Бывшие политзаключенные ГДР против западных концернов
10 декабря 2012 г.►3.13
Архив документов штази. Здесь хранится множество секретных материалов. Некоторые из них давно вскрыли. Но Роланд Ян, директор управления, уверен: на тему принудительного труда появится ещё немало пикантных подробностей. И случай с Икеа - только верхушка айсберга.
3.30
+++СХ Роланд Ян, уполномоченный по вопросам штази
"Мы выяснили, что штази всегда сознательно пытались скрыть тот факт, что на предприятиях работали заключенные. Особенно, если продукция в дальнейшем должна была сбываться на западных рынках. "+++
3.45
Возможно, западные фирмы, такие как Photo Porst, действительно не знали, что их товар производили заключённые. А может быть: не хотели знать? Уж слишком скользкая тема. Гораздо проще - закрыть глаза.
3.13
Die Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin. Viele Akten lagern hier, so manches ist längst ausgewertet - und doch, so vermutet der Leiter der Behörde, Roland Jahn, vieles werde beim Thema Zwangsarbeit noch ans Licht kommen, der Fall Ikea sei nur die Spitze des Eisbergs.
3.30
+++SOT Roland Jahn, Bundesbeauftragter Stasi-Unterlagen:
"Wir haben festgestellt, dass die Stasi immer ganz bewusst versucht hat, zu vertuschen, dass Häftlinge eingesetzt wurden, gerade bei der Produktion von Gegenständen, die dann an westliche Firmen geliefert worden sind."+++
3.45
Es kann daher gut sein, dass viele Westfirmen - wie etwa Photo Porst - tatsächlich nicht wussten, dass ihre Waren von Zwangsarbeitern hergestellt wurden. Oder doch eher: Nicht wissen wollten? Ein heikles Thema, so viel ist sicher.◄
Tatjana Sterneberg kommt nicht gerne hierher. Zu viele Erinnerungen, zu viele schlimme Erinnerungen. An ihre Zeit im DDR-Gefängnis, als politischer Häftling.
Fast vier Jahrzehnte ist das jetzt her, doch die Erinnerung ist noch sehr lebendig.
0.18
+++SOT Tatjana Sterneberg:
"Also, dieses Gefühl, noch in sich selbst gefangen zu sein, nicht wirklich frei zu sein. Ich hab' das mal formuliert, 'meine Hülle ist entlassen, aber meine Seele ist gestorben'."+++
0.33
Zwei Jahre lang war Sterneberg hier inhaftiert, im Frauengefängnis Hoheneck in Sachsen. Zusammen mit 1600 anderen Frauen, viele von ihnen politische Häftlinge. Frauen, die den Mund aufmachten, gegen das DDR-Regime opponierten - oder raus wollten, so wie Tatjana Sterneberg.
0.57
+++Stills rein+++
Als 20-Jährige wird sie bei einem Fluchtversuch verhaftet - sie wollte nach Westberlin, zu Antonio, ihrer großen Liebe. Doch alle Ausreiseanträge: abgelehnt.
+++Stills raus+++
1.10
In diesem Raum musste Tatjana Sterneberg Bettwäsche nähen, sieben Tage die Woche. Dass die Wäsche für den Westen bestimmt war, merkt sie erst später - als sie ausreisen darf, freigekauft von der Bundesregierung.
1.22
+++SOT Tatjana Sterneberg (beginnt im Off!):
"Als ich dann in Westberlin angekommen war und sozusagen meine Wirtschaft neu einrichten musste, und auf Grabbeltischen und dann in Katalogen die Bettwäsche sah, und dann mal geguckt habe und auch keine Firmenschilder drinstanden, sondern meine Nummer, damals die 18, da war mir klar, 'das ist die Bettwäsche, die hier produziert worden ist'."+++
1.43
+++Werbeclip frei: "So preisgünstig..."+++
In Versandhauskatalogen von Neckermann und Quelle habe sie die Wäsche gefunden, sagt Tatjana Sterneberg.
Sicher ist, der Handel mit dem Westen brachte der DDR wichtige Devisen. Und die Westfirmen profitierten von den niedrigen DDR-Löhnen - ob sie auch vom Einsatz der Zwangsarbeiter wussten, ist nicht bewiesen.
2.05
Andere Konzerne gehen offensiv mit ihrer Vergangenheit um. Das Beispiel Ikea hat die Debatte erst ins Rollen gebracht. DDR-Zwangsarbeiter waren an der Produktion von Möbeln beteiligt, das wusste das Unternehmen spätestens seit 1981, so das Ergebnis einer internen Studie. Doch Ikea hakt damals nicht nach, lässt die Dinge laufen.
2.25
+++SOT Peter Betzel, Ikea Deutschland, 16. November 2012:
"Ich möchte hier als Vertreter hier und als Vertreter von Ikea Deutschland, mein tiefstes bedauern darüber zum Ausdruck bringen an die Opfer und an die Vertreter der Opfer, die hier sind."+++
2.36
So löblich die Entschuldigung ist - Ikea muss Kritik einstecken. Denn die Studie wurde von einer Unternehmensberatung erstellt. Das nährt den Verdacht, dass unangenehme Fakten verschwiegen werden.
2.49
Das sagt auch der renommierte DDR-Experte Klaus Schroeder. Er fordert eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Ikea-Vergangenheit.
2.56
+++SOT Klaus Schroeder, Leiter Forschungsverbund SED-Staat:
"Denn hier geht es darum, dass die Forschung unabhängig zu Ergebnissen kommt, und nicht das Wirtschaftsberatungsunternehmen, was ja im Zweifel einen Bericht so erstellen muss, wie der Auftraggeber es wünscht, dass hier ein Zweifel bleibt, ob hier alles korrekt ist."+++
3.13
Die Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin. Viele Akten lagern hier, so manches ist längst ausgewertet - und doch, so vermutet der Leiter der Behörde, Roland Jahn, vieles werde beim Thema Zwangsarbeit noch ans Licht kommen, der Fall Ikea sei nur die Spitze des Eisbergs.
3.30
+++SOT Roland Jahn, Bundesbeauftragter Stasi-Unterlagen:
"Wir haben festgestellt, dass die Stasi immer ganz bewusst versucht hat, zu vertuschen, dass Häftlinge eingesetzt wurden, gerade bei der Produktion von Gegenständen, die dann an westliche Firmen geliefert worden sind."+++
3.45
Es kann daher gut sein, dass viele Westfirmen - wie etwa Photo Porst - tatsächlich nicht wussten, dass ihre Waren von Zwangsarbeitern hergestellt wurden. Oder doch eher: Nicht wissen wollten? Ein heikles Thema, so viel ist sicher.
4.02
Die Arbeitsbedingungen in den DDR-Gefängnissen wie Hoheneck waren unmenschlich. Auch Tatjana Sterneberg erinnert sich: Wer nicht Höchstleistungen erbrachte, wurde bestraft - mit Kontaktsperre oder Dunkelarrest im Keller.
4.19
+++SOT Tatjana Sterneberg:
"14 Tage strenger Arrest, bei zwei- bis dreihundert Gramm trocken Brot täglich und alle drei Tage eine warme Mahlzeit und Malzkaffee."+++
4.30
Tatjana Sterneberg ist kein Einzelfall - in der DDR gab es rund 200-tausend politische Häftlinge. Deren erzwungene Arbeit trug wohl nur zu einem kleinen Teil bei zum so genannten DDR-Nationaleinkommen, einen beträchtlichen jedoch zum Gewinn der Westfirmen. Der Ruf nach Aufklärung und Entschädigung wird nun lauter.
4.51
+++SOT Klaus Schroeder, Leiter SED-Forschungsverbund:
"Wenn ich Firmenchef wäre einer Firma, die seiner Zeit in der DDR produziert hat und wissentlich oder unwissentlich politische Häftlinge da miteinbezogen hat, DDR-seits, würde ich die Größe haben zu sagen, wir haben eine politisch-moralische Pflicht, diese Person zumindest einmalig zu entschädigen."+++
5.14
+++SOT Roland Jahn, Bundesbeauftragter Stasi-Unterlagen:
"Mein Appell an die Westfirmen ist, dass sie mit aufklären, dass sie sich mit einbringen mit den Akten aus ihren Firmenarchiven, mit den Möglichkeiten bei uns im Stasi-Unterlagen-Archiv oder auch im Bundesarchiv. Dass sie aufklären über ihre Verstrickungen in die Arbeit der politischen Häftlinge in den Produktionsstätten in der DDR."+++
5.39
Für Tatjana Sterneberg ist beides wichtig: Entschädigung UND Aufklärung - sie fordert die betroffenen Unternehmen auf, sich endlich dem Thema zu stellen.
5.49
+++SOT Tatjana Sterneberg:
"Dass sich die Unternehmen dazu bekennen, nicht im stillen Kämmerchen, sondern nach außen, und dass sie die Zeitzeugen und die Gedenkstätten in ihrer Arbeit unterstützen."+++
6.02
Auch ohne Unterstützung sucht Tatjana Sterneberg weiter die Öffentlichkeit. Sie will die Erinnerung wach halten an das Schicksal der politischen Gefangenen in der DDR.
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((MusikRECHTE
Titel Komponist Interpret Firma LC-Nr Länge
Twilight Tension Sheridan Tongue (Komp.) KPM Music LC 02061 45''
The Wait Sheridan Tongue (Komp.) KPM Music LC 02061 48''
Pins and Needles Sheridan Tongue (Komp.) KPM Music LC 02061 32''
Hypnotism Sheridan Tongue (Komp.) KPM Music LC 02061 33''))
INSERTS
0.19 Tatjana Sterneberg
1.25 Tatjana Sterneberg
(1.45 Archiv)
2.27 Peter Betzel, Ikea Deutschland, 16. November 2012
2.58 Klaus Schroeder, Leiter Forschungsverbund SED-Staat
3.32 Roland Jahn, Bundesbeauftragter Stasi-Unterlagen
4.53 Klaus Schroeder, Leiter Forschungsverbund SED-Staat
5.15 Roland Jahn, Bundesbeauftragter Stasi-Unterlagen
5.51 Tatjana Sterneberg
Bericht: Marc Erath
Kamera: Markus Zergiebel
Schnitt: Florian Scholz