Armenien trauert um seine Gefallenen
19. Dezember 2020Sechs Wochen nach Ende der Kämpfe um die Südkaukasusregion Berg-Karabach hat in Armenien eine dreitägige Staatstrauer für die getöteten Soldaten begonnen. Zu Tausenden besuchten die Menschen in der Hauptstadt Eriwan den Friedhof Erablur.
Ministerpräsident Nikol Paschinjan hatte den Beginn der Staatstrauer auf den 40. Tag nach Ende der Kampfhandlungen angesetzt. Auch er zog mit seinen Anhängern zum Friedhof, um Blumen und Kränze niederzulegen. In einer Fernsehansprache erklärte der Regierungschef: "Die gesamte Nation hat einen Albtraum durchlebt und durchlebt ihn immer noch."
Viele sprechen von "Verrat"
Derweil forderte die Opposition bei Protesten erneut Paschinjans Rücktritt. Seine Gegner, die ihm nach der Unterzeichnung des jüngsten Friedensabkommens "Verrat" armenischer Interessen vorwerfen, organisierten einen eigenen Trauermarsch mit rund 10.000 Teilnehmern.
Der jüngste Krieg mit insgesamt mehr als 4600 Toten aufseiten Armeniens und Aserbaidschans endete im November mit einem von Russland vermittelten Waffenstillstandsabkommen. Es hatte für Armenien bedeutende Gebietsverluste zur Folge.
Auch in Berg-Karabach, wo Russland nach dem Abkommen 2000 Soldaten stationiert hat, setzten die Behörden Staatstrauer an. Dagegen hatte Aserbaidschan das Ende des Krieges am 10. Dezember mit einer großen Siegesparade des Militärs und mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als Ehrengast in der Hauptstadt Baku gefeiert.
Russland im Rücken
Die Lage in der Region bleibt gespannt. Immer wieder sterben Einsatzkräfte bei Minenentschärfungen. Zudem gab es Verstöße gegen die Waffenruhe. Armenien warf Aserbaidschan unlängst vor, Soldaten in Karabach eingekesselt und gefangen genommen zu haben.
Beide Staaten kämpfen seit Jahrzehnten immer wieder um Berg-Karabach. Im jüngsten Krieg holte sich das islamisch geprägte Aserbaidschan weite Teile des Anfang der 1990er Jahre verlorenen Gebiets zurück. Das Land wurde dabei von seinem "Bruderstaat" Türkei unterstützt. Als Schutzmacht des vorwiegend christlichen Armeniens gilt Russland.
jj/kle (dpa, afp)