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AfD will Merkels CDU beerben

Kay-Alexander Scholz5. September 2016

Erstmals bei einer Landtagswahl hat die "Alternative für Deutschland" (AfD) die CDU überholt. Sie wähnt sich als neue Volkspartei. Wie reagieren beide Parteien auf dieses historische Ergebnis?

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Petry und Holm bei der Pressekonferenz in Berlin (Foto: Dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

"Die CDU geht den Weg der ÖVP", sagte die Co-Vorsitzende der AfD, Frauke Petry (Foto), in Berlin auf der Pressekonferenz nach der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. Zur Erklärung: In Österreich wird die konservative ÖVP von den Rechtspopulisten der FPÖ arg in Bedrängnis gebracht.

Petry hat sich in den vergangenen Monaten viel Rat beim FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache in Wien geholt hat, ihre Bemerkung kommt also nicht von ungefähr. Wie der AfD-Vorsitzende in Niedersachsen, Armin-Paul Hampel, ist sie überzeugt: "Die AfD ist die 'Nachfolgepartei' der CDU im konservativ-freiheitlichen Lager."

Petrys Statement ist eine deutliche Kampfansage, die auf ein gewachsenes Selbstbewusstsein schließen lässt. Denn erstmals in ihrer jungen Geschichte formuliert die Parteiführung ein inhaltlich-strategisches Ziel, das über den reinen Charakter einer eher monothematischen Protestpartei hinausgeht. Denn bislang hieß es immer, man wolle sich rechts von der Union positionieren - und nicht ihren Platz einnehmen.

War Merkels Flüchtlingspolitik schuld am Wahlergebnis?

Der Wahlerfolg in Mecklenburg-Vorpommern reiht sich in eine Riege von Erfolgen der AfD bei Landtagswahlen ein. Der künftige AfD-Vorsitzende im Landtag in Schwerin, Leif-Erik Holm (Foto oben), bezeichnete seine Partei als "Volkspartei in Mecklenburg-Vorpommern". Sie werde von breiten Schichten, besonders von Arbeitern, Selbstständigen und Mittelständlern und von allen Altersgruppen gewählt. Seine Fraktion werde konstruktiv mitarbeiten und keine Fundamentalopposition betreiben, betonte Holm.

Passend zu dieser Strategie versuchte die AfD der Bewertung zu widersprechen, wonach das gute Abschneiden der Partei in Mecklenburg-Vorpommern primär mit der Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik zu tun habe. Petry und Holm erklärten, neben Migrationsthemen seien auch regionale Fragen ausschlaggebend gewesen, zum Beispiel der Personalabbau bei den Gerichten und der Polizei, aber auch Themen wie soziale Gerechtigkeit, Familie und Bildung.

Mit diesem Portfolio wolle die AfD auch in Richtung Bundestagswahl marschieren, so Petry - ergänzt um die Themen Eurokrise und EU. Aber natürlich bleibe die Flüchtlingspolitik wichtig, da viele Dinge noch nicht geklärt seien. Petry nannte die Frage des Familiennachzugs, die illegale Zuwanderung durch Schlepper, die Zukunft der Mittelmeer-Route und die Frage der Verteilung von Flüchtlingen.

Merkel: Kurswechsel unnötig, aber mehr reden

Ganz anders bewertete Angela Merkel die Wahl. Sie erklärte sich - was unüblich ist bei einem Auslandsaufenthalt - beim G20-Treffen im chinesischen Hangzhou kurz der Presse: Die CDU hätte die Früchte ihrer guten Regierungsarbeit der letzten vier Jahre zusammen mit der SPD nicht ernten können, weil die Themen Flüchtlinge und Integration alles überlagert hätten, so Merkel. Mit dem Wahlergebnis sei sie deshalb sehr unzufrieden.

Porträtfoto Angela Merkel vor schwarzem Hintergrund (Foto: dpa)
In der Defensive: Kanzlerin Angela MerkelBild: picture-alliance/dpa/D. Karmann

Als CDU-Vorsitzende trage sie insoweit eine Mitverantwortung an dem Wahlergebnis. Mehr wollte Merkel dann aber auch nicht einräumen - im Gegenteil. Ihre grundlegenden Entscheidungen seien richtig gewesen. Aber es gebe noch viel zu tun, um verloren gegangenes Vertrauen beim Wähler zurückzugewinnen.

Dabei müsse allerdings unterschieden werden zwischen humanitärer Verantwortung bei Fragen der Integration anerkannter Flüchtlinge und einer konsequenten Rückführung von Menschen, die kein Bleiberecht hätten.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber hatte diese Linie schon am Wahlabend vorgezeichnet: Die Politik müsse besser erklärt werden, manche Maßnahmen bräuchten nun einmal Zeit, um zu wirken, andere müssten noch beschlossen werden.

Tauber ließ anklingen, dass das Wahlergebnis irgendwie ungerecht sei. Schließlich seien die Arbeitslosenzahlen gesunken, Schulden würden zurückgezahlt, viel investiert und im Bund wären doch soziale Verbesserungen wie die Mütterrente und der Mindestlohn beschlossen worden.

Doch dieser Blick auf die Realität scheint beim Wähler derzeit nicht anzukommen. Auch bundesweit liegt die AfD inzwischen bei weit über zehn Prozent in Meinungsumfragen - obwohl Deutschland derzeit ein Hort wirtschaftlicher Stabilität ist.

Stimmungen contra Fakten

Die politische Unruhe in Deutschland ist für die CDU ein ernst zunehmendes Problem. Zusätzlich wird Merkels Partei auch noch von der bayerischen Schwesterpartei, der CSU, attackiert. CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer forderte einen härteren Kurs in der Flüchtlingspolitik - unter anderem mit einer Obergrenze.

Dieser schon seit Monaten laufende Streit zwischen CDU und CSU erweist sich schon jetzt als Schwierigkeit für Angela Merkel bei der Frage, ob sie im September 2017 zur nächsten Bundestagswahl noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten kann.

Es geht also längst darum, das Vertrauen in Merkels Politik und in ihre Person wiederherzustellen. Die AfD wiederum scheint gewillt, diese Schwachstelle ausnutzen zu wollen. Ob ihr das in Zukunft gelingt, wird ganz wesentlich davon abhängen, wie sehr die Machtkämpfe in der AfD-Führung in der Zeit bis zur Bundestagswahl wieder aufflammen werden und welche Lehren die CDU nun zieht.