum gebilligt wurde und nun in Kraft trat, wird das Amt des Ministerpräsidenten deutlich aufgewertet. Die wahre Macht liegt damit beim Regierungschef. Das Staatsoberhaupt hat dagegen vorwiegend repräsentative Aufgaben. Sargsjan räumte in dem Statement auf seiner Website, in dem er seinen Rücktritt erklärte, ein, es sei ein Fehler gewesen, nach zwei Amtszeiten als Präsident in das Amt des Regierungschefs zu wechseln.
Das Auswärtige Amt rief Reisende wegen der angespannten Situation auf, Menschenansammlungen in Armenien zu meiden und sich über die Sicherheitslage zu informieren.
qu/kle (dpa, afp, rtr, APE)