27 Menschen ertrinken im Ärmelkanal
24. November 2021Fast täglich versuchen große Migrantengruppen von Frankreich über den Ärmelkanal nach Großbritannien zu gelangen. Viele geraten dabei in Seenot und nun ist ein solches Boot gekentert. Die Zahl der Opfer war zunächst mit 31 angegeben worden, inzwischen steht fest: 27 Menschen sind im Ärmelkanal gestorben. Unter den Opfern ist auch ein kleines Mädchen. Zwei weitere Menschen, die sich auf dem Boot befanden, sind gerettet worden, schwebten aber in Lebensgefahr, wie Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin in Calais sagte. Fünf Schleuser, die möglicherweise an der gescheiterten Überfahrt beteiligt waren, seien festgenommen worden. "Das ist das größte Drama, was wir bisher erlebt haben."
Einer der Schleuser aus Deutschland
Der in der Nacht festgenommene fünfte mutmaßliche Schleuser kam aus Deutschland, wie Darmarin im RTL-Fernsehen erklärte. Er hatte deutsche Kennzeichen, sagte er. Er habe diese Schlauchboote in Deutschland gekauft. Generell stammten etliche der von Schleusern an der Kanalküste eingesetzten Boote aus der Bundesrepublik.
Die Besatzung eines Bootes der französischen Marine sah am Nachmittag vor der Küste von Calais Menschen im Wasser treiben. Mehrere Schiffbrüchige seien teils bewusstlos von der Marine an Bord genommen worden, teilte das Innenministerium mit. Drei Hubschrauber und drei Boote waren an der Rettungsaktion beteiligt.
Gemeinsame Schritte vereinbart
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Boris Johnson haben nach dem Drama über gemeinsame Schritte zur Verhinderung weiterer solcher Dramen beraten. Beide hätten sich auf verstärkte Anstrengungen verständigt, Schleuserbanden zu stoppen, die das Leben von Menschen in Gefahr bringen, teilte die britische Seite nach dem Telefonat am späten Mittwochabend mit. Zugleich betonten Macron und Johnson die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit mit Belgien, den Niederlanden und anderen Partnern auf dem Kontinent. Macron äußerte nach Angaben des Elysée-Palastes in Paris die Erwartung, dass die Briten zu Zusammenarbeit bereit seien und das Flüchtlingsdrama nicht zu politischen Zwecken instrumentalisierten. Es müsse in einem Geist der Kooperation und unter Achtung der Menschenwürde gehandelt werden.
Vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass die Polizei 15 mutmaßliche Schlepper aus dem Irak, Rumänien, Pakistan und Vietnam in Gewahrsam genommen hat. Sie sollen monatlich etwa 250 Migranten in Booten nach Großbritannien gebracht haben. Für die Überfahrt hätten sie 6000 Euro pro Person erhalten und insgesamt drei Millionen Euro Gewinn gemacht. Seit Jahresbeginn sollen 1552 Schleuser an der französischen Küste gefasst worden sein.
Im laufenden Jahr haben bisher mehr als 25.700 Menschen illegal den Ärmelkanal überquert. Das sind fast dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2020. Vor allem die britische Innenministerin Priti Patel steht wegen der wachsenden Zahl an Migranten unter Druck. Konservative Kreise und Medien sprechen von einer "Krise". Dabei ist die Zahl der Flüchtlinge, die in Großbritannien Asyl beantragen, deutlich niedriger als in anderen europäischen Ländern.
rb/AR/as (AFP, AP, dpa, Reuters)