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Ohnmacht des Präsidenten

22. Mai 2009

Die im Juni anstehenden Präsidentschaftswahlen im Iran gelten als Lackmustest für den künftigen politischen Kurs der Islamischen Republik. Doch über wie viel Macht verfügt der Präsident im autoritären Gottesstaat?

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Ayatollah Ali Chamenei vor dem Bild seines Vorgängers Ayatollah Khomeini (Foto: AP)
Uneingeschränkter Herrscher seit 1989: Ayatollah Ali ChameneiBild: AP

Wenn Präsidentschaftswahlen die politischen Verhältnisse grundlegend ändern würden, wären sie in der Islamischen Republik mit Gewissheit verboten. Diese Erfahrung musste bereits der reformorientierte frühere Präsident Mohammad Khatami machen. In seiner insgesamt achtjährigen Amtszeit gelang es ihm nicht, einen grundlegenden Wandel des autoritär-theokratischen Systems zu erreichen, grundlegende Reformen wie die Garantie von Parteienpluralismus, Pressefreiheit oder die Achtung der Menschenrechte einzuleiten.

Ein ohnmächtiger Präsident

Mohammad Khatami
Mohammad Khatami war fünfter Staatspräsident des Iran

Im Gegenteil: In Khatamis Regierungszeit fallen die brutale Niederschlagung der Studentenproteste 1999 und die Serienmorde an Intellektuellen und Schriftstellern im Iran. Die überkommene islamistisch-revolutionäre Staatsideologie Khomeinis blieb ebenso unangetastet wie der verkrustete Herrschaftsapparat, der die politische Macht des Klerus zementierte. Viele Iraner wandten sich von dem anfangs noch als demokratischen Hoffnungsträger gefeierten Präsidenten denn auch enttäuscht ab.

Die politische Ohnmacht des Präsidenten wurde ebenso für all jene politischen Beobachter im Westen deutlich, die Khatami noch zu Beginn seiner Amtszeit euphorisch attestiert hatten, womöglich ein "iranischer Gorbatschow" zu sein. Erst spät setzte sich die Einsicht durch, dass ein demokratischer Wandel im Rahmen der von Khomeini diktierten Verfassung der so genannten "Herrschaft der Rechtsgelehrten" ("velayat-e faqih") unmöglich schien.

Im Schatten des Revolutionsführers

Es gehört zu den Eigenarten der Islamischen Republik, dass letztendlich alle politischen Fäden beim Revolutionsführer zusammenlaufen, erklärt der persische Journalist und Iranexperte Ali Sadrzadeh: "Nach der Verfassung der Islamischen Republik hat der Staatspräsident nicht viel Macht. Die eigentliche Macht - d.h. Oberbefehl über die Streitkräfte, Auflösung des Parlaments, ja sogar die Außenpolitik - fällt in den Bereich des Revolutionsführers und der Staatspräsident ist nichts anderes als der Ausführende dessen, was das System und der Führer der Islamischen Republik ihm erlauben."

Der Staatspräsident leitet zwar offiziell die Exekutive, allerdings nur soweit sie die Angelegenheiten des Revolutionsführers nicht direkt betreffen, was wiederum von dessen Ermessen abhängt. Der Präsident untersteht einer Machttroika aus Expertenrat, Wächterrat und dem religiösen Führer an der Spitze. Der Wächterrat, dessen Mitglieder vom religiösen Führer ernannt werden, wählt auch die zulässigen Kandidaten für die Wahl des Staatspräsidenten - weshalb bereits von vornherein unabhängige Kandidaten keine Chance haben, bei den Wahlen zugelassen zu werden.

Die Allmacht der "grauen Eminenz"

Seit dem Tod Khomeinis vor 20 Jahren ist Ali Chamenei Revolutionsführer – Irans unumschränkter Herrscher, vom Expertenrat 1989 auf Lebenszeit gewählt und in keiner Weise seiner Bevölkerung gegenüber rechenschaftspflichtig.

Irans Präsident Mahmud Ahmadineschad küsstt die Hand des iranischen Revolutionsführers Ayatollah Ali Khamenei (Foto: dpa)
Ahmadinedschad nach der Bestätigung seiner Wahl zum neuen iranischen Präsident im August 2005Bild: dpa

Er gilt als die "graue Eminenz" der Islamischen Republik, der nicht nur die innen- sondern auch in außenpolitischen Richtlinien vorgibt. Sein politischer Kurs entspricht im Wesentlichen dem des heutigen Präsidenten Mahmud Ahmadineschad, auch wenn dieser - etwa in Fragen der Atompolitik - gelegentlich den Bogen überspannt, erklärt Ali Sadrzadeh: "Ahmadineschad hat weder in der Atomfrage, noch in anderen wichtigen außenpolitischen Entscheidungen wirklich das Sagen. Ob der Iran beispielsweise seine Beziehungen zu Amerika normalisiert, liegt nicht in seinen Händen, sondern in denen des Revolutionsführers."

Ahmadineschads zweite Chance?

Ahmadineschad wittert derzeit seine große Chance, ein zweites Mal als Präsident der Islamischen Republik gewählt zu werden - trotz der Ablehnung seines kompromisslosen und konfrontativen Politikstils und der Politikmüdigkeit großer Teile der Zivilbevölkerung.

Seine Hoffnungen auf den Wahlsieg sind dennoch nicht unbegründet - konnte er doch bisher eine beachtliche Wählerklientel aus den Reihen der islamischen Milizen ("asidji") und des Militärs für sich gewinnen. Und vielleicht darf sich Ahmadinedschad auch wieder der Unterstützung des allmächtigen Revolutionsführers sicher sein - der hatte ihn schon bei der letzten Präsidentschaftswahl im Jahr 2005 favorisiert.

Autor: Arian Fariborz

Redaktion: Stephanie Gebert