Dhlakama: ein Leben als Kämpfer
25. Oktober 2013Der Wendepunkt im Leben des 1953 geborenen Afonso Macacho Marceta Dhlakama war vermutlich der zweite Wahlgang der Präsidentschaftswahlen 1999 in Mosambik. Offiziell erreichte er 47,7 Prozent der Stimmen und unterlag damit knapp dem Kandidaten der ehemaligen Befreiungsbewegung FRELIMO, Joaquim Chissano, der auf 52,3 Prozent kam. Doch zahlreiche Wahlbeobachter sind überzeugt, dass Dhlakama die Wahl gewonnen hätte und Präsident Mosambiks geworden wäre, wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre. "Da hat es massive Manipulationen des Wahlergebnisses gegeben: Hunderttausende Stimmen wurden in RENAMO-Hochburgen für ungültig erklärt", sagt beispielsweise der freie deutsche Entwicklungsberater Rainer Tump. Er hatte damals die Wahlergebnisse überprüft.
Immer schlechtere Wahlergebnisse
Dhlakama akzeptierte die Niederlage. Doch ab dann ging es mit seiner Partei bergab. Bei der Präsidentenwahl im Jahr 2004 erhielt Dhlakama nur noch knapp 32 Prozent der Stimmen. Mit Armando Guebuza stellte die FRELIMO den nächsten Staatschef. Der Abstand war zu groß, um deutliche Zweifel am Resultat aufkommen zu lassen. Doch Dhlakama ließ sich nicht entmutigen und kandidierte 2009 erneut.
Die Geschicke der "Nationalen Widerstandsbewegung Mosambiks", kurz RENAMO, leitet Afonso Dhlakama seit dem Tod des RENAMO-Gründers André Matsangaissa während des Bürgerkriegs (1979). Bis zum Ende des Kriegs 1992 führte Dhlakama die Truppen der RENAMO mit Hilfe des früheren Apartheid-Staates Rhodesien (des heutigen Simbabwe) sowie später mit Unterstützung Südafrikas gegen die marxistische FRELIMO.
Frieden nach dem Ende der Unterstützung durch außen
Der Krieg im Südosten Afrikas gilt als einer der brutalsten Afrikas. Die RENAMO war dafür berüchtigt, Schulen und Gesundheitsstationen niederzubrennen, Straßen zu verminen und Kindersoldaten zu rekrutieren. Etwa 900.000 Menschen kamen durch die Gewalt beider Seiten ums Leben, Millionen wurden vertrieben.
Nach dem Ende des Kalten Krieges und der Rassentrennung in Südafrika kam es 1992 zum Friedensabkommen von Rom. Da die FRELIMO zuvor den Einparteienstaat und die Planwirtschaft aufgegeben hatte, rühmt sich Dhlakama, "Vater der Demokratie" in Mosambik zu sein. Doch wie sind die immer schlechter werdenden Wahlergebnisse zu erklären? "Ich glaube, ein ganz wichtiger Grund ist, dass die Partei es nie geschafft hat, eine wirkliche innerparteiliche Demokratie aufzubauen“, sagt Entwicklungsberater Rainer Trump. "Sie war sehr stark auf den Führer Afonso Dhlakama ausgerichtet.“ Das habe unter anderem zur Abspaltung einer neuen Partei geführt, der Konkurrenzpartei Movimento Democrático de Moçambique (MDM). Aber auch dazu, dass die RENAMO immer wieder wichtige Persönlichkeiten verloren habe. "Sie hatten keine Lust, sich auf ein Spiel einzulassen, bei dem am Ende immer Afonso Dhlakama die Entscheidungen getroffen hat - oft ohne Absprache mit anderen."
Kampf gegen die Dominanz der FRELIMO in Staat und Wirtschaft
Einer der Hauptkritikpunkte Dhlakamas war in den vergangenen Jahren die Dominanz der FRELIMO und ihres Präsidenten Armando Guebuza in Staat und Wirtschaft. Hier gab er den Sorgen großer Bevölkerungsteile Ausdruck. "Wenn Sie mich fragen, was ich machen würde, wenn ich Präsident dieses Landes wäre, wäre da die Reform der Institutionen des Staates“, so Dhlakama. "Man muss die Regierungspartei von den Institutionen trennen. Denn man kann ein demokratisches Land nicht demokratisch nennen, wenn die Institutionen des Staates mit der Regierungspartei verwoben sind."
Auch wenn der Friedensvertrag von Rom die vollständige Entwaffnung der RENAMO vorsah, so hat Dhlakama doch eine Parteiarmee mit eigenen abgeschirmten Militärbasen unterhalten. Der mosambikanische Schriftsteller Mia Couto kritisierte den militaristischen Politikstil Dhlakama in einem Interview mit dem Fernsehsender STV: "Wir sind Geiseln der Angst geworden, Geiseln einer Person [Anm. der Red.: Afonso Dhlakama], die immer wieder ankündigt 'Jetzt kehre ich zum Krieg zurück, jetzt werde ich das Land im Brand setzen'.“
Immer weniger Rückhalt für Renamo
In den vergangenen Jahren machte sich bei Dhlakama ein gewisser Realitätsverlust breit. So bekundete er vor den Wahlen 2009 im Interview mit der DW, dass seine Partei immer weiter wachse: "Vor fünf oder zehn Jahren waren wir hier in Maputo ein Niemand. Aber wenn Sie heute in Maputo Umfragen in Universitäten, bei Rektoren oder Intellektuellen machen würden, dann werden die sagen 'Ich bin für Dhlakama und die RENAMO'."
Mit etwas über 16 Prozent der Stimmen landesweit lag Dhlakama damals jedoch weit abgeschlagen hinter Staatspräsident Guebuza. Auch auf kommunaler Ebene gingen alle Wahlen verloren, und im Parlament schrumpfte die einst mächtige Fraktion auf Minimalgröße. Dazu kam der Schock, als der von seiner eigenen RENAMO-Partei nicht mehr aufgestellte Bürgermeister von Beira, Daviz Simango, 2009 die Konkurrenzpartei MDM gründete und diese sich schnell als neue politische Kraft etablierte.
Bewaffnete Überfälle nehmen zu
Dhlakama reagierte mit Rückzug. Er verließ seine Villa in Maputo, zog zuerst nach Nampula in den Norden des Landes. Am 17. Oktober 2012 folgte der nächste Umzug: diesmal ins Gorongosa-Gebirge. Auf den Tag genau 33 Jahre zuvor war dort sein Vorgänger André Matsangaissa von Regierungssoldaten getötet worden. Ab dann verschärfte Dhlakama die Auseinandersetzung mit der FRELIMO-Regierung, und im April 2013 begann die RENAMO mit bewaffneten Überfällen auf Polizeistationen, Busse und Militärdepots.
"Seit Oktober 2012, als Parteipräsident Dhlakama zurück in sein ehemaliges Kriegs-Hauptquartier gezogen ist, hat er de facto die Institutionen Mosambiks und die vorhandenen demokratischen Plattformen verlassen. So hat er sich selbst von der Hauptstadt Maputo und den normalen politischen Akteuren isoliert", sagt die Mosambik-Analystin des englischen Studieninstituts Chatham House, Elisabete Azevedo-Harman.
Am 21. Oktober 2013 eroberten Soldaten der Regierung die Basis, in die sich Dhlakama und seine RENAMO-Soldaten zurückgezogen hatten. Die RENAMO kündigte das Friedensabkommen von Rom auf. Dhlakama selbst und fast alle seiner Männer konnten entkommen und leben seitdem im Untergrund.