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Politik

AKK, die Bundeswehr und die große Bühne

17. Juli 2019

Die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer wagt den Sprung und wird neue Ministerin für Verteidigung. Die Gefahr, an der Aufgabe zu scheitern, ist groß. Aber auch die Chance, sich auf internationaler Bühne zu empfehlen.

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Berlin | Annegret Kramp-Karrenbauer
Bild: Reuters/H. Hanschke

Sie weiß wohl ganz genau, was da auf sie zukommt: Konzentriert und ernsthaft steht Annegret Kramp-Karrenbauer an diesem Mittwoch im Verteidigungsministerium in Berlin und lauscht den militärischen Ehren, die extra für sie erklingen. Danach sagt sie: "Ich gehe an diese Aufgabe heran mit hohem Respekt." Die Soldaten und andere Mitarbeiter der Bundeswehr stünden unter besonderem Druck: "Und deshalb haben sie auch die höchste Priorität verdient." Besonders gingen ihre Gedanken zu den Soldaten im Auslandseinsatz und zu deren Familien. Ein guter Einstand.  

Opposition rügt mangelnde Erfahrung der neuen Ministerin

Die Opposition rügte prompt die mangelnde Erfahrung von Annegret Kramp-Karrenbauer auf dem Gebiet der Verteidigung. "Sie ist bisher nicht durch besondere außen- oder sicherheitspolitische Kompetenz aufgefallen. Die Äußerungen, die sie als CDU-Vorsitzende und zuvor als (CDU-)Generalsekretärin zum Themenfeld von sich gab, lassen einen verstärkten Aufrüstungsschub, eine Politik der Aggression nach außen und stark steigende Militärausgaben befürchten", zetert etwa Alexander Neu, Verteidigungsexperte der Linken. Dagegen sagte der Verteidigungsexperte der Union, Roderich Kiesewetter, der DW: "Das Besondere an dieser Entscheidung ist, dass erstmals in der Geschichte der Bundeswehr das Amt der Verteidigungsministerin und der CDU-Parteivorsitz gemeinsam ausgeübt werden. Das ist ein klares Bekenntnis der Christlich-Demokratischen Union zur Bundeswehr wie niemals zuvor in der bundesdeutschen Geschichte."

Deutschland CDU-Politiker Roderich Kiesewetter in Berlin
"CDU-Vorsitz und Chefposten im Verteidigungsministerium: Das gab es noch nie!" - CDU-Verteidigungsexperte Roderich KiesewetterBild: picture-alliance/dpa/S. Pilick

Drei große Herausforderungen

Tatsächlich ist der Bereich Verteidigung und Bundeswehr für die CDU-Chefin erst einmal Neuland, aber das galt auch für viele ihrer Vorgänger, den erfolgreichen ebenso wie den weniger erfolgreichen. Grob umrissen lassen sich die Herausforderungen für die neue Ministerin in drei Punkten zusammenfassen: Sie wird mit dem internationalen Druck umgehen müssen, die Zahl der deutschen Soldaten im Auslandseinsatz, heute rund 3200, zu erhöhen. Sie stehen in Afghanistan (immer noch der personell stärkste Einsatz), in Mali, im Libanon. Sie wird außerdem weiter konfrontiert sein mit der klaren Forderung vor allem der USA, den Verteidigungsetat der Bundeswehr auf zwei Prozent des Bruttosozialprodukts zu erhöhen, wie in der Nato seit 2014 vereinbart. Zuletzt ist der Etat gestiegen, er soll laut Finanzplanung aber wieder sinken und 2023 nur 1,25 Prozent der Wirtschaftsleistung betragen. Und neben den vielen internen Baustellen (undurchsichtiges Beschaffungswesen, nicht funktionierende Flugzeuge, Panzer und Schiffe, Personalsorgen) wird sie wie ihre Vorgängerin vor allem bei den osteuropäischen Nato-Partnern weiter um Vertrauen werben müssen, die in ständiger Sorge vor russischer Aggression leben. 

Japan G20 Gipfel Osaka
Fordert immer wieder höhere deutsche Verteidigungsausgaben - US-Präsident Trump, hier mit Kanzlerin MerkelBild: Reuters/K. Lamarque

Deutsch-französischer Flugzeugträger?

Gut möglich, dass die CDU-Chefin im neuen Amt auch schnell von zwei Äußerungen der letzten Zeit eingeholt wird, die viel beachtet wurden. Als Antwort auf die EU-Reformpläne von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte sich Kramp-Karrenbauer im März dieses Jahres für den Bau eines deutsch-französischen Flugzeugträgers ausgesprochen. Kostenpunkt: Etwa 4,5 Milliarden Euro. Nicht wenige Verteidigungsexperten hegten schon damals Zweifel, dass das gelingen kann. So kanzelte der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, den Vorschlag kurz und bündig ab. "Für D Lichtjahre entfernt", also für Deutschland.

Bodentruppen aus Deutschland in Syrien?

Und, fast noch spektakulärer: Anfang Juli ließ Kramp-Karrenbauer Sympathien für einen Einsatz von deutschen Bodentruppen im Anti-Terrorkampf in Syrien erkennen, wie ihn die USA fordern. Die CDU-Chefin sagte damals in einem im Interview mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen: "Das ist für uns ein ganz großer Sprung." Und weiter: "Es geht hier auch ein gutes Stück um unsere eigene Sicherheit in Deutschland, nicht nur um das, was die Vereinigten Staaten möchten." Ob sie sich an diese Äußerungen nun im Amt erinnert wird, bleibt abzuwarten.

Ein anderer Ton den Soldaten gegenüber

International muss Kramp-Karrenbauer also Kontinuität wahren, im Land selbst wird sie genug mit der Dauerbaustelle Bundeswehr zu tun haben. Und, wenn möglich: Einen anderen Ton anschlagen gegenüber den Soldaten als den, den ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen ab und zu an den Tag legte. Vielen Soldaten ist noch gut im Gedächtnis, was die Ministerin im April 2017 sagte: "Die Bundeswehr hat ein Haltungsproblem, und sie hat offensichtlich eine Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen." Gemeint waren rechte Umtriebe in der Truppe, aber an den Pranger gestellt fühlten sich auch unbescholtene Soldaten. Nicht erst seitdem war das Verhältnis der Soldaten zu ihrer Ministerin nicht das beste. Diese Ansprache jetzt zu ändern, ist nach Ansicht von Agnieszka Brugger, der Verteidigungsexpertin der Grünen, eine große Chance für die Neue im Amt: "Annegret Kramp-Karrenbauer muss mehr darauf achten, die Soldaten und Soldatinnen wieder mitzunehmen. Die Bundeswehr braucht keine zackigen Schlagzeilen und Selbstprofilierung, sondern solide und zukunftsfeste Lösungen." Und Jana Puglierin von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik sagte der DW, Kramp-Karrenbauer müsse schnell mit der Truppe in Kontakt treten: "Sie muss beweisen, dass dieser neuer Posten für sie nicht bloß eine Zwischenstation darstellt, um sich international zu präsentieren."

Mali Bundeswehreinsatz Symbolbild
Auslandseinsätze, wie hier in Mali, bringen die Bundeswehr an die Grenze ihre BelastbarkeitBild: picture-alliance/dpa/M. Kappeler