Angebliches Van Gogh-Gemälde versteigert
2. September 2020Bei einer Online-Versteigerung ist das Ölbild "Die Mühle von Wijk" für 550.000 Euro unter den Hammer gekommen. Das Hamburger Auktionshaus Dechow hatte das Werk als Gemälde des niederländischen Malers Vincent van Gogh (1853-1890) für ein Mindestgebot von 500.000 Euro angeboten. Den Zuschlag erhielt nun ein unbekannter Bieter - der offenbar auch der einzige war.
Kriminaltechnische Untersuchungen mit großem Besteck
Der Auktion vorausgegangen war eine Debatte über die Authentizität des Bildes. Das Auktionshaus, das sonst zumeist Fahrzeuge und Landmaschinen versteigert, legte fünf Gutachten vor, darunter eine Analyse mithilfe künstlicher Intelligenz. Die Algorithmen wollen keine Hinweise auf ein Fälschung gefunden haben. Eine Expertise lieferte auch der als Kunstfälscher-Jäger" bekannte "Chemiker Erhard Jägers, der an der Enttarnung Wolfgang Beltracchis beteiligt war. 36 Jahre lang hat der Maler wohl an die 300 Gemälde im Stil großer Meister wie Picasso, Gauguin oder Monet geschaffen und seine Werke mit den Namen der berühmten Künstler signiert.Jägers attestiert also dem jetzt versteigerten Gemälde, dass die Ergebnisse "nicht gegen eine Zuordnung des Gemäldes zu Vincent van Gogh beziehungsweise eine Datierung in die erste Hälfte der 80er-Jahre des 19. Jahrhunderts sprächen". Damit bleibt das Fazit dieser Laboranalyse recht vage. Das Auktionshaus selbst räumte auf seiner Webseite verbleibende Zweifel ein, ergänzte indes: "Vieles spricht für die Echtheit."
Demnach hätte van Gogh ein Motiv des von ihm bewunderten niederländischen Landschaftsmalers Jacob van Ruisdael (1628 bis 1682) kopiert und variiert. Ruisdael hatte die "Mühle von Wijjk bij Duurstede" um 1670 gemalt. Das Amsterdamer Van-Gogh-Museum, dessen Urteil in Fachkreisen viel zählt, teilte unterdessen auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit: "Das Museum hat die vermeintliche 'Van Gogh-Mühle' untersucht und denkt nicht, dass das Werk von Vincent van Gogh gemacht wurde."
Rätseln um die Signatur
Rätsel gibt die Herkunft des Bildes allein schon deshalb auf, weil es mit "Van Gogh" signiert ist, der holländische Meister seine Werke aber immer mit Vincent" unterschrieb. Unwahrscheinlich, dass ein Fälscher derart plump vorgehen würde. Und auch das Schriftbild spricht nach Meinung einiger Experten für einen "echten Van Gogh".
Klarer ist immerhin die Provenienz des Bildes: Es soll 1904 von einem Leipziger Kaufmann in Paris erworben worden sein. Er vererbte es an seine Enkelin, die es an den gegenwärtigen Privatbesitzer in Schleswig-Holstein verkaufte.
Der neuer Besitzer der "Mühle" wird mit Zweifeln leben müssen. Potenziell besitzt er aber eines der teuersten Gemälde der Welt. Echte van Goghs erzielten auf dem Kunstmarkt zuletzt Preise von mehr als 80 Millionen Euro.
tön/suc (mit dpa:NDR)