Premier Paschinjan gewinnt Wahl
21. Juni 2021Armeniens angeschlagener Ministerpräsident Nikol Paschinjan hat die vorgezogene Parlamentswahl gewonnen. Der 46-Jährige kam mit seiner Partei Bürgervertrag auf 53,92 Prozent der Stimmen, wie die Wahlleitung am frühen Montagmorgen nach Auszählung aller Stimmen in der Hauptstadt Eriwan mitteilte. Paschinjans wichtigster Herausforderer, der frühere Präsident Robert Kotscharjan mit seinem Block Armenien, erhielt demnach 21,04 Prozent - deutlich weniger als erwartet. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 50 Prozent der Stimmen.
Die Wähler hätten ihm und seiner Partei Bürgervertrag den Regierungsauftrag erteilt, sagte Paschinjan in der Nacht zum Montag vor Anhängern in der Hauptstadt Eriwan. Er sprach von einem "überzeugenden Sieg". Nach den "heftigen Prüfungen" der jüngsten Vergangenheit sei nunmehr die Zeit der "gesellschaftlichen und nationalen Einheit" gekommen.
Opposition spricht von Wahlfälschung
Der 66-Jährige Kotscharjan bestreitet den Wahlausgang. Die Opposition hatte bereits am Wahlsonntag Verstöße bei der Abstimmung beklagt. Es gebe "hunderte Hinweise" aus den Wahllokalen, die auf "organisierte und geplante Fälschungen" hindeuteten, erklärte das Bündnis des früheren Präsidenten. Man werde das Wahlergebnis nicht anerkennen, bis diese "Verstöße" überprüft worden seien.
Der Erfolg von Paschinjan gilt aus Moskauer Sicht als Garant dafür, dass das unter Russlands Vermittlung zwischen Armenien und Aserbaidschan geschlossene Waffenstillstandsabkommen um die Konfliktregion Berg-Karabach hält. Die Vereinbarung war nach einem 44-tägigen Krieg am 9. November in Kraft getreten. Sie beinhaltet auch die Stationierung von 2000 russischen Friedenssoldaten. Bei den Kämpfen waren auf beiden Seiten mehr als 6500 Menschen getötet worden. Armenien hatte dabei die Kontrolle über weite Teile von Berg-Karabach verloren. Das benachbarte Aserbaidschan hingegen feierte sich nach der Rückeroberung der Gebiete als Sieger.
Paschinjan hatte die vorgezogene Parlamentswahl unter dem Druck anhaltender Proteste der Opposition und des Militärs angesetzt. Sie machten den Regierungschef persönlich für die militärische Niederlage, die Gebietsverluste und die vielen Toten verantwortlich. Der frühere Journalist lehnte einen Rücktritt jedoch mehrfach ab und erklärte, er wolle das Land selbst aus der Krise führen.
Bei der Abstimmung waren 21 Parteien und vier Blöcke angetreten - so viele wie nie zuvor. Die meisten verfehlten nach Zwischenergebnissen die Fünf-Prozent-Hürde für Parteien und die Sieben-Prozent-Hürde für Blöcke zum Einzug ins Parlament deutlich.
Die Abstimmung wurde von Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachtet. Sie wollen ihr Urteil an diesem Montag abgeben.
se/ack (ap, dpa, afp, rtr)