25 Jahre unabhängiges Namibia
20. März 2015Namibia hat eine besondere Art, seine Unabhängigkeit zu begehen. Genau 25 Jahre, nachdem das Land seine Unabhängigkeit von Südafrika erlangte, wird am Samstag (21.03.2015) Hage Geingob als neuer Präsident des Landes eingeschworen - so wie sein Vorgänger Hifikepunye Pohamba am 21. März 2005 und exakt 15 Jahre vor ihm Namibias erster Präsident Sam Nujoma. Das Fest der Unabhängigkeit ist also in Namibia auch ein Fest der Demokratie. Einer Demokratie, auf die die Regierung und auch manche Kenner der Region große Stücke halten: Immerhin ist das Land politisch stabil, die Amtswechsel verliefen stets friedlich und demokratisch.
Als Architekt der Demokratie gilt die ehemalige Organisation des Südwestafrikanischen Volkes (SWAPO), die ehemalige Freiheitsbewegung, die seit 1990 die Regierung stellt. Zu Frieden und Stabilität im Land habe die Partei einen großen Beitrag geleistet, sagt Graham Hopwood vom namibischen Institute for Public Policy Research (IPPR). "Obwohl sie die politische Landschaft dominiert, muss man der SWAPO zu Gute halten, dass Namibia sich nicht zu einem autoritären Staat entwickelt hat." Namibia gelte als eines der führenden afrikanischen Länder, in denen Medienfreiheit hochgehalten werde. "Es hat keine Versuche gegeben, hart gegen Zeitungen oder Menschenrechtsaktivisten durchzugreifen."
Kaum Luft neben der SWAPO
Auf dieser Basis wagen auch junge Namibier einen positiven Blick in die Zukunft. "Bisher hatten wir knallharte Vollblutpolitiker. Jetzt haben wir mit Geingob jemanden mit einem akademischen Hintergrund", sagt Leonard Imene, der in der Hauptstadt Windhuk im Bereich Softwareentwicklung tätig ist. Er erhofft sich einen stärkeren Einsatz für Bildung von Geingob, der noch während seiner Zeit als Premierminister im britischen Leeds promovierte. Viele junge Leute würden zum bisherigen Premierminister Hage Geingob aufsehen, sagt Asnath Kambunga, die Social-Media-Trainings für junge Namibier koordiniert. "Er hat einen Ansatz des Dialogs: Im staatlichen Fernsehen kann man ihn alles fragen und er gibt Antworten."
Henning Melber von der schwedischen Dag Hammarskjöld Foundation sieht die Dominanz der SWAPO aber auch kritisch. Als "Hegemonialmacht" bezeichnet der Deutsch-Namibier die Partei, die das politische Geschehen des Landes bestimmt. Das liege auch an einem "Mangel an nennenswerten Alternativen". Die neun anderen Parteien im Parlament hätten vor allem eine ethnisch-regionale Ausrichtung, es gebe keine klare Linie. Doch auch die scheidende Regierung von Hifikepunye Pohamba habe ihre selbst gesteckten Ziele nicht erreichen können. Pohamba, der jüngst mit dem renommierten und hochdotierten Mo-Ibrahim-Preis für gute Regierungsführung ausgezeichnet wurde, sei es nicht gelungen, deutliche Erfolge im Kampf gegen die Armut und Arbeitslosigkeit zu erzielen. Auch sein Wahlkampfthema der Korruptionsbekämpfung habe Pohamba nicht umgesetzt: "Zehn Jahre später bleibt eher der Eindruck, dass die Selbstbereicherung in der Elite noch zugenommen hat."
Für und wider deutsche Reparationen
Ein einziges Thema überschattet indes die Beziehungen Namibias zu Deutschland: Die Aufarbeitung des deutschen Völkermords an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1907. Auch wenn die damalige Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul 2004 zum hundertjährigen Gedenken des Herero-Aufstands Namibia im Namen der Regierung um Vergebung der Kolonialschuld bat: Viele Namibier hätten immer noch das Gefühl, dass Deutschland im Vergleich zur Aufarbeitung des Nationalsozialismus mit zweierlei Maß messe, sagt Henning Melber. "Es mangelt an einem Schuldeingeständnis und auch an entsprechenden symbolischen Akten", sagt der Afrikanist. Er wünscht sich eine historische Geste, wie es der inzwischen legendäre Kniefall des Bundeskanzlers Brandt in Warschau war.
Dabei scheiden sich auch in Namibia die Geister, wenn es um deutsche Reparationszahlungen geht - also eine finanzielle Wiedergutmachung der Verbrechen aus der Kolonialzeit. Die SWAPO-Regierung habe sich lange zurückgehalten und nie mit den Forderungen der Nachfahren der Herero- und Nama-Ethnien politisch identifiziert, sagt Afrikanist Melber. Die Ethnien stellen nur eine Minderheit der namibischen Bevölkerung. Selbst wenn es eine Entschädigung gäbe, fürchtet Graham Hopwood vom IPPR einen neuen Konflikt - darum, "ob sie der Mehrheit der Bevölkerung dienen soll, von der ja alle auf die eine oder andere Weise unter der Kolonialzeit gelitten haben, oder ob sie bestimmten Bevölkerungsgruppen dienen sollte", so Hopwood. Jede Art der "positiven Diskriminierung", also der Bevorzugung einzelner Ethnien, sei in Namibia verrufen.
Seit Wieczorek-Zeuls Auftritt in Namibia hüllt sich die Bundesregierung zur Reparationsfrage in Schweigen. Doch in den letzten Jahren entbrannte ein Streit um die Rückführung von Skelettteilen namibischer Völkermordopfer, die die frühere Kolonialregierung zu Forschungszwecken nach Deutschland überführt hatte. Als im Jahr 2011 eine hochrangige namibische Delegation die Überreste an der Berliner Charité in Empfang nahm, war die Bundesregierung nur durch eine Staatsministerin vertreten - und diese verließ die Veranstaltung vorzeitig. Gerade der damalige Premierminister Hage Geingob sei enttäuscht gewesen, so der Afrikanist Melber. "Das hat dazu geführt, dass die namibische Regierung sich zwar nicht an vorderster Front für die Reparationen einsetzt, aber doch näher an die Position der Herero- und Namavertreter herangerückt ist."
Die Frage nach einer Wiedergutmachung wird also auch weiter ein Thema in den deutsch-namibischen Beziehungen bleiben. Gelassen sehen sie hingegen viele junge Namibier wie Asnath Kambunga: "Was in der Vergangenheit passiert ist, können wir nicht mehr ändern", sagt sie. "Wir sollten lieber in die Zukunft blicken."