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Al-Kaida im Jemen

Diana Hodali7. August 2013

Nasser al-Wuhaishi, einst Bin Ladens Privatsekretär, nutzt die Schwäche des Jemen, um Anschläge gegen den Westen zu planen. Die arabische Halbinsel gilt als ideales Territorium für Al-Kaida-Terroristen.

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Nasser al-Wuhaishi (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Eigentlich sollte die deutsche Botschaft in Sanaa am Dienstag (06.08.2013) wieder öffnen. Doch die Pforten der deutschen Vertretung bleiben erstmals auf unbestimmte Zeit geschlossen. "Das ist unsere eigene Einschätzung, die wir vor dem Hintergrund der amerikanischen Einschätzung vorgenommen haben", erklärt ein Sprecher des Auswärtigen Amtes die Ausgangslage. Die USA hatten als Reaktion auf die mutmaßliche Terrorgefahr 22 Botschaften und Konsulate von Nordafrika bis Südasien geschlossen. Besonders gefährlich wird die Lage im Jemen eingeschätzt: Dort haben die USA und Großbritannien ihre Bürger bereits ausgeflogen.

Berichten der New York Times zufolge basiert die US-Terrorwarnung auf abgefangenen Nachrichten zwischen Al-Kaida-Chef Aiman al-Sawahiri und dem Chef der Al-Kaida auf der Arabischen Halbinsel (AQAP - Al-Qaeda in the Arabian Peninsula), Nasser al-Wuhaishi. Dabei sei es um die "konkretesten und glaubwürdigsten Bedrohungen, die ich seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gesehen habe" gegangen, sagte der Vorsitzende des Heimatschutzausschusses im US-Repräsentantenhaus, Michael McCaul.

Soldaten vor der deutschen Botschaft im Jemen (Foto: DPA)
Bleibt vorerst geschlossen: Die deutsche Botschaft im JemenBild: picture-alliance/dpa

"Jemen ist das ideale Territorium für Al-Kaida"

Schon vor Ausbruch der Arabischen Revolutionen 2011 war Al-Kaida auch im Jemen aktiv. Doch die Terrororganisation profitiert von den inneren Konflikten nach dem Ausbruch der jemenitischen Revolution und nutzt das Land nun verstärkt als Rückzugsgebiet. Der Jemen ist das ärmste arabische Land. Fast die Hälfte der 23 Millionen Jemeniten müssen mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen; etwa 30 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos. "Der Jemen ist daher das ideale Territorium für Al-Kaida", sagt Günter Meyer vom Zentrum für Forschung zur Arabischen Welt in Mainz.

Zudem gebe es dort viele unzugängliche Gebiete, in denen man sich verstecken könne. In weiten Teilen des Landes verfügt die Übergangsregierung unter Abed Rabbo Mansur Hadi über so gut wie keinerlei staatliche Kontrolle mehr: Schiitische Aufständische im Norden, die sogenannten Houthi-Rebellen, liefern sich seit Jahren ausgiebige Gefechte mit Regierungstruppen. Separatisten im ehemals kommunistischen Süden des Landes fordern die Abspaltung vom Nordjemen.

Al-Wuhaishi - der Mann für Anschläge

Diese Situation nutzte Al-Kaida vor gut zwei Jahren besonders im Süd-Jemen, um ihr Einflussgebiet zu erweitern: "Es gab dort damals eine riesige Al-Kaida-Offensive", sagt Günter Meyer. Doch durch die Drohnen-Angriffe der USA in den vergangenen 18 Monaten konnte die Terrorgruppe aus einigen Gebieten zurückgedrängt werden. "Auf der anderen Seite haben sie sich mit Hilfe von Nasser al-Wuhaishi (siehe Bild oben), der als charismatischer Dschihadist bezeichnet wird, hervorragend militärisch organisiert", sagt Nahost-Experte Günter Meyer. Ihm verdanke die AQAP, dass sie nach wie vor als die international gefährlichste Organisation von Al-Kaida angesehen werde.

Ein US-Drohne zerstört ein Auto im Jemen (Foto: Reuters)
Die Drohnen-Offensive der USA im Jemen läuft seit 18 MonatenBild: Reuters

Nasser al-Wuhaishi war Osama Bin Ladens Privatsekretär in Afghanistan. 2001 floh er in den Iran, wurde allerdings 2003 von dort an den Jemen ausgeliefert und inhaftiert. Bei einem Massenausbruch aus dem Gefängnis 2006 entkam Al-Wuhaishi dann. Aufgrund seiner engen Bindung zu Osama Bin Laden bekam er schnell eine Führungsrolle innerhalb der AQAP. Diese war 2009 aus einem Zusammenschluss des jemenitischen und des saudi-arabischen Ablegers hervorgegangen.

In den folgenden Jahren machten Jemens Terroristen mit Anschlagsplänen von sich reden. So wollte sich der nigerianische "Unterhosen-Bomber" Omar Faruk Abdulmutallab Ende 2009 auf einem Transatlantik-Flug mit einem Sprengsatz in der Unterhose in die Luft sprengen. Er wurde im Jemen ausgebildet und ausgerüstet.

Wer schafft den nächsten großen Anschlag?

"Waffenlieferungen, die über Ost-Afrika ankommen, haben dafür gesorgt, dass die Terroristen im Jemen gut ausgerüstet sind", sagt Günter Meyer. Außerdem soll Al-Kaida-Chef Sawahiri, der seit Jahren angeblich im pakistanischen Untergrund lebt, den Jemeniten Al-Wuhaishi jetzt zum zweitwichtigsten Mann der Al-Kaida ernannt haben - und damit zum Chefplaner für Anschläge gegen den Westen. Sawahiri behalte zwar seine Führungsposition, aber für das Geschehen vor Ort sei jetzt Al-Wuhaishi zuständig, sagt Nahost-Experte Meyer.

Nach Informationen, über die der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU Philipp Mißfelder verfügt, gehen Experten davon aus, dass innerhalb Al-Kaidas eine Art "Machtkampf" ausgebrochen sei, wer es schaffe, den nächsten großen Anschlag gegen den Westen zu verüben.

In den USA ist daher die Debatte entbrannt, ob man Botschaften mit Hilfe des eigenen Militärs besser schützen solle. Der Politiker Philipp Mißfelder hält das für gar keine gute Idee: "Dieser Schutzschild der Soldaten könnte dann zum Angriffsziel werden", sagt er. Botschaftsschutz müsse man zwar ernst nehmen, aber ein Hochrüsten der Botschaften würde überhaupt nichts bringen - im Gegenteil.