Aktivist Schischow in Kiew tot aufgefunden
3. August 2021Einen Tag nach seinem plötzlichen Verschwinden in der ukrainischen Hauptstadt ist der belarussische Aktivist Vitali Schischow tot aufgefunden worden. Die dortige Polizei teilte mit, der Fundort sei nicht weit entfernt von der Wohnung Schischows. Die Polizei leitete ein Ermittlungsverfahren ein. Dabei werde neben anderen Möglichkeiten auch dem Verdacht nachgegangen, dass es sich um einen als Suizid getarnten Mord handeln könnte.
Die von Schischow geleitete Organisation "Belarussisches Haus in der Ukraine" hatte zuvor auf Telegram mitgeteilt, er sei am Montagmorgen nicht von einer Joggingrunde in der Hauptstadt Kiew zurückgekehrt. Polizeibeamte und Freunde Schischows hätten die Gegend abgesucht, in der sich der Aktivist zum Joggen aufgehalten hatte. Er sei auf seinem Handy nicht erreichbar.
Die Organisation hilft belarussischen Staatsbürgern, die vor der Unterdrückung in ihrem Heimatland in die Ukraine geflohen sind. Dort kümmert sie sich um Unterbringung, Aufenthaltsgenehmigungen und Arbeitsplätze für Gegner von Staatschef Alexander Lukaschenko. Wie die Nichtregierungsorganisation Wiasna unter Berufung auf Freunde von Schischow mitteilte, wurde dieser beim Joggen kürzlich von "Fremden" verfolgt.
Viele Belarussen emigrieren
Viele Belarussen fliehen angesichts von Repression in ihrem Heimatland in die benachbarte Ukraine, nach Polen oder Litauen. Der seit fast drei Jahrzehnten regierende belarussische Präsident Lukaschenko war im August 2020 trotz massiver Betrugsvorwürfe zum Sieger der Wahl erklärt worden. Die Opposition geht dagegen von Wahlbetrug aus. Gegen die monatelang anhaltenden Massenproteste ging Lukaschenko mit dem massiven Einsatz von Sicherheitskräften vor, Hunderte Menschen wurden inhaftiert.
Der belarussische Präsident ließ zuletzt mit einem Kampfflugzeug eine Passagiermaschine beim Überflug über Belarus abfangen und nach der erzwungenen Landung den bekannten Oppositionellen Roman Protasewitsch und dessen Freundin festnehmen. Westliche Staaten haben deshalb Sanktionen gegen die Regierung in Minsk erlassen.
Zuletzt sorgte international der Fall der belarussischen Olympia-Athletin Kristina Timanowskaja für Aufsehen. Die Sprinterin hatte nach kritischen Äußerungen über belarussische Sportfunktionäre bei den Olympischen Spielen in Tokio Schutz bei der Polizei gesucht. Timanowskaja sollte offenbar gegen ihren Willen von Vertretern des belarussischen Kaders außer Landes gebracht werden. Am Montag gewährte Polen der Sportlerin ein humanitäres Visum.
kle/sti (afp, rtr)