Deutsche Exporte ziehen im August an
5. Oktober 2022Die deutschen Exporte haben im August trotz abkühlender Weltkonjunktur, steigender Zinsen und Materialengpässen zugelegt. Die Ausfuhren wuchsen vor allem wegen einer stärkeren Nachfrage aus den USA und China um 1,6 Prozent zum Vormonat auf 133,1 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte.
Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg von 1,1 Prozent gerechnet, nachdem es im August noch einen Rückgang von 1,6 Prozent gegeben hatte. Im Vergleich zum August 2021 legte der Wert der Exporte - auch wegen der hohen Preissteigerungen binnen eines Jahres - um 18,1 Prozent zu.
US-Nachfrage entscheidend
Angeschoben wurden die Exporte vor allem vom Geschäft mit den USA. Die Unternehmen führten 12,0 Prozent mehr Waren in die größte Volkswirtschaft der Welt aus als im Vormonat Juli. Das Land ist der wichtigste Einzelmarkt für Waren "Made in Germany".
Von Januar bis einschließlich August summierten sich die deutschen Ausfuhren auf 1024,9 Milliarden Euro. Das ist trotz der Verwerfungen in Folge des Krieges in der Ukraine ein Plus von 14,3 Prozent zum Vorjahreszeitraum.
Hohe Energiepreise, Probleme in den Lieferketten und ein insgesamt schwaches weltwirtschaftliches Umfeld belasten allerdings den Ausblick. Die Exporterwartungen der deutschen Wirtschaft sanken nach Angaben des Ifo-Instituts im September auf den niedrigsten Wert seit Mai 2020.
Exportaufträge gehen zurück
Die August-Exportzahlen ändern allerdings nichts am schwierigen Gesamtumfeld für die deutsche Wirtschaft, erklärte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank. "So erfreulich das Exportwachstum auch sein mag, die Aussichten für den Absatz deutscher Waren im Ausland sind derzeit nicht gut. Es ist davon auszugehen, dass die deutschen Exporte zu einer Wachstumsbelastung werden. Da gleichzeitig auch der private Konsum und die Investitionen der Unternehmen ins Stocken geraten, geht das deutsche Bruttoinlandsprodukt in den Rückwärtsgang."
Im laufenden vierten Quartal müsse man mit einem akzentuierten BIP-Rückgang rechnen, betonte Gitzel. "Die deutsche Wirtschaft steckt in der Rezession - daran ändert auch das heutige erfreuliche Exportwachstum nichts."
Carsten Brzeski von der ING Bank schätzt die Lage ähnlich ein: "Der Handel ist nicht länger ein Wachstumsmotor, sondern hat sich zu einem Hemmschuh für das deutsche Wachstum entwickelt." Der Ökonom erinnerte daran, dass der Wachstumsbeitrag der Nettoexporte bereits seit dem zweiten Quartal 2021 negativ sei. "In der Vergangenheit hätte die aktuelle Euro-Schwäche den deutschen Exporteuren zumindest ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Nicht so dieses Mal", sagte Brzeski.
Aufgrund der weltweiten Konjunkturabschwächung hätten sich die Exportaufträge in den vergangenen Monaten deutlich abgeschwächt, so der ING-Chefvolkswirt. Und die weltweite Konjunkturabschwächung, die hohe Inflation und die große Unsicherheit habe deutliche Spuren nicht nur im deutschen Export hinterlassen. "Auch wenn die Transportkosten allmählich sinken und sich die globalen Lieferketten etwas verbessert haben, bleiben die Aussichten für die deutsche Exportwirtschaft bestenfalls gemischt."
tko/ hb (rtr, dpa)