Angola greift hart gegen Kritiker durch
25. Juli 2015Der angolanische Journalist Nelson Sul D'Angola wollte mit Oppositionellen im Gefängnis Calomboloca nahe Angolas Hauptstadt Luanda sprechen, die dort seit über einem Monat inhaftiert sind. Doch am Ende wurden er und vier Menschenrechtsaktivisten dort selbst für über acht Stunden festgesetzt.
"Wir wurden stundenlang im Gefängnis festgehalten, dort verhört und verbal genötigt", sagte D'Angola der DW. Der Journalist arbeitet seit Jahren auch für die Portugiesische Redaktion der DW. Auf Schritt und Tritt sei er bewacht worden - sogar beim Besuch der Toilette.
D'Angola wurde am Mittwoch (22.07.2015) im Gefängnis festgehalten, weil er das Gefängnisgebäude von außen fotografiert hat. "Es gibt zwar in Angola ein Gesetz, das Fotos von Beamten des Geheimdienst oder der Armee oder auch der Polizei verbietet", sagte der Journalist. "Aber ich hatte bloß das Gefängnis von außen fotografiert. Sie sagten, ich hätte um Erlaubnis bitten müssen."
Die jüngste Verhaftung von D'Angola und den Menschenrechtsaktivisten sei nur "eine weitere Etappe" in einer langen Reihe von gravierenden Menschenrechtsverletzungen, sagt Deprose Muchena, der Regionaldirektor von Amnesty International für das südliche Afrika.
"Sie wollten bloß ihren Job machen, nämlich politische Gefangene besuchen, die seit mehr als einem Monat in dem Gefängnis inhaftiert sind", sagte Muchena im Gespräch mit der DW. "An diesem Freitag werden sie nun selbst einem Staatsanwalt vorgeführt."
Angolas Regime verstärkt Druck
Dass der Druck auf Oppositionelle in Angola in den vergangenen Monaten zugenommen hat, zeigen die jüngsten Fälle, die verschiedene Menschenrechtsorganisationen zusammengetragen haben: Im Juni verhaftete die Polizei 13 Jugendliche, als sie ein Seminar über "gewaltfreien Widerstand" abhalten wollten. Zwei weitere Jugendliche wurden zwei Tage später verhaftet. Der Vorwurf: Sie hätten einen Staatsstreich geplant. Seitdem sitzen sie im Hochsicherheitsgefängnis von Calamboloca. Die meisten haben bisher keinen Rechtsbeistand.
Im März wurde der Aktivist Marcos Mavungo in der rohstoffreichen Exklave Cabinda verhaftet, als er dort an einem friedlichen Protest gegen die Regierung teilnahm. Seine Freunde und Angehörigen veröffentlichten verzweifelte Apelle: Sein Gesundheitszustand verschlechtere sich und er sei dringend auf eine medizinische Behandlung angewiesen.
Ende Mai verurteilte das Strafgericht von Luanda den Aktivisten und Journalisten Rafael Marques zu sechs Monaten Haft auf Bewährung, weil er angeblich angolanische Generäle diffamiert habe. Marques hatte ein Buch über Menschenrechtsverletzungen in den Diamantengebieten veröffentlicht und den Betreibern der Diamantenminen - mächtigen Generälen - eine Mitverantwortung für die Menschenrechtsverletzungen zugeschoben.
Business as usual?
Während Aktivisten und Journalisten drangsaliert werden, findet gleichzeitig in Luanda Angolas wichtigste internationale Messe FILDA statt. Deutschland ist dort dieses Jahr Gastland und versucht, Wirtschaftsbeziehungen in einem bilateralen Deutsch-Angolanischem Forum zu stärken.
Diese Zusammenarbeit ist nicht neu. Angola ist seit März 2008 Partnerland der deutschen entwicklungspolitischen Zusammenarbeit - lange Zeit war dieser Status umstritten. Im deutschen Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gab es Widerstand dagegen, einem Staat diesen Status zu gewähren, der die Menschenrechte missachtet, keine Transparenz in seiner Ausgabenpolitik zeigt und aufgrund seines Ölreichtums eigentlich selbst in der Lage wäre, seine Bevölkerung ausreichend zu ernähren.
Wirtschaftsinteressen überdenken
Europa und Deutschland müsse seine Politik gegenüber Ländern wie Angola überdenken, sagt Asfa-Wossen Asserate, Goßneffe des äthiopischen Kaisers Haile Selassie. In den siebziger Jahren war Asserate nach dem Sturz seines Großonkels ins deutsche Exil gekommen und geblieben. Seitdem begleitet der Unternehmensberater kritisch die deutsche Politik.
"Wirtschaftsinteressen dürfen nicht die alleinige Maxime der Politik sein - vor allem nicht, wenn dies ein Angliedern an skrupellose Diktatoren bedeutet: 'Ich will dein Öl, ich will deine Mineralien und dafür kriegst du Geld von mir.' Aber das ist die Politik", sagte Asserate im Gespräch mit der DW.
Im Dialog bleiben
Stefan Liebing, Vorsitzender des Afrika-Vereins, der das Deutsch-Angolanische Wirtschaftsforum in Angola organisierte, verteidigt die Kooperation mit der angolanischen Regierung. "Natürlich müssen Sie, wenn Sie sich im Infrastrukturbereich engagieren wollen - in der Energieversorgung, Transport und Logistik - im wesentlichen mit Regierungsvertretern sprechen, denn die geben ihnen erst die Möglichkeit, in solchen Branchen zu investieren", fasst Liebing die Position des Afrika-Vereins zusammen.
Deprose Muchena von Amnesty International hält dieses verstärkte Engagement der Deutschen in Angola für problematisch: "Wenn man ausschließlich mit Vertretern des Regimes kooperiert, dann stärkt man das Regime und schwächt die Position der Aktivisten und Vertreter der Zivilgesellschaft, die für ein Ende des Unrechtsregimes in Angola kämpfe, ein Regime, das immer repressiver wird."