Literaturpreis: Finalisten stehen fest
23. Mai 2018Zum zehnten Mal vergeben das Haus der Kulturen der Welt und die Stiftung Elementarteilchen in diesem Jahr den Internationalen Literaturpreis. Die Auszeichnung würdigt übersetzte Gegenwartsliteratur, neben der Autorenleistung wird also ausdrücklich auch die Übersetzungsarbeit honoriert. Das Preisgeld für die Autorin oder den Autor beträgt 20.000 Euro, die Übersetzungsleistung wird mit 15.000 Euro honoriert. Anders als beim Deutschen Buchpreis oder dem Man Booker Prize gibt es keine öffentliche Longlist, sondern lediglich eine Auswahl von sechs Titeln, aus der die Jury den Preisträger des Internationalen Literaturpreises auswählt. Der Preis wird am 28. Juni in Berlin vergeben, die Preisträger werden schon am 12. Juni bekanntgegeben.
Anuk Arudpragasam, "Die Geschichte einer kurzen Ehe", Übersetzung: Hannes Meyer
Dinesh hat keine Angst vor dem Tod. Er erwartet ihn immer dann, wenn die Bomben fallen. Das Gesicht seiner toten Mutter verblasst, auf der Suche nach einem Sinn versorgt er Verletzte. Geblieben ist ihm nur die Sehnsucht nach Nähe, nach Zärtlichkeit und Geborgenheit. Umgeben von Kriegsgräueln lassen sich Dinesh und Ganga aufeinander ein.
Anuk Arudpragasam, 1988 in Sri Lanka geboren, erzählt vom Bürgerkrieg in seiner Heimat. Der Autor ist Doktorand der Philosophie an der Columbia University, "Die Geschichte einer kurzen Ehe" ist sein Debütroman.
Virginie Despentes, "Das Leben des Vernon Subutex" , Übersetzung: Claudia Steinitz
Mit Vernon Subutex geht es bergab: Seinen Plattenladen musste er aufgeben, und der Obdachlosigkeit entzieht er sich mithilfe einer Notlüge. Abwechselnd quartiert er sich nun bei Freunden und Bekannten ein, zu denen die Erfolgreichen ebenso zählen wie die Gescheiterten - oder ist das nur die Fassade? Vernon Subutex trifft auf eine Gesellschaft zwischen Islamdebatte und dem Aufstieg der Rechten in Frankreich.
Die 1969 geborene Französin Virginie Despentes (Foto oben) hatte bereits 2002 großen Erfolg mit ihrem Debütroman "Baise-moi – Fick mich", seitdem erhielt sie zahlreiche Preise. Im Januar 2016 wurde sie in den renommierten Literatenkreis Académie Goncourt gewählt.
Maxim Ossipow, "Nach der Ewigkeit", Übersetzung: Birgit Veit
Zehn Erzählungen hat Maxim Ossipow in seinem Band "Nach der Ewigkeit" zusammengetragen. Die Helden seiner Geschichten sind seine postsowjetischen Zeitgenossen: fliegende Händler, tadschikische Gastarbeiter, neureiche Emigranten, ehemalige Geheimdienstler und deren Kinder, die den Spagat zwischen Moderne und sowjetischer Tradition bewältigen müssen. Verortet sind die Erzählungen in der russischen Provinz.
Der in Moskau geborene Maxim Ossipow ist Kardiologe und Schriftsteller. Seine Erzählungen und Essays sind preisgekrönt, seine Werke wurden in zwölf Sprachen übersetzt. "Nach der Ewigkeit" ist seine erste deutschsprachige Publikation.
Ivana Sajko, "Liebesroman", Übersetzung: Alida Bremer
Ein arbeitsloser Humanist und eine Schauspielerin, die ein sicheres Engagement kündigt, um sich dem gemeinsamen Kind zu widmen, sind die Protagonisten eines Buchs, das eben nicht ist, was sein Titel verspricht. Er berauscht sich an seinen Ideen, sie ist geplagt von Existenzangst. Das namenlose Paar beginnt, sich zu hassen.
Die 1975 geborene Kroatin Ivana Sajko hat sich in Südosteuropa einen Namen als Performance-Künstlerin und Theaterautorin gemacht. Ihre Stücke wurden in mehrere Sprachen übersetzt, "Liebesroman" ist der erste Roman in deutscher Übersetzung.
Éric Vuillard, "Die Tagesordnung", Übersetzung: Nicola Denis
Reichstagspräsident Hermann Göring hat eingeladen, und die Vertreter der deutschen Industrie sind gekommen. Zusammen mit Adolf Hitler beraten sie im Februar 1933, wie die Nationalsozialisten am besten unterstützt werden können. Das berühmte Geheimtreffen Hitlers mit den deutschen Wirtschaftsbossen mündet fünf Jahre später in der Annexion Österreichs. Nach dieser fulminanten Einführung ins Geschehen enttarnt Vuillard auf insgesamt gerade mal 117 Seiten die Appeasement-Politik Großbritanniens und Frankreichs.
Der 1968 in Lyon geborene Éric Vuillard ist Schriftsteller und Regisseur. Er gilt als Begründer eines eigenen Genres, weil er in seinen Büchern herausragende Momente der Zeitgeschichte neu erzählt. 2017 erhielt er für "Die Tagesordnung" den renommierten Prix Goncourt.
Eliot Weinberger, "Vogelgeister", Übersetzung: Beatrice Faßbender
Die Bandbreite des Essayisten Eliot Weinberger ist beeindruckend: Er schrieb über George W. Bush und über die Farbe Blau. Manche Rezensenten meinen, in ihm kumuliere sich das Wissen der Welt. In seiner Fortsetzung der Sammlung "Das Wesentliche" nimmt sich Weinberger der Mythologie von Steinen und verheirateten Fröschen an.
Eliot Weinberger kam 1949 in New York zur Welt. Er ist Essayist, politischer Kommentator, Herausgeber und Übersetzer, u.a. von den Werken des 1998 verstorbenen Literaturnobelpreisträgers Octavio Paz.