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An Deutschlands Grenze abgewiesen

Alison Langley/dh, Schärding15. Januar 2016

An der österreichisch-deutschen Grenze herrschen Verwirrung und Chaos: Hunderte Geflüchtete wollen über die Bundesrepublik in andere Länder reisen. Doch sie werden zurückgeschickt. Alison Langley berichtet aus Schärding.

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Flüchtlinge am Grenzübergang in Schärding (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa/C. Bruna

Es ist ein kalter und stürmischer Abend im österreichischen Schärding, als 40 Personen, Familien aus Syrien, dem Irak und Afghanistan, ein Zelt des Roten Kreuzes betreten - nur einen Kilometer entfernt von der deutschen Grenze. Zumindest für diese eine Nacht haben sie eine trockene und sichere Unterkunft und eine Schüssel mit warmer Pasta. Wie es danach für sie weitergeht, wissen sie nicht.

Sie alle wurden an der deutschen Grenze abgewiesen, aber keiner von ihnen versteht, warum. Und im Zelt sind keine offiziellen Ansprechpartner, die sie über ihre Rechte aufklären könnten. Adnan war am selben Morgen mit seiner Frau und seinen zwei jungen Töchtern im Alter von vier und zwei Jahren an der Grenze zu Deutschland angekommen.

"Wir waren schon fast in Deutschland und wollten von dort weiter nach Dänemark, aber die Polizei sagte, wir könnten nicht ohne Transit-Papiere weiterreisen", erzählt Adnan (Name von der Redaktion geändert) mit Hilfe eines Übersetzers des Roten Kreuzes. Sein Vater und andere Familienmitglieder waren sieben Monate vorher nach Dänemark gegangen.

Damals konnte sich Adnan noch nicht mit seiner Familie auf den Weg nach Dänemark machen. Mahin, die Stadt, in der sie lebten, war unter der Kontrolle des sogenannten Islamischen Staates. Im vergangenen November, als die syrische Armee unter Präsident Baschar al-Assad schließlich die Stadt einnahm, nutzten sie das Chaos in den darauffolgenden Wochen und flohen. Keine einfache Angelegenheit - ist es doch besonders der syrischen Armee ein Anliegen, die Einwohner in der Stadt zu halten.

Flüchtlinge am Grenzübergang in Schärding (Foto: DW)
Viele Flüchtlinge in Schärding wollen über Deutschland in andere LänderBild: DW/A. Langley

Transit nicht möglich

Adnan ist frustriert, müde und auch verwirrt. "Deutschland schickt uns zurück nach Österreich, Österreich vielleicht nach Slowenien und dann?", fragt er. "Schickt man uns dann zurück nach Syrien?"

Bernd Innendorfer, Sprecher der Polizei in Oberösterreich, sagt, es sei nicht so einfach, den Flüchtlingen zu erklären, dass sich die Gesetze wieder verändert haben.

Im vergangenen Frühling, als Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, dass Deutschland syrische Flüchtlinge aufnimmt, öffneten die Nachbarländer ihre Grenzen, um den Geflüchteten die Möglichkeit zu geben, nach Deutschland zu gelangen. Österreich hat das auch getan. Daher hatte es Adnans Vater auch sicher nach Dänemark geschafft.

Doch seit Beginn des Jahres haben einige EU-Länder Maßnahmen ergriffen, um die Geflüchteten schon im Vorfeld davon abzuhalten, sich auf den Weg zu machen. Schweden hat als erstes Land verschärfte Grenzkontrollen zu Dänemark eingeführt. Dänemark im Gegenzug prüft die Papiere der Geflüchteten, die aus Deutschland kommen, genau.

Und Deutschland tut es ihnen gleich: Bereits über 1800 Personen hat die Bundesrepublik die Einreise verweigert. So viele wie im gesamten letzten Jahr. Auch Österreich hat bereits über 1700 Menschen, die über Slowenien kamen, abgewiesen.

Familien würden so auseinandergerissen, heißt es von Seiten der Kritiker. Die in Schärding befragten Geflüchteten sagten, sie hätten sich bewusst auf den Weg gemacht, um zu ihren Familien zu gelangen. Keiner von ihnen hat Angehörige in Österreich. Dennoch würden einige auch bleiben, aber sie seien sich nicht sicher, ob das überhaupt möglich sei.

Destination: Schweden

Was jetzt mit all den Menschen passiert, ist ungewiss. Ein Polizist, der namentlich nicht genannt werden will, sagt, sie seien alle registriert und hätten nun sechs Wochen Zeit zu entscheiden, welchen nächsten Schritt sie unternehmen wollen. Ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes hingegen spricht von vier Wochen. So genau weiß es keiner.

Morad, ein freiwilliger Übersetzer des Roten Kreuzes, erzählt, dass die Flüchtlinge in den vergangenen Wochen ratlos und verzweifelt waren. "Sie werden in Deutschland abgelehnt und dann zurück zu uns geschickt", sagt er. Er wisse auch nicht, wohin sie nach der Nacht im Zelt des Roten Kreuzes gehen.

In der gegenüberliegenden Ecke des Zeltes hat eine Gruppe afghanischer Männer und Frauen ihre Decken auf dem Boden ausgebreitet. "Die Beamten an der deutschen Grenze fragten uns, ob wir in Deutschland bleiben wollen, und ich habe ihnen gesagt, dass ich nach Schweden will", sagt einer der Männer. Seine Familie lebt bereits seit zwei Jahren in Schweden. Er und auch die anderen haben zwei Jahre lang gespart und alles zusammengekratzt, um sich auf diese Reise zu begeben. Jetzt stecken sie fest.

Keiner weiß, wohin

Seine Frau ist den Tränen nahe. "Wir wollen den Österreichern nicht zur Last fallen, wir wollen überhaupt niemanden stören. Alles, was ich will, ist nach Schweden zu reisen", sagt die 25-jährige Omolbanin Irfani aus Mazar.

Auch Ghualm Nabi will weiter nach Schweden. Der große, schlanke Mann im dunkelblauen Shirt will zu seiner Ehefrau. Keiner von ihnen hatte damit gerechnet, an der deutschen Grenze abgewiesen zu werden.

Bernd Innendorfer von der Polizei in Oberösterreich erzählt, es habe schon einige Fälle gegeben, bei denen Geflüchtete versucht hätten, illegal über die Grenze nach Deutschland zu gelangen. So wie Abdullah Nuristani. Er hat es bereits viermal versucht.

Sobald sie zurückgeschickt werden, kann man die Flüchtlinge gesetzlich 48 Stunden festhalten. Danach, sagt Heinz Grundböck, Sprecher des österreichischen Innenministeriums, habe man keine legale Handhabe mehr. "Dann können sie einfach gehen."

Sie sind zwar dann frei und können gehen - aber wohin, ist die viel größere Frage.

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