AfD und CDU: Im Osten viel Zustimmung für Zusammenarbeit
3. August 2023Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Frauen ist bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland vorzeitig ausgeschieden. Große Emotionen wird das bei der Mehrheit der Deutschen wohl nicht auslösen. Nur gut ein Drittel der Bürger identifizierte sich zuletzt stark oder gar sehr stark mit der Nationalmannschaft.
Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend hervor, einer repräsentativen Umfrage, die das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap zwischen dem 31. Juli und dem 2. August 2023 unter 1300 wahlberechtigten Deutschen durchgeführt hat. Die Fußball-WM war aber nur ein Randaspekt, im Zentrum der Meinungsbefragung steht wie üblich die Politik.
Bundesregierung in der Kritik
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP tut sich im Urteil der Bundesbürger auch im August schwer. Nur ein Fünftel der Befragten ist aktuell mit der Arbeit der Bundesregierung zufrieden.
Fast vier von fünf Befragten äußern Kritik. Selbst in den eigenen Reihen überzeugt die Arbeit der Ampel-Regierung, wie die Koalition nach ihren Parteifarben benannt ist, kaum. Die Anhänger der liberalen FDP äußern sich bereits seit längerem überwiegend kritisch. Unter den Anhängern von Sozialdemokraten und Grünen halten sich Zustimmung und Ablehnung zur Regierungsarbeit in etwa die Waage.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz wird persönlich immer unbeliebter. Nur noch drei von zehn Wahlberechtigten (31 Prozent) zeigen sich mit seiner Arbeit zufrieden. Das ist der niedrigste Zustimmungswert im ARD-Deutschlandtrend seit seinem Amtsantritt im Dezember 2021.
Ungerechte Verhältnisse in Deutschland?
Die Bürger sind nicht nur mit dem Kanzler und seiner Regierung unzufrieden, sondern auch mit den gesellschaftlichen Verhältnissen im Land. 58 Prozent sagen, dass es in Deutschland nicht gerecht zugeht. Ein Gefühl, das zum einen mit der Verteilung von Einkommen und Vermögen zu tun hat, aber auch damit, dass bestimmte Gruppen in der Bevölkerung das Gefühl haben, dass ihre Interessen zu wenig berücksichtigt werden.
Zu wenig Gehör in der Politik finden – nach mehrheitlicher Ansicht der Bürger – neben Geringverdienern (71 Prozent) auch Menschen auf dem Land (73 Prozent), Familien (60 Prozent) und sowohl Rentner (64 Prozent) als auch jüngere Menschen (54 Prozent). Zuviel Rücksicht nimmt die Politik in den Augen vieler auf die Interessen von Vermögenden (62 Prozent) und Flüchtlingen (48 Prozent).
AfD mit neuem Bestwert
Wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, könnten die Regierungsparteien wie schon seit Monaten nicht mehr mit einer Mehrheit rechnen.
Die SPD würde 17 Prozent erzielen, die Grünen hätten 15 Prozent in Aussicht, die FDP käme unverändert auf sieben Prozent. Stärkste Kraft bei einer aktuellen Bundestagswahl wäre trotz leichten Verlusten weiterhin die konservative CDU/CSU mit 27 Prozent. Die in Teilen rechtsradikale AfD könnte mit 21 Prozent ihren Bestwert aus dem Juli nochmals übertreffen, die Linkspartei würde an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern und wäre nicht mehr im Bundestag vertreten.
Warum profitiert die Union nicht deutlicher?
Die Unbeliebtheit der Regierungsparteien nützt der Union nur bedingt. Das liegt daran, dass nur 19 Prozent der Bundesbürger glauben, dass die in Deutschland anstehenden Aufgaben und Probleme unter der Führung von CDU/CSU besser gelöst werden könnten.
Etwa ebenso viele (21 Prozent) würden sogar mit schlechteren Ergebnissen in der Regierungsarbeit rechnen. Gut jeder zweite Wahlberechtigte (53 Prozent) würde ähnliche Regierungsleistungen erwarten. Selbst unter den Anhängern der CDU/CSU ist nicht einmal jeder zweite (48 Prozent) überzeugt, dass unter Unions-Führung die Probleme besser angepackt werden würden.
Dass eine unionsgeführte Bundesregierung nur wenig Hoffnungen weckt, hängt auch mit der schlechten Bewertung des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz zusammen. Nur drei von zehn Bundesbürgern halten ihn für einen guten Parteivorsitzenden. Das Amt des Bundeskanzlers traut ihm aktuell nur jeder sechste Bundesbürger (16 Prozent) und gerade einmal jeder dritte CDU-Anhänger (32 Prozent) zu.
Die CDU muss an sich arbeiten
Auch programmatisch haben die Christdemokraten in den Augen der Wahlberechtigten aktuell nur wenig zu bieten. Dass man bei der CDU genau wisse, wofür sie steht, attestiert ein Drittel (33 Prozent) der Partei. Ebenso wenige (31 Prozent) finden, die CDU habe ein Gespür dafür, was die Menschen in Deutschland aktuell bewegt. Nur bei den eigenen Parteianhängern schneidet die CDU besser ab.
In Turbulenzen hat die Union auch die Frage gebracht, ob der Unvereinbarkeitsbeschluss zur AfD weiterhin auf allen politischen Ebenen gelten soll. 64 Prozent der für den ARD-Deutschlandtrend Befragten finden es richtig, dass die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD grundsätzlich ausschließt, 29 Prozent finden das nicht richtig. Erhebliche Unterschiede gibt es allerdings, wenn man die westdeutschen und die ostdeutschen Bundesländer separat betrachtet.
Während in Westdeutschland gut zwei von drei Wahlberechtigten die Haltung der CDU begrüßen, ist es in Ostdeutschland nur knapp jeder Zweite - das ist eine deutliche Veränderung zum März 2020, als diese Frage im ARD-Deutschlandtrend zuletzt gestellt wurde. In den Antworten spiegeln sich die hohen Zustimmungswerte zur AfD im Osten der Republik. In Thüringen und Sachsen würde derzeit jeder Dritte die AfD wählen.
Alles ablehnen oder auch mal zustimmen?
Im thüringischen Sonneberg wurde erstmals in Deutschland ein AfD-Kandidat zum Landrat gewählt. Seitdem stellt sich die drängende Frage, wie auf kommunaler Ebene mit der Partei umgegangen werden soll. 70 Prozent der Befragten plädieren im ARD-Deutschlandtrend für mehr Pragmatismus. Über eine Zustimmung zu AfD-Anträgen in den Parlamenten von Städten, Gemeinden und Landkreisen sollte von Fall zu Fall entschieden werden.
In Ostdeutschland sind sogar 81 Prozent der Befragten für mehr Pragmatismus, in Westdeutschland sind es 67 Prozent. Blickt man bundesweit auf die Parteianhänger, dann sind lediglich die Anhänger der Grünen mehrheitlich (51 Prozent) der Ansicht, dass Anträge der AfD grundsätzlich abgelehnt werden sollten.