1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Afrika: Ein Kino-Kontinent im Aufbruch

25. Februar 2018

Vielfalt und Kreativität zeichnen die afrikanische Filmwelt aus - und das trotz mangelnder Fördermöglichkeit und wenigen Kinosälen. Der "Berlinale Africa Hub" bietet afrikanischen Filmschaffenden eine Plattform.

https://p.dw.com/p/2tFWK
Internationale Filmfestspiele Berlin 2018 | Imfura
Szene aus "Imfura" - ein Film über den ruandischen Genozid

Den "Afrikanischen Film" gibt es eigentlich nicht, sagt Vinzeno Bugno, Projektleiter des World Cinema Fund (WCF): "Der Begriff klingt viel zu banal, denn es handelt sich um eine riesige und diverse Region." Bugno stellt an diesem Nachmittag Fördermöglichkeiten für afrikanische Filmemacher beim "Berlinale Africa Hub", einer Initiative des European Film Market, vor. Erst im zweiten Jahr ist der afrikanische Kontinent mit dem "Hub" auf diesem wichtigen Branchentreffen präsent, das zeitgleich zur Berlinale stattfindet.

"Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich einiges bewegt", sagt Bugno, der auch in der Auswahlkommission für die Wettbewerbsfilme sitzt. So verfüge zum Beispiel Südafrika über sehr professionelle Strukturen. Aber auch andere Regionen hätten viel zu bieten: "Als World Cinema Fund haben wir in den vergangenen Jahren drei sudanesische Projekte unterstützt."

Berlinale 2018 - Berlinale Africa Hub
Zum zweiten Mal fand der "Berlinale Africa Hub" stattBild: DW/A. Steffes-Halmer

Der WCF, gefördert vom Auswärtigen Amt und der Kulturstiftung des Bundes, versucht eine Lücke auf dem afrikanischen Kontinent zu schließen, denn Fördermöglichkeiten für junge Filmemacher gibt es in Subsahara-Afrika so gut wie keine. Das kann auch Machérie Ekwa Bahango bestätigten, die mit ihrem Film "Maki'La" in diesem Jahr auf der Berlinale Premiere feierte. "Wir haben keinerlei Unterstützung seitens der Regierung und versuchen, so gut es geht allein zurecht zu kommen." Die 24-jährige Kongolesin sieht die Zukunft der Filmbranche in ihrem Land aber durchaus positiv: "Ich denke, wenn sie unsere Filme sehen, die wir mit viel Mut und eigenen Mitteln realisieren, dann werden sie sich früher oder später auch dafür interessieren", so Bahango im DW-Interview.

Zu wenig afrikanische Filme auf der Leinwand

Auch Kinobetreiber haben es in Afrika nicht leicht: Teure Filmrechte, hohe Mieten sowie Raubkopien haben auch auf dem afrikanischen Kontinent für ein Kinosterben gesorgt. Und dort, wo es Kinos gibt, werden größtenteils Hollywood-Produktionen gezeigt. In der Demokratischen Republik Kongo wurden in den 1970er Jahren unter Ex-Präsident Mobutu Sese Seko alle Kinos verkauft. Politische Unruhen und bewaffnete Konflikte erschwerten ein freies, kreatives Arbeiten auch in den folgenden Jahrzehnten. Erst nach 2010 entspannte sich die Lage für die kongolesischen Filmemacher: 2014 fand das erste internationale Filmfestival in Kinshasa statt, mittlerweile gibt es im Land auch vereinzelt wieder Kinosäle.

"Unsere Zuschauer werden immer offener für afrikanische Geschichten", sagt auch die südafrikanische Filmemacherin Sara Chitambo: "Lange Zeit lag der Fokus vor allem auf der amerikanischen Filmkultur. Aber jetzt wollen sich die afrikanischen Zuschauer auf der Leinwand wiederfinden."

DW Interview Berlinale 2018 - südafrikanischen Filmemacherin Sara Chitambo
Die südafrikanischen Filmemacherin Sara Chitambo (links)Bild: DW/A. Steffes-Halmer

Chitambo arbeitet derzeit an gleich zwei Produktionen, die Frauen in den Fokus rücken: "Home in my heart", eine Coming-of-Age-Geschichte einer Kongolesin, die in Johannesburg aufwächst, und "Women covering conflict", ein Dokumentarfilm über Journalistinnen in Krisengebieten. Noch ist Chitambo mit ihren Projekten nicht bei der Berlinale vertreten. Sie nutzt das Festival zum Austausch mit anderen Filmschaffenden.

Eine junge Generation erobert das Kino in Ruanda

Sammuel Ishimwe hat geschafft, wovon Sara Chitambo träumt: Bei den "Berlinale Shorts" läuft sein Kurzfilm "Imfura". Er erzählt die Geschichte eines Jungens, der seine Mutter während des ruandischen Genozids verloren hat - ganz wie der Filmemacher selbst. "Alle haben ihre ganz persönliche Sicht auf den Genozid", so Ishimwe. "Wir Cineasten wollen die Menschen würdevoll zeigen, mit ihren wahren Geschichten, ihren Träumen und Ängsten." Das sei Aufgabe des Kinos und universell gültig, denn überall auf der Welt teilten die Menschen die gleichen Emotionen.

"Der Genozid ist immer wieder Thema im ruandischen Film", erklärt Igor Cesar, der ruandische Botschafter in Berlin. Die Filmindustrie in seinem Land sei sehr jung und habe sich erst nach dem Völkermord, der 1994 bis zu eine Million Menschenleben forderte, entwickeln können. Dass zum ersten Mal ein ruandischer Film bei den Berlinale Shorts vertreten sei, mache ihn daher ganz besonders stolz.

Mehr Arthouse und nicht nur Nollywood

Ein afrikanisches Land, dessen Filmszene weit über seine Landesgrenzen hinaus bekannt ist, ist Nigeria. In "Nollywood" entstehen jedes Jahr etwa 400 bis 2000 Filme. Jedoch seien diese Filme vielfach nach dem gleichen Muster gestrickt, der Branche fehle es an Kreativität und Risikofreude, meint Tunde Aladese: "Es geht vor allem darum, was sich gut verkauft und womit sich viel Geld verdienen lässt", so die nigerianische Filmemacherin. Sie begrüßt, dass die Filmindustrie dadurch wachsen und viele Menschen dort Arbeit finden konnten. Allerdings wünscht sich die frischgebackene Filmschulabsolventin mehr nigerianische Arthouse-Produktionen.

Supa Modo
"Supa Modo" handelt von einem kenianischen Mädchen, das eine Superheldin sein möchteBild: One Fine Day Films/Enos Olik

Berlinale-Jurypräsident Tom Tykwer ist seit Jahren Fan des afrikanischen Kinos und bietet mit seiner Produktionsfirma One Fine Day Films seit 2008 Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für afrikanische Filmemacher an. Die neueste daraus entstandene Filmproduktion feierte bei der diesjährigen Berlinale Premiere - das Drama "Supa Modo" des kenianischen Regisseurs Likarion Wainaina, das unter anderem von der Deutschen Welle Akademie co-produziert wurde.

Trotz allen Herzbluts: In diesem Jahr hat es keine afrikanische Produktion in den Wettbewerb um die heißbegehrten Bären geschafft. 2017 wurde das vielbeachtete Drama "Félicté" des französisch-senegalesischen Regisseurs Alain Gomis mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. 2019 hoffen die afrikanischen Filmemacher, an diesen Erfolg anknüpfen zu können.

Annabelle Steffes-Halmer | provisorisches Kommentarbild
Annabelle Steffes-Halmer Autorin, Redakteurin, Videojournalistin und Trainerin